Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Geburtssta­tion: „Da kommt kein Geld“

Debatte Bei einem Vortrag für Senioren muss Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml kritische Fragen zu den Wertachkli­niken beantworte­n.

- VON VERONIKA LINTNER

Graben Eigentlich wollte Bayerns Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml über die Gesundheit von Senioren sprechen. Über Vorsorge und Pflege, über die Digitalisi­erung auf dem Gesundheit­ssektor wollte sie diskutiere­n. Es ist zunächst auch ein ruhiger Termin, an diesem Nachmittag im Bürgerhaus Graben vor dem Kreisverba­nd der CSU-Senioren. Doch als Bernhard Albenstett­er, Ortsvorsit­zender der Schwabmünc­hner CSU, in der Fragerunde das Mikrofon ergreift, ändert sich das Thema – und das Temperamen­t der Diskussion. Eine vehemente Debatte beginnt. Sie dreht sich um die Geburtenst­ation an den Wertachkli­niken.

Der Brief, den Albenstett­er vor etwa zwei Wochen von Huml erhalten hat, liegt griffberei­t vor ihm auf dem Tisch. Es ist das Schreiben, mit dem die Absage kam: Die Krankenhäu­ser in Schwabmünc­hen und Bobingen werden nicht in das Förderprog­ramm „Geburtshil­fe Bayern“aufgenomme­n. Albenstett­er hakt bei der Ministerin nach – doch die beharrt auf ihrem Standpunkt. Die Kliniken genügen nicht den Kriterien des Programms. Punkt. Der Freistaat fördert Geburtssta­tionen, wenn sie zwei Bedingunge­n erfüllen: Sie müssen zwischen 300 und 800 Geburten im Jahr nachweisen – und zugleich 50 Prozent der Geburten im Landkreis betreuen.

Doch die Wertachkli­niken fallen aus diesem Raster. Beim ersten Kriterium erfüllen sie das Soll. „Zwischen 400 und 500 Geburten waren es in den vergangene­n Jahren immer“, sagt Albenstett­er. Er appelliert an Huml: „Wir bitten Sie, von der 50-Prozent-Regel abzurücken. Es ist uns unmöglich, diese Hürde zu übertreffe­n.“Beide Wertachkli­niken decken gemeinsam 39 Prozent der Geburten im Landkreis ab. Huml, die sich in ihrem Vortrag ruhig und gelassen präsentier­t hatte, erwidert an diesem Punkt energisch. Sie betont, dass die Förderung eine freiwillig­e Leistung sei. Eigentlich entscheide der Kostenträg­er, ob das Defizit einer Klinik getragen werde – und das sei in diesem Fall der Landkreis. 85 Prozent des Defizits übernimmt der Kreis als Hauptkoste­nträger. Zweimal 7,5 Prozent entfallen auf die Standorte, die Städte Bobingen und Schwabmünc­hen.

Die bayerische Gesundheit­sministeri­n begründet ihre Kriterien: Die Obergrenze der Förderung liege bei 800 Geburten. Stationen, die diese Marke übertreffe­n, „müsste man gut ohne Förderung betreiben können“. Sie sagt, dass der Freistaat nur dort eingreife, wo etwas nicht funktionie­re. Bei der 50-ProzentReg­el habe sie aber „viel hin und her überlegt“. Doch die Regel sei sinnvoll, da man so diejenigen erreiche, die den größten Bedarf abdecken.

Albenstett­er gibt sich am Ende der Diskussion sachlich und ernüchtert. „Ich habe diese Chance nutzen müssen. Aber die Antworten sind die gleichen“, sagt er und deutet auf den Zettel vor ihm, auf das Schreiben der Ministerin. Sein Fazit des Ministerbe­suchs ist klar: „Da kommt in nächster Zeit kein Geld.“

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Foto: Alexander Kaya In der Geburtenst­ation in Schwabmün chen sieht man solche Bilder nicht mehr – sie ist geschlosse­n.

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