Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Sitzt, passt und perfekt?
Theater Schüler mit gelungener Version eines Oscar-Wilde-Klassikers, in dem es um einen gar nicht vollkommenen Ehemann geht
Neusäß Die wahren Abgründe hinter dem schönen Schein: Darum dreht sich das Stück „Ein perfekter Ehemann“von Oscar Wilde, das die Theatergruppe Incognito jetzt in zeitgemäßer Fassung präsentierte. Die Schüler der Beruflichen Schulen hatten sich gefragt, wie sich Oscar Wildes Charaktere heute verhalten würden.
Videofilme, Mailkontakte und Briefe wurden in der Inszenierung an die Wand hinter der Bühne projiziert, die Handlung aber spielt in der illustren Gesellschaft der Londoner Oberklasse bei Sir Robert und Lady Gertrude Chiltern. Unter den Gästen sind auch Sir Robert Chilterns intrigante Cousinen Mrs. Cheveley und Mrs. Allonby, die den aufstrebenden englischen Politiker wegen Verrats eines Staatsgeschäfts zu Beginn seiner Karriere erpressen und ihn dadurch in große Bedrängnis bringen. Als seine gutmütige Ehefrau Lady Gertrud von dem Geheimnis erfährt, bricht für diese eine Welt zusammen. Ihr Mann ist nicht der perfekte Ehemann, für den sie ihn gehalten hat.
So beginnt die Geschichte, die nach vielen Verwicklungen doch noch zu einem guten Ende findet und der Erkenntnis, dass es den „perfekten Ehemann“gar nicht gibt und er auch nicht gewünscht ist. Jeder hat einen schwachen Punkt, das Leben kann ohne Verständnis und Verzeihen nicht gelingen. Wer ein Faible für besondere Theaterveranstaltungen hat, der konnte in den Beruflichen Schulen einen außergewöhnlichen Abend genießen. Wildes Klassiker wurde etwas von der Theatergruppe umgeschrieben und mit einigen Charakteren angereichert.
So boten die ambitionierten jungen Schauspieler auf der Bühne neben Oscar Wildes geschliffenen Dialogen voller Esprit eine hohe schauspielerische Qualität. Ayse Göker, die an diesem Abend als Souffleuse agierte, erzählt: „Schon bei der ersten Leseprobe war die Rollenverteilung klar. Da haben wir großes Glück gehabt.“Es schien, als wären die Laiendarsteller der Schultheatergruppe mit dem Überziehen der historischen Kleider auch mit den zu verkörpernden Charakteren verschmolzen. Jede Betonung, jede Geste, ja jedes überhebliche Stirnrunzeln saß perfekt.
Die Theatergruppe Incognito steht allen Schülern der BSZ Neusäß offen. Wie Regisseur Daniel Hunold erklärte, ziehen sich die Proben für ein Theaterstück über ein ganzes Schuljahr hin. In die heiße Phase der Vorbereitungen gehen die schauspielbegeisterten Schüler dann nach den Prüfungen zum Fachabitur beziehungsweise allgemeinen Abitur.