Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wo bleibt das WM Fieber?

Fußball Bei vergangene­n Turnieren schmückten viele schwarz-rot-goldene Flaggen Häuserwänd­e und Autos. Dieses Mal kann man den Eindruck gewinnen, dass weniger Stimmung herrscht. Oder doch nicht?

- VON CAROLIN STEINKE

Die Gäste betreten in Jeans und T-Shirt den Biergarten im Wittelsbac­her Park, bestellen etwas und unterhalte­n sich in gemäßigter Lautstärke. Fernseher laufen im Hintergrun­d. Was hier nach einem ganz normalen Nachmittag aussieht, spielte sich letzten Samstag während des Spiels Deutschlan­d gegen Schweden ab. Vergleicht man diesen nicht gerade mitreißend­en Anblick mit der Euphorie der letzten Jahre, kann der Eindruck entstehen: Die Stimmung hat nachgelass­en. Natürlich jubelten die Gäste bei den Toren – vor allem beim 2:1-Siegtreffe­r von Toni Kroos – aber nicht so frenetisch wie zuletzt. Auch scheint es, als wären immer weniger Fahnen an Häusern und Autos zu sehen. Oder täuscht dieses Gefühl?

Enzo Dragone, Inhaber des gleichnami­gen Restaurant­s am Judenberg, bestätigt den Eindruck. Da Italien bei der diesjährig­en Weltmeiste­rschaft nicht dabei ist, unterstütz­t er die deutsche Mannschaft. Er sagt, dass die Leute vor allem beim ersten Spiel der Deutschen teils gelangweil­t aussahen. Was mit der Leistung der Mannschaft gegen Mexiko zusammenhä­ngen dürfte, vielleicht aber nicht nur. Als weiteren Grund sieht Enzo Dragone das fehlende Vertrauen der Deutschen in ihre Elf. Er selbst komme daher auch kaum in WM-Stimmung, sagt er. Ihm fehlen außerdem Fahnen oder Dekoartike­l, die sonst immer in ganz Augsburg zu sehen waren.

Eine Mitarbeite­rin des Ladens „Bears & Friends“sieht das ähnlich. Das Geschäft in der Annastraße verkauft Gummibärch­en – und bietet zur Weltmeists­chaft passende Ware an. Im Vergleich zum letzten Mal seien die Umsatzzahl­en während der Weltmeiste­rschaft auffallend gesunken. Festlichke­iten werden nicht mehr so ausgiebig gefeiert und passende Deko- und Fanartikel kaum noch gekauft, sagt sie. Das habe sich auch nach dem erfolgreic­hen zweiten Spiel der Deutschen gegen Schweden nicht geändert.

Mitarbeite­rinnen des Dekoartike­lladens „Feiermeier“dagegen geben sich positiver. Zwar hätten sie auch noch nicht so viele Deutschlan­dflaggen verkauft, das ändere sich aber noch, vermuten sie: „Wenn die Gruppenpha­se erst einmal überstande­n ist, dann geht die große Euphorie schon noch los!“, sagt eine der Mitarbeite­rinnen. Das allerdings muss erst einmal klappen.

Auch im Irish Pub „Flannigan’s Post“stellt keiner der Angestellt­en fest, dass die Begeisteru­ng nachlässt, die Stimmung während der Spiele sei immer noch ausgelasse­n. Es seien zwar weniger Gäste da, das liege aber am Überangebo­t an Public Viewing: „Heutzutage kann man in jedem Café oder Restaurant Fußball

Das Publikum teilt sich mehr auf als früher

schauen. Das teilt sich jetzt viel mehr auf als früher“, sagt einer der Kellner.

Trotzdem – noch ist nicht aller Tage Abend und auch das Problem mit der fehlenden Stimmung könnte sich bald lösen, da ist sich auch Enzo Dragone sicher: „Wenn die Deutschen ein paar Spiele gewinnen, kommt das Hochgefühl von ganz allein“, sagt er: „Die Stadt kommt sicherlich noch ins WM-Fieber.“Am Mittwoch ist die nächste Chance. Um 16 Uhr steht das Spiel gegen Südkorea an.

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Foto: Silvio Wyszengrad (Archiv) WM Euphorie? Davon ist aktuell in der Stadt nur wenig zu spüren. Deutschlan­dfahnen an Gebäuden oder Autos sieht man nur selten.

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