Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Hundstage genießen?
Sommer ist es, und ja: wie schön! Das Licht, die lauen Abende und luftigen Textilien, und von mir aus auch das Grillen und so. Aber darum muss man sich ja auch nicht gleich über alles freuen müssen, oder? Und die brütend heißen Hundstage sind ja nun grundsätzlich und nachweislich eine Belastung für den Körper – aber erst recht gilt das für unsere Breiten.
Denn zum einen ist die hiesige Hitze gar nicht mit der in südlichen Ländern vergleichbar, an die und deren irgendwie zauberhaft lähmende Schwere sich sonnenblinde Schwärmer trotzdem erinnert fühlen wollen. Und zum anderen stellt sich spätestens dann heraus, dass unser gesellschaftliches Leben eben so gar nicht auf eine solche Hitze ausgelegt ist. Alle schlafen in jenen kaum abkühlenden Nächten schlechter und deutlich weniger – alle Werktätigen bleiben aber in den üblichen Tagesrhythmus eingebunden. Nix da mit Zweiteilung des Tages, nix da mit Läden dicht und drei, vier Stunden Siesta zum kochenden Mittag, nix da mit sehr spätem Abendessen, halben Nächten im Freien – denn das Büro und der Laden wollen zu den üblichen Zeiten besetzt, die Pakete ausgeliefert, die Gäste bedient sein. Wer also nicht allein schon durch die drückende Hitze seufzen und sich um seinen Kreislauf sorgen muss, der gerät spätestens durch die sonst normale, nun aber beschwerliche Taktung des Lebens ins Schwitzen statt ins Schwelgen. Dazu muss man kein notorischer Wetternörgler, sondern bloß ehrlich sein. Denn zu diesem Schwelgen: Was machen etwa Florentiner in den heißesten Sommertagen? Sie flüchten in kühlere Gefilde, nach Norden. Bloß wir im Norden denken, die Hitze auch noch „genießen“zu müssen. Kennen Sie Ulrich Seidls großartigen Film „Hundstage“? Die heißesten Tage des Jahres: Es ist die Hölle.