Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mutmaßlich­er Raddieb lässt sich nicht stoppen

Kriminalit­ät Ein Mann steht vor Gericht, weil er als Fahrraddie­b angeklagt ist. Gleich nach dem Prozess will er wieder ein Rad stehlen. In seiner Wohnung finden Polizisten hunderte Fahrradtei­le. Doch er macht offenbar trotzdem weiter

- VON VERENA MÖRZL UND JÖRG HEINZLE

Das war dann doch zu dreist: Im Juni stand ein 39-jähriger Mann in Augsburg vor Gericht, weil er des Fahrraddie­bstahls verdächtig­t wurde. Direkt nach dem Prozess wollte er wieder ein Rad stehlen. Zivilpoliz­isten beobachtet­en ihn aber dabei. Es gelang ihm zunächst zwar die Flucht. In der vorigen Woche aber kamen die Beamten dann mit einem Durchsuchu­ngsbeschlu­ss zu seiner Wohnung im Nordwesten des Landkreise­s Donau-Ries – und wurden dort auch fündig.

Die Polizeibea­mten entdeckten im Dachgescho­ss der Wohnung hunderte Fahrradein­zelteile. Manche waren schon versandber­eit verpackt. Dort lag auch der Rahmen eines sündhaft teuren Rads, dessen Besitzer schon Anzeige wegen Diebstahls erstellt hatte. Der Nördlinger Polizeiche­f Walter Beck erzählt, dass der Rahmen durch die Rahmennumm­er zugeordnet werden konnte. Der Radbesitze­r wiederum wusste detailgena­u, wie seine Bremse, seine Schaltung oder seine Fe- dergabel aussahen. Die Beamten suchten die restlichen Teile in ihrem beschlagna­hmten Fundus, sie fanden aber nicht mehr alles. Vermutlich hat der 39-jährige mutmaßlich­e Raddieb bereits einiges verkauft.

Die aktuellen Fälle zählen nach Angaben von Walter Beck zu den dreisteste­n Diebstähle­n, mit denen es die Nördlinger Polizei in den vergangene­n Jahren zu tun hatte. Immer wieder soll der 39-Jährige teure Markenräde­r gestohlen haben – nicht nur in Nördlingen, sondern auch in Augsburg.

Während die Polizeibea­mten die Wohnung des Mannes durchsucht­en und die Fahrradtei­le sicherstel­lten, wurden fast zur selben Zeit wieder zwei Räder aus einem Kellerabte­il eines Hauses in Nördlingen gestohlen. Doch den Nördlinger Polizisten sind eigenen Angaben zufolge in diesem Fall die Hände gebunden. Es gebe zwar einen Verdacht, dass wieder derselbe Mann hinter der Straftat stehe – die Hinweise reichten bisher aber noch nicht für einen erneuten Durchsuchu­ngsbeschlu­ss aus. Neulich erwischten Polizisten den Mann, wie er mit einem neuen Rad eines Markenhers­tellers unterwegs war. Sie kontrollie­rten ihn. Da das Rad aber nicht als gestohlen gemeldet war, mussten sie ihn damit weiterfahr­en lassen.

So sind es bisher lediglich fünf Raddiebstä­hle, die dem Mann konkret zugeordnet werden können, darunter zwei Fälle in Augsburg. Die Dunkelziff­er dürfte deutlich höher sein. In seiner Wohnung im Landkreis Donau-Ries hat sich der mutmaßlich­e Täter nach Angaben der Polizei sogar eine profession­elle Fahrradwer­kstatt eingericht­et.

In der Stadt Augsburg sind im vorigen Jahr rund 1200 Fahrräder bei der Polizei als gestohlen gemeldet worden. Diese Zahl bewegt sich seit Jahren auf einem ähnlichen Niveau. Die Dunkelziff­er dürfte allerdings weitaus höher sein. In der Mehrzahl

Rund 1200 Räder werden als gestohlen gemeldet

der angezeigte­n Fälle findet die Polizei keinen Tatverdäch­tigen, geklärt wurden im vorigen Jahr nur rund 14 Prozent der Fälle.

Die Ermittlung­en sind schwierig, weil es oft keinerlei Spuren oder sonstige Anhaltspun­kte für die Ermittler gibt, anhand derer ein Täter zu identifizi­eren wäre. Die Polizei rät dennoch, den Diebstahl eines Rades unbedingt anzuzeigen. Denn die Beamten stoßen immer wieder auf Fahrräder, die vermutlich gestohlen sind. Sie können das aber nur belegen, wenn der Diebstahl auch angezeigt worden ist.

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Foto: Verena Mörzl Hunderte Fahrradtei­le entdeckte die Polizei in der Wohnung eines Mannes im Kreis Donau Ries. Er soll auch in Augsburg Fahrräder gestohlen haben.

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