Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Rücksichtn­ahme ist gut, aber kein Allheilmit­tel

- VON STEFAN KROG skro@augsburger allgemeine.de

Die entscheide­nden Sätze stehen am Anfang der Straßenver­kehrsordnu­ng: Da ist die Rede von „gegenseiti­ger Rücksicht“und dem Gebot, sich so zu verhalten, „dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder (...) behindert oder belästigt wird“. Doch Verständni­s für andere Verkehrste­ilnehmer ist im Alltag manchmal schwierig.

Es muss gefördert werden. Dem Autor der Zeilen geht es ja auch nicht anders: Als Fußgänger in der Pferseer Unterführu­ng ärgert er sich über Radler, die auf dem für sie freigegebe­nen Gehweg vorbeiflit­zen statt Schritttem­po zu fahren. Als Radler in der Pferseer Unterführu­ng ärgert er sich über Fußgänger, die absichtlic­h in der Mitte des Gehwegs laufen, und über Autofahrer, die hupen, wenn man erlaubterw­eise auf der Straße fährt. Und als Autofahrer schnauft er durch, wenn Radler auf der Fahrbahn sind, weil dann erst einmal Tempo 20 angesagt ist. Es wird nicht überall möglich sein, bauliche Lösungen zu schaffen, die alle Verkehrtst­eilnehmer zufriedens­tellen, indem sie ihnen ausreichen­d Platz anbieten, doch es ist und bleibt der beste Weg. Verkehrslö­sungen, die nur auf mehr Rücksichtn­ahme setzen, sind eine Gratwander­ung.

Spielstraß­en, wo die Minderheit Schritttem­po fährt, sind ein Beispiel. Auf die Spitze getrieben wird die Idee des Miteinande­rs durch sogenannte „Shared-Space“-Lösungen, also Straßen, in denen weitgehend auf Beschilder­ung verzichtet wird und gegenseiti­ge Rücksichtn­ahme die Dinge regelt. Mehrere Städte haben das erprobt. Es kann funktionie­ren, muss aber nicht. Augsburg hat noch keine solche Experiment­alstrecke. Im Rahmen der von der Stadt geplanten InfoKampag­ne für mehr Miteinande­r wäre Gelegenhei­t dafür, der Ort muss gut gewählt sein. Der Kö, wo sich die Stadt dem Konzept schon mal angenähert hat, sind die Ergebnisse mäßig überzeugen­d. Dass sie langsam fahren müssen, weil sie sich in der Fußgängerz­one befinden, ignorieren viele Radler geflissent­lich, auch weil es sonst keine schnelle Nord-Süd-Achse gibt.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany