Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Blind am Steuer
Soziales Die Fahrschule Wejnar und das Rote Kreuz ermöglichen Menschen mit Behinderung ein besonderes Erlebnis
Gersthofen Das hätte sich Petra (Name geändert) nicht träumen lassen. Sie strahlt jetzt schon über das ganze Gesicht. Sie darf heute Auto fahren: einen nagelneuen BMW. Was daran so besonders ist? Petra ist nach einem Unfall erblindet, hat sich ins Leben zurückgekämpft. Sie wird heute von ihrer Mutter begleitet, die sich freut, dass das Bayerische Rote Kreuz für den Landkreis Augsburg das ermöglicht hat.
Heute kann Petra gleich zwischen drei Autos wählen – es wird der „blaue Flitzer“. Mit ein wenig Hilfe sitzt sie auch schon gleich auf dem Fahrersitz – angeschnallt. „Los geht’s.“Die Fahrlehrerin Regine Scheyer nimmt sich sehr einfühlsam Zeit für Petra. Wo genau müssen die Hände hin? Mit welchem Fuß mache ich was?
Alle Fahrschulautos, die heute im Einsatz sind, haben Automatikschaltung. „Aber Gas geben kann ich selbst“, freut sich Petra, „und bremsen auch – muss mir halt nur einer sagen, wann“, scherzt sie. Der Motor läuft, langsam wird der rechte Fuß auf das Gaspedal gedrückt – der BMW bewegt sich – die Freude, die man in diesem Moment in Petras Gesicht sehen kann, ist überwältigend.
Die erste Kurve auf dem Kollerhof mitten in Gersthofen wird genommen, die nächste folgt – es liegt ein Duft von Freiheit in der Luft. Nachdem jede Fahrt auch einmal zu Ende geht und der nächste Teilnehmer schon mehr oder weniger geduldig auf seine Fahrstunde wartet, muss auch mal gebremst werden. Das Aussteigen dauert aus irgendwelchen Gründen doch länger als das Einsteigen – die Fachleute vor Ort sind sich aber sicher: „Das hat definitiv nichts mit der Behinderung zu tun.“
Neben Petra waren Teilnehmer mit einer kognitiven, körperlichen oder auch mehrfachen Behinderung vor Ort. Allen konnte das „SelbstAutofahren“ermöglicht werden. Sozialpädagogin Carina Kirner erklärt die Idee hinter der Veranstaltung: „Menschen mit Behinderung müssen so oft zurückstecken und sind oft eingeschränkt in den Dingen, die sie gerne tun würden, aber nicht können.“Autofahren sei ein gutes Beispiel dafür. „Umso wertvoller ist es, dass es Fahrschulen wie die Fahrschule Wejnar aus Gersthofen gibt, die sich für diesen Tag extra Zeit nehmen.“Fahrschulchef Marcus Wejnar: „Wir freuen uns sehr, wenn wir hier und heute dem einen oder anderen ein Lächeln ins Gesicht zaubern können.“Für Petra hatte er ein besonderes Kompliment parat: „Es ist unglaublich, mit welchem Feingefühl sie das Auto bewegt hat, obwohl die junge Dame blind ist. Phänomenal!“
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