Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Künstleris­ch auf Leinwand und mit Dosen

Bei den Kunsttagen am Schmuttert­al-Gymnasium wird auch die triste Bahnunterf­ührung in Diedorf verschöner­t

- VON TOBIAS KARRER

Diedorf Die Kunsttage am Diedorfer Schmuttert­al-Gymnasium riecht und hört man schon auf dem Weg durch die Bahnunterf­ührung Richtung Schule. Der beißende Geruch von Sprühfarbe­n fällt auf, noch bevor man die Schüler der 10. Klasse in der Unterführu­ng bei der Arbeit sieht. Mit Schutzmask­en vor Mund und Nase verschöner­n sie die Wände mit Sprühdosen, während eine kleine Box überrasche­nd lauten Hip-Hop spielt. Auf der einen Seite des Tunnels entsteht eine Art Strandszen­e, auf der anderen eine Stadt. Auch das Gesicht von „Heisenberg“, der Figur aus der Kultserie „Breaking Bad“mit Hut und Sonnenbril­le ist zu erkennen.

„In den Motiven sieht man, was die Schüler bewegt“, sagt Christian Ostler vom Augsburger Verein Die Bunten. Er betreut diesen Teil der mittlerwei­le dritten Kunsttage am Diedorfer Gymnasium. Die Schüler hätten im Vorfeld eigene Entwürfe gezeichnet, erklärt Ostler. Dann sei ein gemeinsame­s Konzept entstanden. Dabei habe er den Schülern so viel Freiheit wie möglich gelassen. „Der eigentlich­e Wert des Kunstwerks entsteht für die Schüler erst dann, wenn sie es selbst gestaltet haben“, sagt Ostler. Eine der größten Herausford­erungen für die Truppe sei es gewesen, ihre Ideen auf die große Wand zu bringen. „Normalerwe­ise arbeitet man ja doch mit DIN-A-3-Papieren“, meint der Vertreter der „Bunten“.

Einen zweiten Workshop leitet Harry Meyer, ein weit über die Region hinaus bekannter Künstler. Im Kunstsaal steht Polina Lewin vor ihrem Stillleben. Sie hat sich für ein klassische­s Motiv entschiede­n: eine Vase mit einer Blume, ein Apfel. „Wir sollten Dinge malen, die wir mögen. Ich male auch in meiner Freizeit und habe mich deshalb für die klassische Variante entschiede­n“, erklärt Lewin. Der Künstler betont: „Zweieinhal­b Tage ist sportlich für ein so großes Bild“, doch er ist zufrieden mit dem Fortschrit­t der Gymnasiast­en. „Mich begeistert, mit was für einer Konzentrat­ion hier gearbeitet wird“, betont Meyer.

Zurück an der Bahnunterf­ührung machen Lukas Angerer, Meret Krapf und Pauline Weiß aus der 10. Klasse gerade eine Pause in der Sonne. Angerer hat schon Graffiti-Erfahrung. Von ihm und einem Freund kommt auch die Idee, die Graffiti im Tunnel zu sprayen. „Hier wird sowieso immer gesprüht, aber dann eigentlich nur langweilig­e Slogans“, erklärt er. Angerer hat Spaß an der Aktion und freut sich vor allem über „die Anleitung von Profis“. Ähnlich geht es Meret Krapf und Pauline Weiß. Spaß macht die Aktion beiden und Krapf sagt: „Es ist toll zu sehen, wie schnell es vorangeht.“Der Kunstlehre­r und Organisato­r der Kunsttage, Michael Hinterleit­ner, betont, dass ein gutes Graffito vor Vandalismu­s schütze. Das bestätigt auch Christian Ostler: „Wir hatten heute Nacht zwar schon einen, der ‚Erster‘ an die Wand geschriebe­n hat, zum Glück aber mit Kreide.“Die Erfahrung der „Bunten“in Augsburg zeige, dass „es eine Hackordnun­g gibt“, so Ostler. Ein gutes Kunstwerk würde mit großer Wahrschein­lichkeit nicht mit Slogans oder Tags übersprüht. Für Hinterleit­ner ist Graffiti „ein Jugendthem­a.“Schon in den letzten Jahren sei das Sprayen Teil der Kunsttage gewesen. Erst entstanden die Kunstwerke auf Transparen­t, dank der Zustimmung der Gemeinde darf in diesem Jahr in der Unterführu­ng gesprüht werden.

Die „Künstler“, die die Unterführu­ng Anfang des Jahres wild besprüht hatten, konnten übrigens nicht gefasst werden, obwohl die Gemeinde sogar eine Belohnung für Hinweise auf den Täter ausgesetzt hatte. Bauamtsmit­arbeiter Denis Zimmermann hofft nun, dass sich das Thema erledigt hat, jetzt, wo es das offizielle Graffito gibt.

Alles in allem ist Hinterleit­ner begeistert, „dass nach Notenschlu­ss trotzdem noch so intensiv gearbeitet wird.“Bisher hat er mit den Kunsttagen nur gute Erfahrunge­n gemacht. „Ich bin froh über diesen Freiraum hier an der Schule und natürlich über die Unterstütz­ung des Fördervere­ins, ohne den die Kunsttage kaum möglich wären“, sagt der Kunstlehre­r abschließe­nd.

 ?? Fotos: Marcus Merk ?? Bei den Kunsttagen am Schmuttert­al Gymnasium in Diedorf gibt Künstler Harry Mey er der Schülerin Polina Lewin Tipps für ihr Stillleben.
Fotos: Marcus Merk Bei den Kunsttagen am Schmuttert­al Gymnasium in Diedorf gibt Künstler Harry Mey er der Schülerin Polina Lewin Tipps für ihr Stillleben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany