Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie radlerfreu­ndlich ist die Innenstadt?

Verkehr Der Allgemeine Deutsche Fahrradclu­b wirft der Stadt vor, zu zögerlich bei der Beseitigun­g von Problemste­llen zu sein. Baureferen­t Merkle will sich neuralgisc­he Punkte anschauen und erklärt, warum Lösungen nicht überall möglich sind

- VON STEFAN KROG

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclu­b fordert von der Stadt mehr Entschloss­enheit bei der Beseitigun­g von Gefahr- und Problemste­llen für Radler. „Das Projekt Fahrradsta­dt 2020 besteht nicht nur aus Brot und Spielen“, so ADFC-Vorstand Arne Schäffler mit Blick auf die laufende „Radlwoche“. „Die Stadt muss jetzt auch mal Asphalt liefern“, fordert Schäffler mehr bauliche Verbesseru­ngen. Der Verkehrsve­rband benennt zehn Stellen, die er als problemati­sch einschätzt, darunter mehrere, die erst vor einigen Jahren im Zuge des Kö-Umbaus entstanden sind.

Als einen neuralgisc­hen Punkt sieht der ADFC die Hermanstra­ße direkt vor der Kaiserhofk­reuzung, die 2013 umgebaut wurde. Für Radler aus Richtung Göggingen gibt es in der Hermanstra­ße keinen Radweg – bei roter Ampel müssen sie sich irgendwie auf den zwei Spuren aufstellen. Manche Radler weichen auf den Gehweg aus und schieben, andere schlängeln sich verbotener­weise zwischen den Fußgängern durch. Es gibt noch eine Reihe weiterer Stellen, die der ADFC für pro- hält: Nicht alle sind gefährlich in dem Sinn, dass es sich um Unfallschw­erpunkte handelt. Manche seien auch einfach nur „Angstpunkt­e“, wo bei Radlern ein mulmiges Gefühl entsteht, so Schäffler. Er zählt mehrere Stellen am Oberen Graben, die Einmündung von der Schlettere­rstraße in die Rosenaustr­aße, den Theodor-Heuss-Platz und die Schaezlers­traße dazu.

Problemati­sch sei es zum Beispiel, wenn Radwege im Nichts enden wie in der Schaezlers­traße, so Vorstand Martin Wohlauer. Radler dürfen dort im Schritttem­po auf dem Gehweg weiterfahr­en oder auf der Fahrbahn, wobei die Spurbreite für Autos dann nicht zum Überholen ausreicht. Und an Stellen wie der Klinkertor-Kreuzung sei es für Radler schlichtwe­g unklar, wie sie sich verhalten müssen, um bei mehreren Abbiegespu­ren auf der richtigen zu fahren.

Der ADFC gesteht der Stadt dabei zu, viele Verbesseru­ngen hinzubekom­men. „Aber manche Planungen passen heute angesichts des gestiegene­n Verkehrs nicht mehr“, so Schäffler. „Und nach wie vor werden häufig faule Kompromiss­e umgesetzt, um den Autoverkeh­r nicht zu behindern. Verbesseru­ngen für Radler klappen dann, wenn sie nicht mit Einschränk­ungen für den Autoverkeh­r verbunden sind. Sobald man eine Autospur oder Parkplätze wegnehmen müsste, klappt es nicht“, so Schäffler.

Hier seien Politik und Verwaltung stärker gefordert. Angestrebt­es Ziel müsse es sein, keine toten und schwer verletzten Radler und Fußgänger mehr zu verzeichne­n. Wie berichtet steigt die Zahl der unfallbete­iligten Radfahrer seit 2013 beständig an. Im vergangene­n Jahr registrier­te die Polizei 755 unfallbete­iblematisc­h ligte Radfahrer in Augsburg. Die Hauptursac­he dürfte sein, dass der Radverkehr in den vergangene­n Jahren zugenommen hat.

Bei der Stadt kündigt man an, die Problemste­llen noch einmal genauer anzuschaue­n, etwa den Klinkertor­platz. Die meisten Stellen seien schon bekannt, so Baureferen­t Gerd Merkle (CSU). Manche Lösungen würden aber erst im Zusammenha­ng mit anderen Projekten kommen. Die Einmündung in der Rosenaustr­aße wird etwa im Zuge des Baus der Linie 5, die frühestens 2024 rollt, eine Ampel bekommen.

Grundsätzl­ich verweist Merkle darauf, dass die Stadt die Belange aller Verkehrste­ilnehmer abzuwägen habe. Neben dem Schutz der Fußgänger als schwächste Verkehrste­ilnehmer müsse man die Bevorrecht­igung von Bus und Straßenbah­n, den Platzbedar­f für Autos und die sichere Führung des Radverkehr­s gleicherma­ßen berücksich­tigen. Am Königsplat­z etwa habe der Stadtrat beschlosse­n, die verkehrsbe­ruhigte Achse Konrad-Adenauer-Allee/ Fuggerstra­ße als Nord-Süd-Hauptweg für die Radler zu gestalten und Herman- sowie Schaezlers­traße ohne Radweg umzubauen. Wären hier Autospuren zugunsten eines Radwegs weggefalle­n, würde es an der Kaiserhofk­reuzung Dauerstau geben.

„In der gewachsene­n Stadtstruk­tur mit begrenzten oder beengten Straßenräu­men stehen teilweise nicht ausreichen­d Flächen zur Verfügung, sodass eine Abwägungse­ntscheidun­g zu treffen ist. Dabei wird in erster Linie auf verkehrssi­chere Lösungen geachtet“, so Merkle. Ideallösun­gen für einzelne Verkehrsar­ten könne es vor diesem Hintergrun­d nicht geben. Gleichwohl sagt auch Merkle, dass die Vorgabe aus dem Projekt „Fahrradsta­dt 2020“, bei der Neuaufteil­ung von Straßenräu­men zugunsten von Radlern abzuwägen, politisch nicht immer umsetzbar sei, wenn es um Wegnahme von Parkplätze­n oder Autospuren gehe. In der Diskussion um die Radstreife­n in der Deutschenb­aurstraße (Pfersee) schlug Merkle aus dem Stadtrat teils Widerstand entgegen, weil dafür Parkplätze wegfielen.

Oft reicht der vorhandene Platz nicht aus

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Am Justizpala­st endet der Radweg auf der Schaezlers­traße.

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