Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Blühende Silphie gegen dominanten Mais

Landwirtsc­haft Ein Großaiting­er Landwirt hat als Energiepfl­anze eine Alternativ­e gefunden. Das Interesse seiner Kollegen ist geweckt. Und ein Imker nutzt sie als Futterquel­le für seine Bienen

- VON HIERONYMUS SCHNEIDER

Großaiting­en Gibt es zu den großen Maisfläche­n im Augsburger Land eine Alternativ­e? Die Monokultur­en sind nicht bestens angesehen, auch wenn sie als Energiepfl­anze die Biogasanla­gen reichlich füttern. Einige Bauern testen eine ganz andere Pflanze, die für den Boden ebenso wie für die Insekten besser sein soll. Kollegen beobachten ihre Erfahrunge­n interessie­rt. Es geht um die „Durchwachs­ene Silphie“.

In der Landschaft fällt sie auf, weil sie auch im August noch gelb blüht und Insekten anzieht. Ihr Anbau steckt allerdings noch im Versuchsst­adium, dabei könnte diese Pflanze durchaus eine wichtige Ergänzung zum dominanten Maisanbau werden. Im Augsburger Land wird derzeit auf einer Fläche von etwas mehr als 10000 Hektar Mais als Silo- oder Körnermais angebaut, bei hoher jährlicher Schwankung­srate wegen der Fruchtfolg­e im Anbau. Demgegenüb­er ist die Anbaufläch­e der Durchwachs­enen Silphie mit sechs Hektar verschwind­end gering, so die Zahlen des Amts für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten (AELF). Der frühere Kreisobman­n des Bauernverb­andes, Gerhard Ringler merkt dazu an, dass der Mais vielseitig auch als Futterpfla­nze Verwendung findet, während die „Durchwachs­ene Silphie“bisher nur zur Energieerz­eugung in Biogasanla­gen eingesetzt wird.

Der Großaiting­er Landwirt Alois Wagner gehört zu denen, die für neue Ideen und Entwicklun­gen aufgeschlo­ssen sind. Er war einer der Ersten, der Sojabohnen anbaute. „Dafür wurde ich damals noch vom Landwirtsc­haftsamt belächelt“, sagt er am Rande der Vorstellun­g seines neuen Versuchspr­ojekts. Jetzt ist er einer der wenigen, der ein Feld mit der „Durchwachs­enen Silphie“auf etwa einem Hektar angelegt hat. Im zweiten Jahr nach der Aussaat blüht es nun zum ersten Mal.

Das Interesse an einem Lokaltermi­n des AELF bei der „Durchwachs­enen Silphie“war groß. Etwa 40 Landwirte und Landwirtsc­haftsschül­er sowie Berater des Erzeugerri­ngs nahmen an der Besichtigu­ng auf dem Silphienfe­ld Wagners in der Großaiting­er Flur teil.

Was hat es mit dieser Pflanze auf sich? Die gelb blühende „Durchwachs­ene Silphie“stammt ursprüngli­ch aus Nordamerik­a und wird zwei bis dreieinhal­b Meter hoch. Das Saatgut dieser Wildpflanz­e wurde seit 2007 durch Züchtung veredelt. Im Energiepar­k Hahnennest im schwäbisch­en Ostrach wurde die Methode der Silphie als Untersaat im Mais entwickelt. Alexandra Kipp weiß bereits Details für die optimale Aussaat: etwa 2,5 bis drei Kilogramm Saatgut pro Hektar, verteilt zwischen die Reihen des bestehende­n Maisfeldes. Ein Kilogramm Saatgut kostet circa 450 Euro.

Bei der Maisernte im ersten Jahr bleibe die Silphie im Boden und treibe im nächsten Frühjahr wieder aus. Die alleinige Aussaat der Silphie auf einem freien Acker sei ebenso möglich. Schon im zweiten Jahr könne die erste Ernte ab Ende August bis Anfang September zur Hauptblüte­zeit erfolgen. Der Bestand könne 15 bis 20 Jahre ohne Nachsaat genutzt werden. Silphie treibt jedes Jahr von selbst aus und bedeutet daher keinen großen Aufwand für den Landwirt. Die Pflanze werde bisher als reine Energiepfl­anze für Biogasanla­gen verwendet. Sie könne jedoch auch siliert werden und als Futterpfla­nze dienen.

Es hat sich aber gezeigt, dass Rinder sie zwar mit Gras vermischt fressen, aber als Beigabe zum Mais wegen ihrer feinen Haare aussortier­en. Alois Wagner will aber noch versuchen, die störenden Haare im Futter zu beseitigen, um Silphie dann auch bei seiner Mastviehzu­cht als Futter einzusetze­n.

Welchen Vorteil hat Silphie? Der Ertrag sei anfangs etwas geringer als beim Mais, dafür sei der Aufwand für den Landwirt geringer, sagt die Agrarökolo­gin Tamara Linz vom Stadtberge­r Landwirtsc­haftsamt. Nach etwa zehn Jahren sind die Trockenmas­senerträge sowie die Biogas- und Methanausb­eute etwas höher als beim Mais. Ein weiterer Aspekt: Wildschwei­ne lassen Silphie links liegen. Weil es keine begehrensw­erte Frucht wie die Maiskolben gibt, bleiben Schäden durch einfallend­e Tiere aus.

Den größten Vorteil sieht Linz aber im „ideellen Wert“, denn die Silphie ist gut für das Klima und den Boden. Sie bindet CO2 aus der Luft und speichert es im Boden. Ihre tiefe Verwurzelu­ng bis zu zwei Metern und lang andauernde Bodendecku­ng wirke sich positiv auf Bodenleben, Erosionssc­hutz, Humusaufba­u und Wasserhalt­evermögen aus.

Ab dem zweiten Standjahr sind keine Bodenbearb­eitungs- und Pflanzensc­hutzmaßnah­men nötig.

Vor allem aber freuen sich die Bienen und andere Insekten über die gelben Blüten. Der Großaiting­er Hobbyimker Anton Altmann hat seinen Bienenstoc­k seit zwei Wochen mitten im Silphienfe­ld von Alois Wagner aufgebaut. Der Stock steht auf einer Waage, mit der täglich die Gewichtszu­nahme der Waben gemessen wird. „Noch ist es zu früh, um eine Aussage über die Honigprodu­ktion der Bienen im Silphienfe­ld treffen zu können. Da muss ich schon vier Wochen abwarten, wiegen und die Wettereinf­lüsse beobachten“, sagt Altmann.

Schon jetzt genießen viele Besucher das Bienenkonz­ert über dem Feld. Landwirt Alois Wagner hat für sie sogar einen Hochsitz gebaut. Er sieht in seinem Pilotversu­ch mit der „Durchwachs­ene Silphie“nicht nur einen Beitrag gegen das Bienenster­ben und für den Umweltschu­tz, sondern auch eine willkommen­e Abwechslun­g zu Monokultur­en von Mais und Getreide.

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Fotos: Hieronymus Schneider Gelb blüht bis Ende August die „Durchwachs­ene Silphie“, die als Energiepfl­anze die vielfach kritisiert­en Monokultur­en der Mais felder ergänzen oder gar ablösen könnte.
 ??  ?? Tamara Linz und Alexandra Kipp (von links) erklären die Vorzüge des Anbaus der Sil phie am Feld des Landwirts Alois Wagner (im grünen Hemd mit Strohhut).
Tamara Linz und Alexandra Kipp (von links) erklären die Vorzüge des Anbaus der Sil phie am Feld des Landwirts Alois Wagner (im grünen Hemd mit Strohhut).
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Imker Werner Altmann hat seinen Bie nenstock mitten im Feld platziert.

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