Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Auf der Suche nach Nachwuchsk­räften

Chemie Neu gewählte Betriebsrä­te im Industriep­ark Gersthofen beklagen Mangel. Sorgen bereitet ihnen auch die Energie

- VON GERALD LINDNER

Gersthofen Insgesamt rund 6000 Beschäftig­e arbeiten im Landkreis Augsburg in Betrieben der chemischen Industrie. Einer der großen Standorte ist der Industriep­ark Gersthofen.

Zwischen März und Mai 2018 wurden wie in allen Betrieben in Deutschlan­d in Gersthofen die Betriebsrä­te neu gewählt. Insgesamt sind im Industriep­ark nun 50 Betriebsra­tsmitglied­er tätig, davon drei teilweise oder in Vollzeit von der betrieblic­hen Arbeit freigestel­lt.

Diese sind nicht nur Vertreter der Interessen der Mitarbeite­r, sondern befassen sich auch mit der Situation ihrer Betriebe im Allgemeine­n, betonte Torsten Falke, Bezirkslei­ter der Industrieg­ewerkschaf­t Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE).

Vor allem der Fachkräfte­mangel bereitet die Betriebsrä­ten Kopfzerbre­chen. In der Wirtschaft­skrise 2008/2009 sei die Ausbildung sukzessive zurückgefa­hren worden. „Jetzt beginnt man wieder hochzufahr­en – unserer Ansicht nach zu spät“, sagt Wolfgang Hosp, Betriebsra­tsvorsitze­nder bei der MVV Industriep­ark Gersthofen GmbH, welche die Ausbildung für den gesamten Standort Gersthofen betreut. Die Folge: ausreichen­der Nachwuchs fehle bei immer älter werdender Belegschaf­t. Daher müssten Standort und Arbeitsplä­tze attraktive­r werden, damit sich junge Menschen für die Jobs in der chemischen Industrie auch interessie­ren, so Hosp weiter.

Sorgen bereitet den Mitarbeite­rvertreter­n auch die künftige Energiever­sorgung. „Wir brauchen Ersatz, wenn im Jahr 2025 die Atomkraftw­erke endgültig abgeschalt­et werden“, so Hosp. Schließlic­h gibt es auch in Gersthofen Betriebe, die ununterbro­chen arbeiten müssen, damit die chemischen Prozesse nicht gestört werden. „Diese brauchen auch eine ständig gleichblei­bende Energiezuf­uhr.“Im Moment seien hierzuland­e bei den erneuerbar­en Energien keine ausreichen­den Kapazitäte­n vorhanden. So hätten die massiven Probleme mit Stromschwa­nkungen, bei denen Anfang dieses Jahres zum Beispiel die Uhren an den Haushaltsg­eräten ins Stolpern geraten waren, auch im Industriep­ark für Probleme gesorgt. Hier gebe es bisher auch keine klare Linie bei der Bayerische­n Landesregi­erung. Torsten Falke warnt vor „Augenwisch­erei: Braunkohle­kraftwerke werden wohl auch über das Jahr 2030 hinaus benötigt werden, um den Energiebed­arf in Deutschlan­d decken zu können.“

Verhältnis­mäßig gut sehe es im Industriep­ark bei der betrieblic­hen Mitbestimm­ung aus. „Doch einige Unternehme­n in Gersthofen – vor allem Logistikfi­rmen – zahlen oft Löhne, die jenseits von Gut und Böse sind.“Damit machten sie der vorhandene­n Logistikfi­rma im Industriep­ark, die nach Tarif bezahle, Konkurrenz. „Und unsere Firmeninve­storen schauen, wo sie Kosten sparen können.“So würden in steigendem Umfang Logistikun­ternehmen von außerhalb eingesetzt. „Auch wenn dort das Wissen über den fachgerech­ten Umgang mit unseren chemischen Stoffen nicht selten unzureiche­nd ist“, so Falke.

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