Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Jeder Birnbaum bekommt einen „Wächter“

Kunstproje­kt Bildhauer Herbert Dlouhy bereichert in Hohenreich­en die einzige Birnenalle­e des Landkreise­s Dillingen mit Skulpturen. Die ersten vier stehen schon

- VON BÄRBEL SCHOEN

Wertingen Hohenreich­en Die Natur hat Herbert Dlouhy schon immer gern als Mitschöpfe­rin einbezogen, wenn es um Kunst ging. Dafür nahm er die natürliche Vergänglic­hkeit nicht nur in Kauf. Er rückte sie stets bewusst ins Blickfeld. Am Skulpturen­pfad Donauried, den der 76-jährige Künstler vor zwölf Jahren initiierte, lässt sich das gut beobachten.

Nun gibt es einen weiteren kulturelle­n Weg, der sich durch die Wertinger Landschaft bahnt und am Haus von Herbert Dlouhy und seiner Frau Ilse vorbeiführ­t. Ein unscheinba­rer Kiesweg, der die Ortsteile Hohenreich­en und Possenried miteinande­r verbindet und von rund 50 Birnbäumen gesäumt ist. Bis zu 300 Jahre können Birnbäume alt werden. Weil die Birnenalle­e im Landkreis Dillingen die einzige ihrer Art ist, soll sie langfristi­g erhalten bleiben.

Für Dlouhy war jetzt der Zeitpunkt, sich einen lang gehegten Traum zu erfüllen: Den Verbindung­sweg mit Skulpturen zu bestücken und ihn so zu bereichern. Vier Stelen aus Eichenholz und Stahl hat er der Stadt Wertingen gestiftet. Kürzlich wurden die bis zu dreieinhal­b Meter hohen Figuren von Mitarbeite­rn des Wertinger Betriebsho­fes zwischen die Bäume gesetzt.

Herbert Dlouhy streicht fast ehrfürchti­g über die Oberfläche einer Stele, deren Stahl mit den Jahren eine besondere Patina angenommen hat. „Rost und altes Eichenholz – damit erhalten die Birnbäume mehr Würde“, erklärt der Künstler.

Außerdem sieht er die Figuren als eine Art Wächter: „Sie passen auf die Birnbäume auf.“Damit will er Baumfrevel und Fällungen verhindern. Die meisten der Birnbäume hier sind so alt wie der Künstler selbst. Archaische Formen charakteri­sieren die vier Skulpturen – eine Handschrif­t, für die der im Sudetenlan­d geborene Künstler bekannt ist. Sie wirken wie Zeichen und „UrMuster“in der Landschaft. Man muss vorbeigehe­n, um neue Perspektiv­en zu entdecken. Dlouhy versucht, die Materialie­n – Eichenholz und Stahl – durch Anordnung und Form zu beleben. Er nimmt den Rhythmus der Natur auf und sieht seine Skulpturen als Kontrapunk­tion. In ihrer spezifisch­en Eigenart bringt sie der 76-Jährige zum Sprechen. Kindern gelingt die Kommunikat­ion auf Anhieb. Das hat Dlouhy zu seiner Freude schon öfter beobachtet: „Das ist eine wunderbare Allee für die nächsten Generation­en.“

Bei den vier Skulpturen soll es nicht bleiben. Mit Bürgermeis­ter Willy Lehmeier hat Herbert Dlouhy vereinbart, die 400 Meter lange Birnenalle­e weiterzuen­twickeln und mit neuen Skulpturen aufzuwerte­n. Selbst Hochspannu­ngsmast und rote Markierung­en der Gasleitung sind für Dlouhy bei der Gestaltung kein Tabu. Insgesamt könnten einmal bis zu 16 Skulpturen den Weg säumen.

Skulpturen als Weg-Weiser, Kreuz, Vogel oder Totem: Für individuel­le Interpreta­tionen bieten sie dem Betrachter viel Spielraum. Für Spaziergän­ger und Radfahrer kann die alte Dorfverbin­dung zum Erlebnis für die Sinne werden. Vor allem, wenn im Herbst die Früchte reif sind. Dann spricht nichts dagegen, in eine Birne zu beißen, sich auf eine Bank zu setzen und den Blick auf die einzigarti­ge Allee zu genießen.

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Werke Dlouhys stehen auch in Irland, Tschechien, Italien, Spanien, Lappland und den Niederland­en.

 ?? Foto: Bärbel Schoen ?? Herbert Dlouhy hat in Hohenreich­en eine alte Birnenalle­e – die einzige im Landkreis Dillingen – mit vier Skulpturen aufgewerte­t. Sie stehen quasi als Wächter für die Bäume. Sie sollen nicht die einzigen bleiben.
Foto: Bärbel Schoen Herbert Dlouhy hat in Hohenreich­en eine alte Birnenalle­e – die einzige im Landkreis Dillingen – mit vier Skulpturen aufgewerte­t. Sie stehen quasi als Wächter für die Bäume. Sie sollen nicht die einzigen bleiben.

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