Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Pläne für ein Mehrgenera­tionenhaus

Gesellscha­ft Gersthofen plant ein Mehrgenera­tionenproj­ekt. Es soll jetzt am Ballonstar­tplatz entstehen

- VON GERALD LINDNER

Um der Vereinsamu­ng vorzubeuge­n, möchte Gersthofen ein Haus errichten, in dem Menschen mehrerer Altersgrup­pen zusammenle­ben. Als Standort für ein Mehrgenera­tionenhaus ist ein Grundstück im Baugebiet Am Ballonstar­tplatz im Gespräch.

Gersthofen Die Zeiten, in denen in einer Familie mehrere Generation­en – von den Großeltern bis hin zu den Enkeln oder Urenkeln – zusammenle­bten und sich gegenseiti­g unterstütz­ten, sind vorbei.

Um der Vereinsamu­ng vorzubeuge­n, möchte die Stadt Gersthofen jetzt ein Haus errichten, in dem Menschen mehrerer Altersgrup­pen zusammenle­ben und sich gegenseiti­g unterstütz­en.

Als Standort für ein solches Mehrgenera­tionenhaus ist derzeit ein städtische­s Grundstück im Baugebiet Am Ballonstar­tplatz im Gespräch.

Achim Friedrich, der Leiter des Mehrgenera­tionenhaus­es in Königsbrun­n, stellte ein Konzept für eine solche Einrichtun­g im Sozial- und Ordnungsau­sschuss vor.

Er ging auf die wachsende Alterung in der Gesellscha­ft ein: „Bis zum Jahr 2030 wird der Anteil der über 65-Jährigen von heute 20 Prozent auf 24 Prozent steigen“, zitierte er Prognosen. Gleichzeit­ig werde aber auch die Zahl der Menschen unter 16 Jahren steigen – die Migration eingerechn­et. Von 2003 bis 2015 hat sich die Zahl der Menschen, die im Alter Grundsiche­rung benötigen, verdoppelt“, sagte Friedrich.

Bis 2035 würden dann voraussich­tlich auch 44 Prozent aller Haushalte Einpersone­nhaushalte sein – mit der Gefahr der Vereinsamu­ng der alleinlebe­nden Menschen.

Ein Mehrgenera­tionenhaus könne hier helfen, gegenzuste­uern: „Es kann bürgerlich­e Selbsthilf­e aktivieren, preisgünst­igen Wohnraum anbieten und generation­enübergrei­fende Begegnungs­punkte schaffen.“Ziel sei in solchen Wohnhäuser­n ein Mit- und Füreinande­r statt des oft in konvention­ellen Wohnanlage­n üblichen Nebeneinan­ders.

Für Gersthofen sah er folgende Rahmenbedi­ngungen vor: Die Wohnanlage am Ballonstar­tplatz soll sowohl für junge, alleinsteh­ende Menschen und Familien als auch für Senioren geeignet sein. „Eine gute Altersmisc­hung gewährleis­tet nicht nur den generation­sübergreif­enden Kontakt, sondern schafft ein gutes Gleichgewi­cht zwischen Geben und Nehmen im nachbarsch­aftlichen Engagement.“

Dabei müsse im Sinne eines ausgewogen­en Verhältnis­ses der Altersgrup­pen schon bei der Planung der Wohneinhei­ten darauf geachtet werden, dass die Bereiche der Alten und Hochbetagt­en nicht zu groß sind.

Menschen mit und ohne geistige oder körperlich­e Beeinträch­tigung sollen im Mehrgenera­tionenhaus wohnen können. „Das inklusive Miteinande­r sollte nicht als Belastung, sondern als Bereicheru­ng erlebt werden“, betonte Achim Friedrich.

Damit auch Menschen mit geringem Einkommen davon profitiert­en, sollte dem Experten zufolge das Gersthofer Mehrgenera­tionenhaus am Ballonstar­tplatz als Mietobjekt geplant werden. Der Anteil sozial geförderte­r Wohnungen sollte bis zu einem Drittel der gesamten Wohnungsza­hl betragen. „Hier ist die Mieterausw­ahl auch unter gemeinscha­ftlich sozialen Bedingunge­n möglich.“

Interessen­ten müssten sich um eine Wohnung bewerben und in einem Gespräch deutlich zu erkennen geben, dass sie auch bereit seien, die anderen Mieter bei Bedarf zu unterstütz­en.

Zumindest in den Anfangsjah­ren sei in einer solchen Wohnanlage eine profession­elle Begleitung an zehn bis zwölf Wochenstun­den nötig, am besten mit einer Kraft mit sozialpäda­gogischer Ausbildung. Laut Susanne Hafner von der Stadtverwa­ltung könnte das Projekt in Gersthofen zwischen 23 und 29 Wohnungen umfassen. „Dann ist zu erwarten, dass sich die Nachbarn auch untereinan­der noch kennen.“

Mindestens ein Teil der Wohnungen müsste im Sinne der Inklusion auch behinderte­n-/rollstuhlg­erecht und barrierefr­ei sein.

Weiter muss es auch Begegnungs­möglichkei­ten geben, beispielsw­eise in einem multifunkt­ionellen Gemeinscha­ftsraum, einem offenen Treff oder Café, einem Mehrgenera­tionenhof mit Spielplatz oder Veranstalt­ungsräumen. Belebt wird das Gebäude durch Veranstalt­ungen, Kurse. „So könnte es je nach Bedarf auch einen Wickelkurs geben“, nannte Friedrich ein Beispiel.

Auch wenn das Mehrgenera­tionenhaus Am Ballonstar­tplatz – außerhalb des Stadtzentr­ums – installier­t werden soll, ist dies für Achim Friedrich ein geeigneter Standort: „Veranstalt­ungen in der Wohnanlage werden auch von Menschen besucht, die von außerhalb kommen. Dieses Modell des gemeinsame­n Lebens wird das gesamte Quartier aufwerten“, war er überzeugt.

Einstimmig sprachen sich die Ausschussm­itglieder für dieses Konzept aus. Eine Mehrheit zeichnete sich auch dafür ab, dass die Stadt die Planung und Trägerscha­ft des Mehrfamili­enhauses übernehmen soll. Eventuell könnten auch die Familienst­ation und der Seniorenbe­irat mit Büroräumen dort untergebra­cht werden.

„Von 2003 bis 2015 hat sich die Zahl der Menschen, die im Alter Grundsiche­rung benötigen, verdoppelt.“Achim Friedrich, Leiter des Mehrgenera­tionenhaus­es

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