Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mit fliegenden Fahnen ins Finale

Fußball Weltmeiste­rschaft Kroaten aus dem Landkreis fiebern mit ihrer Mannschaft, die sensatione­ll im Endspiel steht – ganz egal, ob sie etwas mit Fußball am Hut haben oder nicht

- VON OLIVER REISER

Landkreis Von den acht Millionen Kroaten leben nur rund die Hälfte in Kroatien. Der Rest ist über die ganze Welt verstreut. Einige davon auch im Augsburger Land.

Zum Beispiel Robert MarkovicMa­ndic, der Torjäger des Landesligi­sten SV Cosmos Aystetten. „Ich kann es noch immer nicht glauben, dass Kroatien im Finale der Weltmeiste­rschaft spielt. Ich bin sehr stolz, dass ein so kleines Land so gut spielt. Das ist Wahnsinn“, sagt der 22-Jährige, der das Spiel zusammen mit seinem Bruder und seinem Onkel zu Hause angeschaut hat. Hinterher war er noch in der Innenstadt. „Die Atmosphäre war einfach geil!“Jetzt hofft er, dass sich Kroatien für 1998 revanchier­en kann, als man gegen Frankreich im Halbfinale die Segel streichen musste.

Ein wahres Sommermärc­hen erlebt in diesem Jahr Goran Boric. Vor Wochen konnte er als Spielertra­iner mit dem SC Altenmünst­er den Aufstieg in die Bezirkslig­a feiern, jetzt steht auch noch die Nationalma­nnschaft seines Heimatland­es Kroatien im Endspiel der Weltmeiste­rschaft. Den 2:1-Sieg gegen England hat er zu Hause vor dem Fernseher verfolgt. Danach ist er noch nach Augsburg gefahren. Mit mehreren hundert Landsleute­n hat er in der Maximilian­straße gefeiert. „Aber nur ein bisschen“, wie er glaubhaft versichert.

Vor der Beginn der Weltmeiste­rschaft hatte Goran Boric, der in der Region auch schon beim FC Langweid, TSV Gersthofen oder TSV Schwabmünc­hen aktiv war, Kroatien maximal als Geheimfavo­rit auf dem Zettel. „Als dann ein Favorit nach dem anderen nach Hause gefahren ist, habe ich langsam geglaubt, dass da mehr drin ist“, sagt der 36-Jährige. Schließlic­h hätte die Truppe genügend Erfahrung. Das hat sich auch gegen England bezahlt gemacht. „Egal, wie schlecht die erste Halbzeit war, die bleiben ruhig und machen ein Tor. Danach war England stehend k. o.“

An seinen Mannschaft­skamera- den Peter Ferme (Slowenien) oder Aldin Kahrimanov­ic (Bosnien) hat Boric Interessan­tes festgestel­lt: „Sie fiebern mit, als ob es ihre eigene Nationalma­nnschaft wäre. Schließlic­h haben wir dieselbe Sprache und denselben Charakter.“

Dass es für Kroatien ein Nachteil sein könnte, dass man zuletzt dreimal in die Verlängeru­ng musste, glaubt Goran Boric nicht: „Der psychologi­sche Höhenflug beflügelt die Mannschaft. Und außerdem ist es für viele die letzte Weltmeiste­rschaft. Zudem spielt Luca Modric um den Goldenen Ball. Wenn das keine Motivation ist.“Und das allerbeste sei: „Kein Mensch rechnet, dass Kroatien das Endspiel gewinnt. Sie haben nichts zu verlieren.“

Am Sonntag ist Goran Boric allein mit seinen beiden Kindern (sechs und zwei Jahre). Sollte Kroatien gewinnen, will er sie ins Auto packen, und zum Feiern nach Augsburg fahwenigen ren. „So etwas werden auch sie nur einmal erleben.“

Normalerwe­ise hat Stanislav Loncar mit Fußball überhaupt nichts am Hut. „Dafür habe ich gar keine Zeit“, sagt der 35-Jährige aus Gersthofen, der als Creative Art Director im Kesselhaus in Augsburg arbeitet. Die sensatione­llen Erfolge der kroatische­n Nationalma­nnschaft haben jedoch auch in ihm das Feuer entfacht. Der 35-Jährige besitzt die deutsche Staatsbürg­erschaft. Mit der Nationalhy­mne hat er allerdings seit der Schulzeit immer seine Probleme, „weil es dort heißt für das deutsche Vaterland.“Loncar lacht: „Das habe ich nie begriffen, weil mein Vater ja Kroate ist.“

Mit kroatische­n Freunden hat er im heimischen Garten beim Grillen zusammen das Halbfinale angeschaut. Zum Autocorso würde er sich zwar nie begeben, doch am Wochenende fährt er nun mit ein paar Freunden in die kroatische Hauptstadt Zagreb, um das Finale beim Public Viewing auf dem dortigen Marktplatz zu verfolgen. „So etwas erlebt man nur einmal“, sagt Loncar. Trikot und Fahne hat er schon eingepackt.

 ?? Foto: Oliver Reiser ?? Obwohl er sich ansonsten nicht für Fußball interessie­rt, fährt Stanislav Loncar am Wochenende nach Zagreb, um dort das Abschneide­n der kroatische­n Nationalma­nnschaft im Finale der Weltmeiste­rschaft zu verfolgen. Fahne und Trikot hat er schon...
Foto: Oliver Reiser Obwohl er sich ansonsten nicht für Fußball interessie­rt, fährt Stanislav Loncar am Wochenende nach Zagreb, um dort das Abschneide­n der kroatische­n Nationalma­nnschaft im Finale der Weltmeiste­rschaft zu verfolgen. Fahne und Trikot hat er schon...
 ??  ?? Markovic Mandic
Markovic Mandic
 ??  ?? Goran Boric
Goran Boric

Newspapers in German

Newspapers from Germany