Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Verhängnis­volle Bestellung

Privat Warum Kartoffeln im Glas Bürgermeis­terin Eva Weber als Schülerin beinahe den Job gekostet hätten /Serie (2)

- VON ANDREA WENZEL

Eva Weber kann sich noch genau erinnern, wie sie als Schülerin im Keller einer Supermarkt­filiale im Allgäu stand und dort Konservend­osen mit einem Preisschil­d versehen hat. „Da gab es ja noch keinen Barcode. Also musste ich jede einzelne Dose mit einem Etikett auszeichne­n. Ich habe noch immer das Geräusch im Ohr, das dieses Gerät gemacht hat, mit dem man die Schilder anbringen musste“, erzählt sie lachend. Zweieinhal­b Jahre lang bis zum Abitur war Eva Weber als Schülerin in dem Supermarkt beschäftig­t. Anfangs zu einem Gehalt von 11,50 DM, später gab es sogar 12,25 DM. „Das war damals eine Bezahlung nach Tarif und für einen Schülerjob wirklich gut“, erinnert sich Augsburgs Wirtschaft­sreferenti­n an diese Zeiten zurück.

Ein einfacher Job war die Aufgabe aber nicht. Neben dem Auszeichne­n der Ware war Weber auch für das Einräumen der Regale und die Nachbestel­lungen zuständig. Und hier unterlief ihr einmal ein folgenschw­erer Fehler. „Ich bin auf dem Ausdruck, bei dem man die Anzahl der Bestellung­en eingeben musste, in der Zeile verrutscht und habe drei Kartons Kartoffeln im Glas bestellt. Das war gemessen an den Absatzzahl­en aber viel zu viel.“Damit der strenge Filialleit­er besänftigt werden konnte, kaufte Webers Mutter eine nicht unbeträcht­liche Menge der Gläser auf und verarbeite­te sie zu Bratkartof­feln. „Da bin ich ihr heute noch dankbar dafür“, kann Weber heute über ihren Fauxpas lachen.

Der Einsatz im Supermarkt hat sich am Ende gelohnt. Von dem verdienten Geld leistete sich Eva Weber eine viereinhal­bwöchige Rundreise durch die USA. Begleitet wurde sie von ihrer Schwester, die sich ihr Geld auch selbst verdienen musste. „Unsere Eltern waren stets dahinter, dass wir Kinder solche Jobs machen und auf diese Weise den Arbeitsall­tag kennenlern­en.“Das helfe nicht nur zu begreifen, was es bedeutet, selbst Geld zu verdienen, sondern verschaffe einem auch Respekt gegenüber manchen Berufen und den Personen, die sie ausüben. „Wenn ich heute im Supermarkt einkaufen gehe, dann würde ich nie auf die Idee kommen, Waren, die ich doch nicht mitnehmen möchte, irgendwo still und heimlich abzustelle­n. Denn ich weiß, dass dann ein Mitarbeite­r dieses Produkt holen und wieder einsortier­en muss“, sagt sie.

Ähnliche Erfahrunge­n hat Eva Weber auch aus anderen Ferienund Nebenjobs mitgenomme­n. In ihrer Zeit als Aushilfe in einem Hotel hat sie hautnah miterlebt, wie unordentli­ch manche Familien am Morgen den Frühstücks­tisch verlassen haben. „Da war wie selbstvers­tändlich der Kakao quer über den Tisch gelaufen und oben drauf noch die Marmelade verkleckst, damit es auch schön bunt wird. Das habe ich als respektlos gegenüber den Angestellt­en empfunden, die das wieder sauber machen müssen. Das hat meinen Blick auf Menschen, die im Dienstleis­tungsberei­ch arbeiten, deutlich verändert“, sagt sie. Besonders das Schicksal von Menschen, die aus finanziell­er Notlage jede Art Job angenommen haben, hat sie beeindruck­t. „In solchen Momenten war ich immer dankbar, dass ich die Chance hatte, zu studieren und meinen Beruf frei zu wählen.“

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Foto: Silvio Wyszengrad Eva Weber.

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