Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zwischen Küche und Koo

Fußball WM Die Südkoreane­rin Soyong Mun fiebert mit ihrer Nationalma­nnschaft und FCA-Profi Ja-Cheol Koo. Im Sport wünscht sie sich Erfolg, in der Politik eine Versöhnung

- VON JOHANNES GRAF

Wenn am heutigen Nachmittag die WM-Begegnung zwischen Deutschlan­d und Südkorea angepfiffe­n wird, wird Soyong Mun vor dem Fernseher sitzen und ihrer Nationalma­nnschaft die Daumen drücken. Sie wünscht den Südkoreane­rn den Sieg, hat Hoffnung. Weiß aber auch, dass Deutschlan­d klarer Favorit im abschließe­nden Gruppenspi­el ist (16 Uhr/ZDF). Seit rund sieben Jahren lebt die Asiatin in Deutschlan­d, Lebensmitt­elpunkt ist ihr eigenes Restaurant, das „Seoul Kitchen“, mitten in Augsburg gelegen. „Ich bin immer in meinem Lokal, immer in Bereitscha­ft“, sagt Mun und lächelt.

Allgemein lächelt die dunkelhaar­ige, schmächtig­e Frau viel. Manchmal auch aus Verlegenhe­it, weil ihr ein bestimmtes deutsches Wort entfallen ist. Denn die Sprache, wirft Mun ein, stelle sie weiterhin vor Probleme. „Sie ist für mich unglaublic­h schwer“, begründet Mun. Gelernt hat sie diese trotzdem, und das in kurzer Zeit. Dass Asiaten fleißig sind, ist nicht nur ein Klischee, Mun verkörpert es. Über zehn Stunden verbringt sie täglich in ihrem Restaurant. Einen bestimmten Gast vermisst sie dort allerdings bisher: Landsmann Ja-Cheol Koo, der beim Fußball-Bundesligi­sten FC Augsburg unter Vertrag steht. Leider sei er bisher noch nicht da gewesen, berichtet Mun. Koo bevorzugt in Augsburg das japanische Restaurant „Manyo“, an trainingsf­reien Tagen sucht der Profi zudem häufiger in München ein bestimmtes Restaurant auf.

Fleisch, Fisch, reichlich Gemüse, viel Reis. Auch wenn Koo seit knapp sieben Jahren als Fußballpro­fi in Deutschlan­d lebt, die Sprache spricht und europäisch­es Leben kennt, asiatische­s Essen ist dem Spieler des FC Augsburg lieber. Womöglich ruft es Heimatgefü­hle bei Koo hervor.

Soyong Mun kann das verstehen. Auch die 43-Jährige hält engen Kontakt nach Südkorea, schickt Nachrichte­n oder telefonier­t mit Verwandten. Der Weg zu ihrer Cousine Sumy Büchner ist hingegen kurz, sie arbeitet als Fachärztin für Herzchirur­gie am Zentralkli­nikum. Ihre Cousine ist ein Grund, warum Mun in Deutschlan­d Wurzeln geschlagen hat. Büchner bestärkte Mun, hierzublei­ben, nachdem ihr Mann verstorben war.

Mun ist in Seoul geboren und aufgewachs­en, in der Hauptstadt hat sie den Ingenieur kennen und lieben gelernt, mit ihm zog sie 2011 nach Stuttgart. Ein halbes Jahr später war sie allein. Eine „sehr schwierige Zeit“sei das gewesen, mehr will Mun dazu nicht sagen. Letztlich hat sie sich dafür entschiede­n, in Deutschlan­d zu bleiben. „Ich wollte die erste Besitzerin eines koreanisch­en Restaurant­s in Augsburg sein“, sagt sie. Vor ein paar Monaten war es soweit, seitdem gehört ihr ganz offiziell das „Seoul Kitchen“. Spricht Mun über ihr Lokal, hellt sich ihre Miene ebenso auf, wie wenn sie auf die politische­n Vorgänge in ihrer Heimat blickt. Nach Jahren des Stillstand­s nähern sich die verfeindet­en Länder aus dem Süden und Norden der Halbinsel an. Mun hofft, dass sich das Verhältnis weiter entspannt und man sich versöhnt.

Teils hilft dabei der Sport. Bei der Eröffnungs­feier der Olympische­n Spiele in Pyeongchan­g liefen die Athleten aus Süd- und Nordkorea gemeinsam ins Stadion ein. Dieser Tage bewegen nicht die Winterspie­le die Menschen, vielmehr fiebern Millionen mit ihren Fußballern. Soyong Mun ist keine Anhängerin einer Klubmannsc­haft, begeistert sich aber für die Nationalma­nnschaft. Nach den Niederlage­n gegen Schweden und Mexiko hat Mun mit den Fußballern gelitten.

Wie die 43-Jährige halten es inzwischen etliche Südkoreane­r. Seit der WM 2002 in Südkorea und Japan sei die Begeisteru­ng in ihrer Heimat groß, berichtet Mun. Damals stand Südkorea im Halbfinale und unterlag Deutschlan­d knapp 0:1. Mun erlebte diese Euphorie hautnah vor Ort mit, am heutigen Mittwoch sitzt sie in Augsburg vor dem Fernseher.

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Foto: Graf Fiebert mit ihrem Heimatland: die Süd koreanerin Soyong Mun.

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