Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Streit um ein Klassenfoto endet vor Gericht
Prozess Die Eltern eines Jungen haben geklagt, weil eine Aichacher Schule ein Bild ihres Sohnes ohne ihre Zustimmung veröffentlicht hat
Aichach/Augsburg Wenn Eltern und Schulleiter sich vor Gericht treffen, ist das Schulkind nicht zu beneiden. Wie verhärtet die Fronten sind, zwischen denen sich ein Schüler einer Aichacher Schule bewegt, war gestern im Verwaltungsgericht in Augsburg zu sehen. Die Eltern des Jungen hatten gegen den Freistaat Bayern geklagt, weil die Schule ein Klassenfoto mit ihrem Sohn veröffentlicht hatte, obwohl die Eltern das ausdrücklich abgelehnt hatten.
Schon zu Beginn des Schuljahres 2015 hatten die Eltern auf dem Blatt zur Datenschutzerklärung vermerkt, dass sie nicht wollen, dass ein Foto ihres Kindes veröffentlicht wird. Lediglich einem Klassenfoto für die Mitschüler stimmten sie zu. Das sollte dann aber weder gepostet noch irgendwo abgedruckt werden.
Als die Eltern am Ende des Schuljahres schließlich das Klassenfoto mit ihrem Sohn im Jahresbericht abgedruckt fanden, beschwerten sie sich. Zu Recht, wie die dritte Kammer des Verwaltungsgerichts ausführte. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Lorenz fand klare Worte für die Aichacher Schule. Sie hätte das Bild unverändert und ohne jegliche Schwärzung oder Retusche „rechtswidrig veröffentlicht“.
Das hatte damals auch der Schulleiter festgestellt und sich in einem Brief bei Mutter und Vater entschuldigt: „Die Klassenlehrerin hat hier einen Fehler gemacht, der nicht hätte passieren dürfen“, schrieb er. Just dieser Satz wurde nun vor Gericht zum Problem.
„Das ist keine Entschuldigung“, befand der Vater des Jungen. Zum einen habe der Rektor das Schreiben nicht handschriftlich unterzeichnet und zum anderen werde die Lehrerin darin beschuldigt. Schuld war seiner Meinung nach aber vor allem der Schulleiter. „Er hätte mir das Schreiben auch persönlich übergeben können“, monierte der Vater, der sich über das Verhalten des Schulleiters generell zu ärgern schien. Da half es auch nichts, dass Richter Lorenz mit sachlichen Argumenten auf ihn einwirken wollte: „Der Fehler liegt eindeutig bei der Lehrerin. Sie hat es versäumt, das Foto schwärzen zu lassen“, erklärte er dem Vater. Der führte jedoch immer wieder an, dass der Schulleiter auch die Verantwortung für ein mögliches Fehlverhalten der Lehrer trage. Und nicht nur das. „Seit drei Jahren kann er das Mobbing an seiner Schule nicht abstellen“, schimpfte der Vater weiter. Darunter habe sein Sohn sehr zu leiden.
Der Leiter der Aichacher Schule musste schließlich eine zweite Entschuldigung zu Protokoll geben. Er verlas dafür die ersten beiden Sätze der vorangegangenen schriftlichen Entschuldigung mündlich im Ge- richtssaal. Dieser Rechtsstreit war damit erledigt. Auch der zweite strittige Punkt der Verhandlung konnte gestern im Laufe der mehrstündigen Verhandlung noch einvernehmlich gelöst werden.
Die Eltern hatten gefordert, die Schulakte ihres Sohnes einsehen zu dürfen. Zwar hatten sie das bereits ein Mal getan, allerdings waren sie danach der Ansicht, dass die Akte unvollständig sei. Ein Attest und ein weiteres ärztliches Gutachten hätten enthalten sein sollen und auch ihren eigenen Schriftverkehr mit dem Rektor wollten sie einsehen. Das Schulamt hatte jedoch Sorge, dass die Akteneinsicht nun regelmäßig gefordert werden könnte. Eine Vertreterin des Schulamtes erklärte im Gerichtssaal: „Wir sind bemüht, mit den Eltern zu kooperieren. Wir verstehen aber nicht, warum sie die Akten einsehen wollen.“Inhaltlich spreche nichts dagegen.
So einigten sich Schulleiter, Schulamt und Eltern darauf, dass Mutter und Vater bis zum Schuljahresende ein Mal den vergleichsweise umfangreichen Schriftverkehr in den Räumen der Schule einsehen dürfen. Außerdem wurde vereinbart, dass ein medizinisches Attest ausnahmsweise in die Schulakte aufgenommen wird, obwohl es nicht direkt die schulische Laufbahn des Kindes betrifft. Das hatten die Eltern so gewollt. Damit wurde der Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die entstandenen Kosten des Verfahrens trägt jeder selbst.
Kann der Rektor das Mobbing nicht abstellen?