Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Lärmschutzzonen: Neue Wohngebiete müssen warten
Lechfeld Weil noch offen ist, ob der neue Militärfrachter stationiert wird, gibt es keine Ausnahmegenehmigungen
Lechfeld Starfighter, Tornados und in einigen Jahren vielleicht das Transportflugzeug A400M? Auf dem Lechfeld haben die Gemeinden jahrzehntelang vom Bundeswehrstandort profitiert. Nach der endgültigen Auflösung des Jagdbombergeschwaders 32 Anfang 2013 war bei vielen Menschen die Sorge groß, dass die Gemeinden dadurch einen finanziellen Rückschlag erleiden. Doch das traf bekanntermaßen nicht ein. Stattdessen erlebt die Region seit Jahren einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Nachfrage nach Wohnraum ist trotz Ausweisung vieler Baugebiete kaum zu stillen. Die Gemeinden Graben und Untermeitingen wollen deshalb Ausnahmegenehmigungen für neue Wohngebiete, denn: Diese Gebiete liegen in der Lärmschutzzone C, in der eine Wohnbebauung nicht zulässig ist.
Die derzeit geltenden Lärmschutzbereiche auf dem Lechfeld basieren auf Fakten von 1985, sagt Grabens Bürgermeister Andreas Scharf. Mit der Einführung der Lärmschutzzone C, niedergeschrieben in einer Verordnung des Regionalen Planungsverbands, sollte der Schutz der Bürger vor Lärm erhöht werden. 2013 gab es eine weitere Verordnung, die besagt, dass die beiden strengeren Lärmschutzzonen 1 und 2 ausreichen, falls sie durch Gesetze festgelegt sind. Die Zone C wäre damit hinfällig, eine Übergangsregelung sollte noch maximal fünf Jahre bis zum 1. September 2018 gelten. Die Flugbewegungen auf dem Lechfeld wurden deshalb 2016 neu berechnet und neue Lärmwerte entwickelt. Ergebnis: Die Lärmschutzzone 2 zieht sich bis zum Kasernenzaun zurück.
So weit, so gut. Doch kurz vor der Unterschrift im vergangenen Jahr kam etwas dazwischen: „die A400M-Geschichte“, wie sie Scharf nennt. Wie berichtet, könnten 13 dieser Transportflugzeuge am Lechfeld stationiert werden. Die Übergangsfrist der Lärmschutzzonen wurde deshalb um weitere fünf Jahre bis September 2023 verlängert. Deshalb gibt es jetzt Kritik: „Die Lärmschutzzonen schränken uns in unserer Entwicklung stark ein“, sagt Scharf. Nun stand die Entscheidung des Regionalen Planungsverbandes zum Antrag Grabens an, eine etwa zehn Hektar große Fläche im Osten der Gemeinde – die in der Lärmschutzzone C liegt – ausnahmsweise als Wohngebiet zu genehmigen. Für Graben gab es zumindest einen Teilerfolg.
Die abweichende Nutzung werde erlaubt, wenn im Gegenzug Flächen in vergleichbarem Umfang aus dem Flächennutzungsplan herausgenommen werden, sagt Marion Koppe, Geschäftsführerin des Regionalen Planungsverbands. Diese Begründung kann Scharf nicht nachvollziehen: „Die Leute, die dann im Lärmschutzbereich wohnen, haben doch nichts davon, wenn bei uns im Ort woanders nicht gebaut wird.“
Die Lärmschutzzone C bezeichnet Scharf als „inhaltlich leer“, da die Lärmwerte, vor denen sie schützen sollen, überhaupt nicht mehr existieren – das habe eine Messung ergeben, so der Bürgermeister. Er geht davon aus, dass die Gemeinde Korrekturen in ihrem Flächennutzungsplan vornehme und versuche, eine kleinere Fläche gegen die beantragten zehn Hektar zu tauschen.
Ein vergleichbarer Antrag von Untermeitingen wurde vom Planungsverband hingegen abgelehnt. Begründung: Die Gemeinde hat deutlich mehr Reserven als Graben und ist in ihrer Entwicklung nicht stark eingeschränkt. Bürgermeister Simon Schropp nimmt diesen Beschluss zur Kenntnis, „auch wenn er uns nicht schmeckt“. Ein Tauschgeschäft werde seine Gemeinde nicht eingehen, stattdessen möchte der Gemeinderat abwarten und das Gebiet erst in fünf Jahren in Angriff nehmen – wenn die Neuordnung der Lärmschutzzonen beendet ist.