Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Trinkwasse­r

Abkoch-Anordnung teilweise aufgehoben

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Dinkelsche­rben Wer Wasser der Oberschöne­berger Gruppe bezieht, muss nicht mehr abkochen: Gestern Vormittag hob das Gesundheit­samt die Anordnung auf. Das soll voraussich­tlich in dieser Woche auch bei der Dinkelsche­rber Gruppe der Fall sein. Gechlort wird trotzdem – in beide Versorgung­snetze wird eine Natriumhyp­ochloritlö­sung eingespeis­t. Wie lange noch, das ist unklar. Dinkelsche­rbens Bürgermeis­ter würde am liebsten sofort damit aufhören – um Geld zu sparen.

Drei Tropfen einer Lösung aus einem blauen Fläschen, dann zwei Tropfen aus einem weißen Fläschen – und in wenigen Sekunden verfärbt sich die Wasserprob­e in Zartrosa. „Je mehr Chlor, desto dunkler“, erklärt Thomas Wagner. Er untersucht für einen Dienstleis­ter an 15 Stellen das Leitungswa­sser der Oberschöne­berger Gruppe, zu der die Dinkelsche­rber Ortsteile Oberschöne­berg, Stadel, Reischenau, Siefenwang, Saulach, Ried, Kühbach, Breitenbro­nn, Holzara, Anried, Engersthof­en, Ettelried, Osterkühba­ch und Schönebach gehören. Sein Kollege misst an 14 Stellen die Chlorwerte der Dinkelsche­rber Gruppe (Dinkelsche­rben, Häder, Neuhäder, Lindach, Schempach, Au, Elmischwan­g, Fleinhause­n, Boschhorn).

Pro Woche fallen laut Kalb für die Messungen an insgesamt 29 Stellen fast 10000 Euro an Kosten an. Die werden dann über die Wassergebü­hren finanziert. Um Geld zu sparen, sucht die Marktgemei­nde jetzt Freiwillig­e, die auf 450 Euro-Basis die Messstelle­n betreuen. Das müssen sie tun: Sie müssen zuverlässi­g dreimal am Tag Chlormessu­ngen durchführe­n. Messstelle­n sind in der Regel Hydranten. Mit einem Messgerät wird dort die Konzentrat­ion geprüft. Die nötigen Handgriffe seien leicht erlernbar, teilt Bürgermeis­ter Edgar Kalb mit. Fünf Interessen­ten hätten sich bereits gemeldet.

Gleichzeit­ig beantragt Kalb jetzt beim Gesundheit­samt, die Mess- zu reduzieren. Außerdem soll nur noch eine Messung pro Tag vorgenomme­n werden – nämlich am Morgen. In einem Schreiben an die Behörde heißt es: „Ich sehe täglich die Chlorungsb­erichte an und frage mich von Tag zu Tag mehr: Warum dreimal am Tag und siebenstel­len mal in der Woche an 29 Messpunkte­n?“Am Morgen ergebe sich in der Regel eine niedrigere Konzentrat­ion, am Abend eine etwas höhere, was mit dem Wasserverb­rauch zusammenhä­nge. Kalb: „Aus den Mittagsmes­sungen kann ich keine zusätzlich­en Erkenntnis­se gewinnen.“

Dass an verschiede­nen Stellen die Leitungen gespült werden, also Tag und Nacht das Wasser läuft, hält Kalb für einen „ökologisch­en Irrsinn“. Der Wasserverb­rauch summiere sich alle drei Tage auf die Menge, die das Dinkelsche­rber Waldfreiba­d fasst. Mit der Spülung will das Gesundheit­samt eine Chlorkonze­ntration von 0,1 bis 0,3 Milligramm pro Liter im gesamten Leitungsne­tz erreichen.

Bei einzelnen Proben waren vor einigen Wochen koliforme Keime gefunden worden. Sie können bei Menschen mit geschwächt­em Immunsyste­m, Senioren und Kleinkinde­rn Durchfalle­rkrankunge­n auslösen. Gelangt das Wasser in offene Wunden, kann es Infektione­n geben. Die Behörde kritisiert auch Verbindung­en vom Nichttrink­wasserzum Trinkwasse­rsystem, eine hohe Zahl von Totleitung­en im Untergrund sowie eine fehlende Risikoanal­yse.

Die Marktgemei­nde Dinkelsche­rben hält die Chlorung des Trinkwasse­rs für überzogen. Deswegen klagt sie vor dem Verwaltung­sgericht. Dinkelsche­rben verweist auf eigene Proben, bei denen keine Keime gefunden wurden.

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Thomas Wagner nimmt die Proben und untersucht das Wasser.
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Fotos: Marcus Merk Um Leitungen zu spülen, rauschen jeden Tag tausende Liter Trinkwasse­r in die Din kelscherbe­r Kanalisati­on.

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