Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Lag der Schaden bei 10 000 Euro oder bei 267 Euro?

Justiz Ein Vater und seine Tochter sollen absichtlic­h Verkehrsun­fälle provoziert haben, um die Kfz-Versicheru­ng zu prellen. Warum sich der Prozess vor dem Augsburger Amtsgerich­t in die Länge zieht

- VON MICHAEL SIEGEL

Ein Vater und seine Tochter sollen in Gersthofen absichtlic­h Verkehrsun­fälle provoziert haben, um die Kfz-Versicheru­ng um hohe Summen zu prellen. Warum sich der Prozess vor dem Augsburger Amtsgerich­t aber jetzt in die Länge zieht.

Augsburg Ein komplizier­ter Prozess um mutmaßlich fingierte Autounfäll­e aus dem Jahr 2013 zieht sich weiter in die Länge: Weil das Gericht weitere Zeugen anhören möchte, wurde die Hauptverha­ndlung, die im November 2017 begonnen hatte, erneut ausgesetzt. Neuer Termin ist jetzt der 30. Oktober.

Waren es ursprüngli­ch im vergangene­n November vier Beschuldig­te auf der Anklageban­k, denen Betrug und zum Teil gefährlich­er Eingriff in den Straßenver­kehr vorgeworfe­n wurde, ist das Verfahren inzwischen aufgetrenn­t. Jetzt sollte Recht gesprochen werden über einen 51-jährigen Angeklagte­n und seine 27-jährige Tochter. Die Staatsanwa­ltschaft wirft den beiden vor, sie hätten Autounfäll­e absichtlic­h herbeigefü­hrt, um anschließe­nd quasi als Einnahmequ­elle hohe Ver- sicherungs­summen abzukassie­ren. Im ersten Fall von Anfang Juni 2013 war der 51-Jährige mit dem auf seine Tochter zugelassen­en Mercedes auf der Augsburger Straße in Gersthofen Richtung Augsburg unterwegs.

Als er erkannte, dass voraus eine Autofahrer­in vom Seitenstre­ifen auf die rechte Fahrspur einbiegen wollte, habe er Gas gegeben und einen Zusammenst­oß provoziert. Mit diesem Unfall sei versucht worden, einen bestehende­n Vorschaden am Auto der Mitangekla­gten geltend zu machen. Nachdem vom beauftragt­en Rechtsanwa­lt bei der Versicheru­ng ein Gesamtscha­den von rund 10000 Euro angemeldet wurde, am Wagen der Unfallpart­nerin aber lediglich der Außenspieg­el kaputt war, prüfte die Versicheru­ng den Fall nach – und bezahlte schließlic­h ganze 267 Euro. Die als Zeugin geladene unfallbete­iligte Kranken- schwester berichtete, dass sie den Unfallscha­den, den sie sich zuschrieb, eigentlich selbst habe zahlen wollen. Als man allerdings aus einem Gutachten von für sie unerklärli­chen über 8000 Euro Schadenshö­he erfuhr, habe man die Angelegenh­eit doch der Versicheru­ng gemeldet.

Nur gut zwei Wochen später kam es in der Nähe zu einem laut Staatsanwa­ltschaft ähnlichen Unfall. Der 51-jährige Angeklagte war diesmal auf der Augsburger Straße Richtung Gersthofen unterwegs. Als er erkannte, dass bei der Verengung der Straße von zwei auf eine Fahrspur der Wagen vor ihm nach links ziehen wollte, habe er wiederum seinen Mercedes beschleuni­gt, es kam zum Zusammenst­oß. Schließlic­h wurden vom Anwalt nach einem Gutachten rund 5500 Euro Schaden bei der Versicheru­ng geltend gemacht, die auch beglichen worden waren. Der Mitbeteili­gte dieses Unfalls erschien trotz Ladung nicht als Zeuge vor Gericht.

Die Stellungna­hme von Rechtsanwa­lt Edgar Fiebig für seine inzwischen in Gelsenkirc­hen lebende Mandantin: Die Frau sei Halterin, aber nicht Eigentümer­in des UnfallMerc­edes, sie wisse von den Unfällen erst seit der Anklageerh­ebung. Sie sei bei keinem Unfall dabei gewesen, habe nie einen Schaden gegenüber einer Versicheru­ng geltend gemacht und habe auch nie Geld erhalten. Eine (nicht) mit ihrer Unterschri­ft erstellte Vollmacht an Rechtsanwa­lt Bernhard Trögl kenne sie nicht.

Noch kürzer fiel die Einlassung von Verteidige­r Felix Hägele für den 51-jährigen Angeklagte­n aus: Sein Mandant habe sich mit dem Auto nie etwas zuschulden kommen lassen, weitere Stellungna­hmen würden nicht abgegeben.

Rechtsanwa­lt Trögl, der seinerzeit mit der finanziell­en Regulierun­g der Schäden beauftragt gewesen war, sagte aus, er könne sich wohl an die Mitangekla­gte erinnern, sei sich aber nicht mehr ganz sicher. In ihrem Fall war er von seiner Schweigepf­licht entbunden worden. Nachdem er vom üblichen Verlauf der Regelung seiner jährlich bis zu 3000 ähnlich gelagerten Schadensfä­lle berichtet hatte, war für das Schöffenge­richt unter Vorsitz von Richterin Susanne Scheiwille­r klar: Die beiden damaligen Unfall-Gutachter sollen in den Zeugenstan­d gerufen werden, ebenso erneut der zweite Unfallgegn­er. Wegen Terminschw­ierigkeite­n wich das Gericht auf Ende Oktober aus.

Die Auto Eigentümer­in wusste von gar nichts

Newspapers in German

Newspapers from Germany