Augsburger Allgemeine (Land Nord)
So sah Zusmarshausen vor 250 Jahren aus
Heimatgeschichte Was die Pflegamtskarte über den Ort und seine Einwohner verrät. Dass Gemeinden fehlen, hat einen Grund
Zusmarshausen Hätten Sie es gewusst? Die Handzeichnung mit den deutlich erkennbaren Häusern stellt Zusmarshausen im Jahr 1768 dar. Sie ist auf der Pflegamtskarte zu sehen, die Interessierte am Sonntag im Museum im Giseberthaus anschauen können. 1768 war das erste Regierungsjahr von Fürstbischof Clemens Wenzeslaus, des letzten Fürstbischofs vor der Säkularisation. 44 Jahre regierte er das Fürstbistum Augsburg und war somit auch oberster Chef des Pflegamtes Zusmarshausen, einer der Verwaltungseinheiten des Hochstiftes Augsburg. Das Hochstift bezeichnet den weltlichen Herrschaftsbereich des Fürstbistums. Es ist anzunehmen, dass Wenzeslaus der Auftraggeber der Pflegamtskarte war. Bei dieser Karte handelt es sich um eine Art Steuerund Abgabenkarte. Die Einnahmenquellen im Pflegamt Zusmarshausen waren nicht unerheblich und eine genaue Übersicht, Erfassung und Aktualisierung sicherlich vonnöten. In der Legende sind alle Feuerstellen beziehungsweise Haushalte mit Vieh, Äckern und Anzahl der Bewohner genau registriert. Die Originalkarte befindet sich im Staatsarchiv von Augsburg.
Mit dem Vertrag von 1566 mit der Markgrafschaft Burgau besaß im Bereich des Pflegamtes Zusmarshausen das Hochstift die hohe Gerichtsbarkeit. Das bedeutet, dass in Zusmarshausen schwere Verbrechen mit dem Todesurteil geahndet werden konnten. Auf der Karte sind die Richtstätten markiert, die „Kipfstadt“(Köpfstätte) – am heutigen Richtstattweg – und das Hochgericht. An der Landstraße von Augsburg nach Günzburg sind auch die Straf- beziehungsweise Juristicationssäulen auf der Karte eingezeichnet, sie bilden die Grenzen der jeweiligen Gerichtsbarkeit für das Pflegamt Zusmarshausen. Eine Säule befand sich in der Nähe vom Hochgericht (Jurisdicsaul), eine zweite zwischen Kleinried und Wollbach.
In der Legende ist auch die Grenze der Gerichtsbarkeit des Pflegamtes Zusmarshausen sehr detailliert beschrieben. Im Plan ist sie auch als rote Grenzlinie eingezeichnet, die sogenannte „Blutlinie“. Werner Malcher aus Altenmünster, der sich lange mit der Pflegamtskarte befasst hat, weiß auch, warum einige umliegende Orte fehlen. Erfasst wurden nämlich nur die Ortschaften, die sich im Besitz des Fürstbistums befanden.
Folgende Orte sind deshalb unter anderem nicht auf der Karte zu finden: So gehörten die heutigen Ortsteile Wörleschwang zu den Fuggern, Gabelbach zum Heilig-GeistSpital zu Augsburg, Steinekirch und Gabelbachergreuth zum Domkapitel Augsburg.
O
Termin Die Reproduktion der Pfleg amtskarte wurde von Werner Malcher gestiftet und dem Museum im März 2018 überreicht. Wer will, kann sie im Mu seum im Giseberthaus in der Augsburger Straße 11 am Sonntag, 1. Juli, von 14 bis 17 Uhr studieren.