Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Lag der Schaden bei 10 000 Euro oder bei 267 Euro?
Justiz Ein Vater und seine Tochter sollen absichtlich Verkehrsunfälle provoziert haben, um die Kfz-Versicherung zu prellen. Warum sich der Prozess vor dem Augsburger Amtsgericht in die Länge zieht
Ein Vater und seine Tochter sollen in Gersthofen absichtlich Verkehrsunfälle provoziert haben, um die Kfz-Versicherung um hohe Summen zu prellen. Warum sich der Prozess vor dem Augsburger Amtsgericht aber jetzt in die Länge zieht.
Augsburg Ein komplizierter Prozess um mutmaßlich fingierte Autounfälle aus dem Jahr 2013 zieht sich weiter in die Länge: Weil das Gericht weitere Zeugen anhören möchte, wurde die Hauptverhandlung, die im November 2017 begonnen hatte, erneut ausgesetzt. Neuer Termin ist jetzt der 30. Oktober.
Waren es ursprünglich im vergangenen November vier Beschuldigte auf der Anklagebank, denen Betrug und zum Teil gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr vorgeworfen wurde, ist das Verfahren inzwischen aufgetrennt. Jetzt sollte Recht gesprochen werden über einen 51-jährigen Angeklagten und seine 27-jährige Tochter. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden vor, sie hätten Autounfälle absichtlich herbeigeführt, um anschließend quasi als Einnahmequelle hohe Ver- sicherungssummen abzukassieren. Im ersten Fall von Anfang Juni 2013 war der 51-Jährige mit dem auf seine Tochter zugelassenen Mercedes auf der Augsburger Straße in Gersthofen Richtung Augsburg unterwegs.
Als er erkannte, dass voraus eine Autofahrerin vom Seitenstreifen auf die rechte Fahrspur einbiegen wollte, habe er Gas gegeben und einen Zusammenstoß provoziert. Mit diesem Unfall sei versucht worden, einen bestehenden Vorschaden am Auto der Mitangeklagten geltend zu machen. Nachdem vom beauftragten Rechtsanwalt bei der Versicherung ein Gesamtschaden von rund 10000 Euro angemeldet wurde, am Wagen der Unfallpartnerin aber lediglich der Außenspiegel kaputt war, prüfte die Versicherung den Fall nach – und bezahlte schließlich ganze 267 Euro. Die als Zeugin geladene unfallbeteiligte Kranken- schwester berichtete, dass sie den Unfallschaden, den sie sich zuschrieb, eigentlich selbst habe zahlen wollen. Als man allerdings aus einem Gutachten von für sie unerklärlichen über 8000 Euro Schadenshöhe erfuhr, habe man die Angelegenheit doch der Versicherung gemeldet.
Nur gut zwei Wochen später kam es in der Nähe zu einem laut Staatsanwaltschaft ähnlichen Unfall. Der 51-jährige Angeklagte war diesmal auf der Augsburger Straße Richtung Gersthofen unterwegs. Als er erkannte, dass bei der Verengung der Straße von zwei auf eine Fahrspur der Wagen vor ihm nach links ziehen wollte, habe er wiederum seinen Mercedes beschleunigt, es kam zum Zusammenstoß. Schließlich wurden vom Anwalt nach einem Gutachten rund 5500 Euro Schaden bei der Versicherung geltend gemacht, die auch beglichen worden waren. Der Mitbeteiligte dieses Unfalls erschien trotz Ladung nicht als Zeuge vor Gericht.
Die Stellungnahme von Rechtsanwalt Edgar Fiebig für seine inzwischen in Gelsenkirchen lebende Mandantin: Die Frau sei Halterin, aber nicht Eigentümerin des UnfallMercedes, sie wisse von den Unfällen erst seit der Anklageerhebung. Sie sei bei keinem Unfall dabei gewesen, habe nie einen Schaden gegenüber einer Versicherung geltend gemacht und habe auch nie Geld erhalten. Eine (nicht) mit ihrer Unterschrift erstellte Vollmacht an Rechtsanwalt Bernhard Trögl kenne sie nicht.
Noch kürzer fiel die Einlassung von Verteidiger Felix Hägele für den 51-jährigen Angeklagten aus: Sein Mandant habe sich mit dem Auto nie etwas zuschulden kommen lassen, weitere Stellungnahmen würden nicht abgegeben.
Rechtsanwalt Trögl, der seinerzeit mit der finanziellen Regulierung der Schäden beauftragt gewesen war, sagte aus, er könne sich wohl an die Mitangeklagte erinnern, sei sich aber nicht mehr ganz sicher. In ihrem Fall war er von seiner Schweigepflicht entbunden worden. Nachdem er vom üblichen Verlauf der Regelung seiner jährlich bis zu 3000 ähnlich gelagerten Schadensfälle berichtet hatte, war für das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Susanne Scheiwiller klar: Die beiden damaligen Unfall-Gutachter sollen in den Zeugenstand gerufen werden, ebenso erneut der zweite Unfallgegner. Wegen Terminschwierigkeiten wich das Gericht auf Ende Oktober aus.
Die Auto Eigentümerin wusste von gar nichts