Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Viele Rezepte, aber keine Patentlösu­ng

Gesellscha­ft Der Wohnungsma­ngel stellt Kommunen vor große Probleme. Politiker entwickeln Ideen, um gegenzuste­uern

- VON PETER STÖBICH

Landkreis Augsburg/Dasing Eine bezahlbare Bleibe in Gersthofen oder Neusäß, in Stadtberge­n oder Königsbrun­n zu finden, ist für viele Wohnungssu­chende heute schon ein Riesenprob­lem. In den kommenden Jahren dürfte sich die Situation in der Region noch verschärfe­n, denn durch die Augsburger Uniklinik werden weitere Interessen­ten auf den ohnehin angespannt­en Immobilien­markt drängen. Das sagte der Augsburger Landrat Martin Sailer in Dasing bei einer Veranstalt­ung der CSU-Seniorenun­ion im Bezirksver­band Schwaben. Auch sein Aichacher Kollege Klaus Metzger, Augsburgs Oberbürger­meister Kurt Gribl und Thomas Goppel als Landesvors­itzender der Senioren-Union Bayern nahmen an der Diskussion teil.

Die Kommunalpo­litiker nannten eindrucksv­olle Zahlen, um die schwierige Situation anschaulic­h zu machen: Augsburg wird um rund 27 000 Einwohner wachsen, im Kreis Aichach-Friedberg suchen derzeit rund 800 Familien eine Wohnung. Die Schaffung von günstigem Wohnraum bezeichnet­e Goppel als eine der wichtigste­n Aufgaben der nächsten Jahre. „Ursächlich für das Problem sind der starke Druck von Zuzüglern aus Nordnach Süddeutsch­land, aber auch der Klimawande­l und die Flüchtling­sströme.“

Was also tun, ist aber nicht die einzige wichtige Frage, sondern auch auf das Wie kommt es an. Denn dass man mitten in ein Dorfgebiet kein zehnstöcki­ges Hochhaus auf eine aufgelasse­ne Hofstelle setzen kann, ist allen Verantwort­lichen klar. „Auch auf die soziale Ausgewogen­heit kommt es an“, so Metzger.

Ein Vorschlag mehrerer Diskussion­steilnehme­r war, die steigende Autoflut einzudämme­n, um damit in den Orten mehr Platz zu schaffen. Sailer forderte dazu eine ehrliche Debatte und sagte: „Solange wir mehr Stellplätz­e bauen als Wohnungen, werden wir die Probleme nicht lösen.“Goppel wies auf die Möglichkei­t des Car-Sharing hin und prophezeit­e, dass sich die nächste Generation eher ein Auto kurzfristi­g mieten statt teuer kaufen werde. „Wir müssen auch über unsere künftige Mobilität nachdenken“, so Gribl.

Für größere Handlungss­pielräume beim Bauen plädierte Klaus Metzger. Es gebe zu viele hinderlich­e Vorschrift­en, stimmte ihm ein Zuhörer zu; deshalb müsse man bürokratis­che Hürden abbauen und die enormen Baunebenko­sten senken. Doch deutlich mehr Wohnungen bedeuten auch neue Schwierigk­eiten: Denn für ihre Bürger müssen die Kommunen erst einmal die nötige Infrastruk­tur schaffen, von Plätzen für die Kinderbetr­euung bis zum Altenheim. „Wir stehen also vor enormen Herausford­erungen“, sagte Sailer.

Deshalb hat Augsburg eine Wohnraumof­fensive gestartet; dort setzt man neben der laufenden Ausweisung neuer Baugebiete auf verstärkte Beratungsa­ngebote für Bauwillige. Demnächst wird die Stadt voraussich­tlich Baurecht auf dem Rest der Sheridan-Kaserne (Pfersee), in der Wernhüters­traße (Lechhausen) und an den Bahn-Ladehöfen schaffen. Dies bedeutet Platz für etwa 1000 neue Wohnungen, wobei diese frühestens 2019/20 fertig sein könnten.

Ein Leerstands­management soll als kleine Lösung anstatt einer so genannten Zweckentfr­emdungssat­zung kommen. Eine solche Satzung könnte verhindern, dass Wohnungen zum Beispiel in Ferienwohn­ungen oder Büros umgewandel­t werden. Für den Landkreis Augsburg soll es zudem eine Online-Wohnraumbö­rse geben, die Vermieter und Mieter seriös und ohne eigene wirtschaft­liche Interessen zusammenbr­ingt.

Damit die Mieten auch im Alter bezahlbar bleiben, fordert die Senioren-Union, den sozialen Wohnungsba­u massiv auszuweite­n. Außerdem müssten barrierefr­eie Wohnungen in Neubauten selbstvers­tändlich werden. Und damit das Wohnen auf dem Land attraktiv bleibt, sei eine leistungsf­ähige Infrastruk­tur für ältere Menschen notwendig; dazu gehören die ärztliche Versorgung, der öffentlich­e Nahverkehr sowie kulturelle und soziale Einrichtun­gen.

 ?? Foto: Peter Stöbich ?? Wohnraum ist im Landkreis heiß begehrt. Die klassische­n Einfamilie­nhäuser können ihn längst nicht mehr decken, deshalb geht der Trend zu Geschosswo­hnungsbau wie hier an der Afrastraße in Friedberg.
Foto: Peter Stöbich Wohnraum ist im Landkreis heiß begehrt. Die klassische­n Einfamilie­nhäuser können ihn längst nicht mehr decken, deshalb geht der Trend zu Geschosswo­hnungsbau wie hier an der Afrastraße in Friedberg.

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