Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein schwierige­r Balanceakt in Uniform

- VON MARCUS BÜRZLE mb@augsburger allgemeine.de

men und sich im Halbkreis um die beiden „Lagerfeuer­sünder“aufbauen. Katharina und Lewin wollten einen netten Abend zu zweit verbringen – jetzt müssen sie ihr Feuer löschen und das Grillfleis­ch wieder einpacken. Die junge Frau hat sich über das Auftreten des Ordnungsdi­enstes erschreckt. „Das war seltsam, als wir plötzlich von so vielen Männern umzingelt wurden, ich wusste gar nicht, was los ist“, berichtet sie.

Das massive Auftreten des Teams fällt an diesem Abend auch anderen Augsburger­n unangenehm auf. Während ein Mitarbeite­r des Ordnungsdi­enstes kontrollie­rt oder jemanden belehrt, stehen die anderen mit ernster Miene daneben. Der Ordnungsdi­enst ist höflich und korrekt, trotzdem fühlen sich einige durch die pure Zahl an Uniformier­ten unwohl.

Markus Kragler ist einer der dienstälte­sten Mitarbeite­r des Ordnungsdi­enstes. Seit 2006 sorgt er auf den Straßen für Ordnung. Für ihn bedeutet die große Anzahl von Kollegen an seiner Seite vor allem Sicherheit. „Bisher ist ja alles fried- lich, aber wenn wir eine Gruppe von betrunkene­n Jugendlich­en haben, sind wir froh, wenn wir zu siebt unterwegs sind“, sagt er. Auch bei der Kontrolle von größeren Gruppen hätten sich die Teams bewährt.

Der Kuhsee ist kurz vor Einbruch der Dunkelheit noch gut bevölkert. Mehrfach kommt der Ordnungsdi­enst an erloschene­n Grills vorbei, wo die Menschen bereits mit dem Essen fertig sind. Hier gibt es eine Ermahnung mit dem Hinweis, den Grill auf keinen Fall noch einmal anzuzünden. Häufiger stoßen die Kontrolleu­re hier auf Raucher. Auch wenn das Rauchen nicht verboten ist, gibt es die Ermahnung, die Kippe gut zu löschen und nicht in die Landschaft zu werfen. Eine besondere Art der Raucher sind die immer populärer werdenden Shishas. Auch am Kuhsee findet man an diesem Abend zwei dieser arabischen Wasserpfei­fen.

Unter einer Fichte sitzt ein Mann und bläst Rauchkring­el in die Luft. Auf den Zusammenha­ng von Waldbrandg­efahr und dem Kohlebecke­n seiner Pfeife ist er offenbar nicht gekommen. Er zeigt sich einsichtig und löscht die Pfeife sofort. „Ich habe davon im Radio gehört, aber nicht gedacht, dass die Shisha auch gefährlich ist“, sagt er. „Sie haben mich ja nett darauf hingewiese­n – für mich ist das kein Thema.“

Auf einer Bank am Kuhsee sitzen vier ältere Leute, die gemeinsam den lauen Sommeraben­d genießen. Teelichter in kleinen Glasbehält­ern spenden flackernde­s Licht. Allerdings nur solange, bis die Männer vom Ordnungsdi­enst vorbeikomm­en – dann ist es mit der Sommerroma­ntik vorbei. Die Kerzen werden gelöscht und die Leute sitzen im Dunkeln. Als Spielverde­rber fühlt sich Denis Horn bei seiner Arbeit nicht. „Wir haben Gesetze, für mich gibt es Schwarz oder Weiß, Ja oder Nein“, erklärt er. Es sei die Arbeit des Ordnungsdi­enstes, die Verordnung­en und Satzungen der Stadt anzuwenden. Ermessen oder Toleranz könne es da nicht geben. „Was wir durchzuset­zen haben, setzen wir durch“, ist das Motto des Ordnungsdi­enstes. Das bekommen auch noch einige Radler zu spüren, die zu später Stunde vergessen haben, ihr Licht einzuschal­ten. »Kommentar

Die Frauen und Männer des Ordnungsdi­enstes haben einen schwierige­n Job. Sie müssen gleich in mehrere Richtungen balanciere­n. Auf der einen Seite gibt es auch von vielen Bürgern den Wunsch nach Sicherheit und Ordnung. Und wenn es ums Grillverbo­t wegen der erhöhten Waldbrandg­efahr geht, lässt sich auch gar nicht diskutiere­n. In vielen anderen Fällen steht dem Wunsch nach Ordnung die Freiheit der Bürger gegenüber, die den Dienst am Ende bezahlen. Wann schreite ich ein – wann drücke ich ein Auge zu? Und wie muss ich auftreten?

Das ist der zweite Balanceakt. Wer sich als Ordnungsdi­enst einer Gruppe betrunkene­r Jugendlich­er gegenüber sieht, ist froh, noch einige Kollegen um sich zu haben. Das massive Auftreten ist die verständli­che Reaktion auf eine mögliche Gefahr. Wer möchte es den Mitarbeite­rn verdenken? Zugleich muss die Frage erlaubt sein, ob es nicht ein Zuviel an Präsenz geben kann. Wenn verbotener­weise grillende Augsburger sich unwohl fühlen, weil gleich sieben Uniformier­te ihres Ordnungsdi­enstes antreten, muss man auch das Ernst nehmen. Vielleicht gibt es ja einen Mittelweg. Die Polizei setzt zum Beispiel bei Demonstrat­ionen auf Kommunikat­ionsteams, die ganz bewusst zurückhalt­end auftreten. Mit Erfolg.

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Fotos: Annette Zoepf Am Lech grillen drei Männer Würstel. Unter dem Blick des Ordnungsdi­enstes müssen sie die Glut löschen.
 ??  ?? Das Ende eines Abends zu zweit – das Lagerfeuer wird mit Wasser übergossen.
Das Ende eines Abends zu zweit – das Lagerfeuer wird mit Wasser übergossen.
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Mit Kerzen haben es sich einige Men schen gemütlich gemacht.
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