Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein Signal gegen den Trend
NRW-Städte wollen mehr Bootsflüchtlinge aufnehmen
angehörigen müssen einen Antrag bei den jeweils zuständigen deutschen Botschaften oder Generalkonsulaten in ihrem Heimatland stellen und erhalten einen Termin zur Anhörung. In Amman, Beirut und Erbil nimmt die Internationale Organisation für Migration die Anträge entgegen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes liegen bereits 34 000 Terminanfragen aus den vergangenen zwei Jahren vor. Diese sollen nun nach dem Eingangsdatum abgearbeitet werden. Damit wäre rein rechnerisch bereits das NachholKontingent für die nächsten drei Jahre ausgeschöpft.
Welche humanitären Gründe können die Antragsteller geltend machen?
Mögliche Kriterien sind die Dauer der Trennung sowie die Frage, ob es minderjährige Kinder, eine schwere Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit in der Familie gibt. Gute Chancen auf Nachzug bestehen zudem, wenn eine Bedrohung für Leib und Leben vorliegt. Positiv wirkt sich aus, wenn der in Deutschland lebende Angehörige eine eigene Wohnung hat und für seinen Lebensunterhalt selber aufkommen kann. Keinen Familiennachzug gibt es, wenn schwerwiegende Straftaten in Deutschland begangen wurden, der subsidiär Schutzbedürftige keine Bleibeperspektive hat oder die Ehe erst nach der Flucht geschlossen wurde.
Wer prüft das?
Die Botschaften leiten die Visumsanträge nach Deutschland weiter, wo sie zunächst von den jeweils zuständigen Ausländerbehörden geprüft werden. Danach kommt als letzte Instanz eine neue Behörde ins Spiel – das in Köln ansässige Bundesverwaltungsamt, das alle Anträge abschließend bearbeitet. Dafür wurden in der Behörde rund 60 neue Stellen geschaffen. Liegen mehr als 1000 Anträge im Monat vor, legt das Bundesverwaltungsamt fest, wer berücksichtigt wird und wer nicht. Humanitäre Gründe sollen dabei Vorrang genießen.
Wie geht es danach weiter?
Entscheidet das Bundesverwaltungsamt positiv, stellt die jeweilige Botschaft die Einreise-Visa aus. Die Angehörigen haben dann drei Monate Zeit, um nach Deutschland zu kommen. Liegen in einem Monat deutlich mehr als 1000 Anträge vor, haben die Antragsteller die Chance, im nächsten Monat berücksichtigt zu werden. Im Falle einer Ablehnung ist der Klageweg möglich.
Gibt es eine Sonderregelung für die Anfangsmonate, bis die ersten Anträge bearbeitet wurden?
Ja. In diesem Jahr dürfen insgesamt 5000 Familienangehörige nachziehen, auch wenn im August oder September das Kontingent von 1000 Personen nicht ausgeschöpft wird. Ab Januar 2019 gilt dann das Limit von 1000 pro Monat. Das Bundesverwaltungsamt hat darauf zu achten, dass dies eingehalten wird. Augsburg Angela Merkel bekommt viel Post. Immer dann aber, wenn die Zusendungen als offener Brief angelegt sind, geht es dem Absender darum, ein politisches Zeichen zu setzen. So ist es auch in diesem Fall: Die Oberbürgermeister von Köln, Bonn und Düsseldorf haben in ihrem Schreiben an die Bundeskanzlerin die Wiederaufnahme der Seenotrettung im Mittelmeer gefordert, gleichzeitig aber auch angeboten, zusätzlich „in Not geratene Flüchtlinge“aufzunehmen. Bemerkenswert ist, dass die Verfasser aus unterschiedlichen politischen Lagern stammen: Thomas Geisel (Düsseldorf) gehört der SPD an, Ashok Sridharan (Bonn) der CDU, Henriette Reker (Köln) ist parteilos.
Das Trio stemmt sich gegen die vermeintlich vorherrschende Meinung, dass „Zäune und Mauern statt eines gerechten europäischen Verteilsystems die Not der Geflüchteten lösen können“. Merkels Kurs wird unterstützt: „Wir stimmen mit Ihnen überein, dass es eine europäische Lösung für die Aufnahme, die Asylverfahren sowie die Integration oder die Rückführung von Geflüchteten geben muss.“
Das Ausmaß der Tragödie ist gewaltig. Nach Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind seit Jahresbeginn mehr als 1400 Menschen ertrunken. Die Situation hat sich noch verschärft, seit die italienische Regierung Schiffen der internationalen Rettungsmissionen das Einlaufen in italienische Häfen verweigert. Viele Hilfsorganisationen haben ihre Missionen deshalb ausgesetzt.
Wie viele Menschen die drei Städte tatsächlich aufnehmen können und wollen, steht allerdings nicht in dem Brief. Was wäre möglich? Beispiel Köln: Die Stadt verfügt derzeit über rund 5000 Plätze – davon sind nach Auskunft der Behörden etwa 80 Prozent belegt. Danach könnten bis zu 1000 Bootsflüchtlinge zusätzlich in der Domstadt untergebracht werden.
Wie zu erwarten war, ist die Bandbreite der Reaktionen gewaltig: Der Deutsche Städtetag hat das Angebot der Oberbürgermeister als „große Geste“begrüßt. Die AfD in Köln forderte Henriette Reker zum sofortigen Rücktritt auf.