Augsburger Allgemeine (Land Nord)

In einer Woche zur Wasserratt­e

Sport Mehr als die Hälfte der zehnjährig­en Buben und Mädchen kann nicht richtig schwimmen. Die Wasserwach­t und das Landratsam­t wollen etwas dagegen tun. Deshalb springen in diesen Tagen 500 Schüler aus dem Landkreis ins Wasser

- VON MARIA HEINRICH

Dinkelsche­rben/Landkreis Sommerzeit ist Schwimmbad­zeit. Fast nichts ist schöner, als mit den Freunden Arschbombe­n vom Drei-MeterBrett im Freibad zu machen oder auf der Luftmatrat­ze über den Badesee zu kraulen. Doch mittlerwei­le ist es für viele Kinder und Jugendlich­e kein großer Spaß mehr, in der Freizeit schwimmen zu gehen. Denn mehr als die Hälfte aller zehnjährig­en Jungen und Mädchen sind keine sicheren Schwimmer. Das ergab eine repräsenta­tive Forsa-Umfrage.

Martin Gschwilm aus Bobingen, Vorsitzend­er der Wasserwach­t im Landkreis Augsburg, beobachtet diese Entwicklun­g seit vielen Jahren: „Die Kinder können immer schlechter oder auch erst immer später sicher schwimmen.“Und auch die Unfälle nehmen zu: Laut der Deutschen Lebens-RettungsGe­sellschaft ertranken in Bayern im vergangene­n Jahr 86 Menschen. Um etwas dagegen zu tun, haben die Wasserwach­t und das Landratsam­t Augsburg jetzt die sogenannte Schulsport­schwimmwoc­he organisier­t. Fünf Tage lang von Montag bis Freitag, je zwei Stunden pro Einheit, sollen Kinder aus dem Landkreis dabei sicherer schwimmen lernen.

Martin Gschwilm erklärt, was das eigentlich bedeutet: „Wenn Kinder das Schwimmabz­eichen in Bronze vorweisen können, dann kann man davon ausgehen, dass sie sich gefahrlos im Wasser aufhalten können.“Im Laufe der Woche werden die Kinder in den Bädern in Dinkelsche­rben und Bobingen – dort findet dieses Jahr die Schulsport­schwimmwoc­he statt – eben dieses Abzeichen ablegen.

Dazu müssen sie 200 Meter schwimmen, etwa zwei Meter tief tauchen, einen Gegenstand an die Oberfläche holen und aus einem Meter Höhe ins Schwimmbec­ken springen. „Immer weniger Kinder sind dazu in der Lage. Das hat viele Gründe“, erklärt Gschwilm. Als Ursachen vermutet er: Immer mehr Bäder müssten schließen. Außerdem gingen Familien nicht mehr so oft zum Schwimmen, da die Eintrittsp­reise für Familien immer teurer würden. „Viele Kinder haben zudem einen Migrations­hintergrun­d und haben deshalb Probleme beim Schwimmen.“

Zusammen mit seinen ehrenamtli­chen Kollegen von der Kreis-Wasserwach­t will Martin Gschwilm den Kindern helfen. „Wir zeigen ihnen, wie sie das Schwimmen an sich verbessern können. Genauso wichtig sind aber auch theoretisc­he Grundlagen.“Die Kinder müssten zum Beispiel lernen, wie sie richtig einen Notruf absetzen und wie sie anderen und sich selbst in einer gefährlich­en Situation helfen könnten.

Ungefähr 500 Schüler zwischen zehn und zwölf Jahren nehmen an der Schulsport­schwimmwoc­he teil. Vom Nichtschwi­mmer bis zum Vereinssch­wimmer sind alle Kinder vertreten. „Das Tolle ist, dass wir uns gut auf die Kinder verteilen können, weil wir so viele Betreuer sind.“Und die Kinder schließen die Woche mit einem Erfolgserl­ebnis ab: Dem Schwimmabz­eichen in Bronze, das deutschlan­dweit anerkannt ist.

Die Vorteile der Schulsport­schwimmwoc­he sieht auch Anton Schmid aus Gessertsha­usen. Er hatte 2017 bereits die sogenannte Schwimmini­tiative als Vorsitzend­er der Initiative des Bayerische­n Aktionsbün­dnisses für Schulsport organisier­t. Im vergangene­n Jahr gab es einen Modellvers­uch von schwäbisch­en Grund- und Realschule­n. Die Kinder sollten in einer Woche ihre Schwimmfer­tigkeiten verbessern. Der Versuch hatte zur Folge, dass das Kultusmini­sterium ein Schreiben an alle Schulen richtete und den Schwerpunk­t Schwimmen wieder hervorhob.

Anton Schmids Idee hinter der Aktion war: „Schwimmen kompakt in einer Woche zu lernen ist viel effektiver als normaler Unterricht.“Man könne dann mit mehreren Lehrern oder Betreuern gleichzeit­ig mit den Kindern im Becken arbeiten. So hätten auch die Nichtschwi­mmer die Möglichkei­t, in der Schule schwimmen zu lernen. „Denn ein Lehrer mit 25 Schülern kann sich um die Anfänger doch gar nicht richtig kümmern. Im normalen Schwimmunt­erricht bewirkt er doch nichts.“

Die Schulsport­schwimmwoc­he ist für Anton Schmid eine tolle Aktion. „In einer Woche am Stück lernt man einfach mehr.“Und auch der Zeitpunkt ist für den ehemaligen Lehrer ideal: „Denn aus meiner Zeit an der Schule weiß ich ganz genau: In den letzten zwei Schulwoche­n leidet der Unterricht nicht, wenn die Kinder eine Woche lang für ein paar Stunden im Freibad das Schwimmen üben.“

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Florian Maiß und Katharina Gleich von der Wasserwach­t betreuen die Kinder der Schulsport­schwimmwoc­he im Waldfreiba­d Dinkelsche­rben. Nach fünf Tagen können die Kinder dann sogar tauchen und vom Ein Meter Brett springen.
Foto: Marcus Merk Florian Maiß und Katharina Gleich von der Wasserwach­t betreuen die Kinder der Schulsport­schwimmwoc­he im Waldfreiba­d Dinkelsche­rben. Nach fünf Tagen können die Kinder dann sogar tauchen und vom Ein Meter Brett springen.

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