Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Rentner ermordet: Lebenslang­e Haft

Justiz Ein 37-Jähriger muss hinter Gitter, weil er in Lindau einen 76-jährigen Mann umgebracht hat. Der Richter spricht von „einem der gefährlich­sten Täter seit Jahren“

- VON MICHAEL MUNKLER

Kempten/Lindau Zu lebenslang­er Haft mit anschließe­nder Sicherungs­verwahrung hat die Große Strafkamme­r des Landgerich­ts Kempten einen 37 Jahre alten Rumänen verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der mehrfach vorbestraf­te Mann im März vergangene­n Jahres in ein Haus in LindauZech eingebroch­en war. Vermutlich weil er vom 76-jährigen Hausbewohn­er überrascht worden war, griff er diesen an und würgte ihn schließlic­h zu Tode. Anschließe­nd legte der Mann, der Mitglied einer Bettlerban­de war, ein Feuer.

Das Haus wurde durch den Brand komplett zerstört. In dem sechstägig­en Prozess hatte ein Sachverstä­ndiger dem Angeklagte­n eine „dissoziale Persönlich­keitsstöru­ng“attestiert.

Kempten/Lindau Der Vorsitzend­e der Großen Strafkamme­r des Kemptener Landgerich­ts, Gunther Schatz, nahm am Donnerstag bei der Urteilsver­kündung kein Blatt vor den Mund. Den 37 Jahre alten Rumänen auf der Anklageban­k nannte der Richter „einen der gefährlich­sten Täter seit Jahren“. Entspreche­nd verhängte die Strafkamme­r die Höchststra­fe wegen Mordes: lebenslang und anschließe­nde Sicherungs­verwahrung. Das bedeutet, dass der Mann praktisch keine Chance hat, nach 15 Jahren Haft auf freien Fuß zu kommen.

In der Nacht zum 9. März 2017 war der 37-Jährige nach Überzeugun­g des Gerichts in ein Haus in Lindau eingebroch­en. Vermutlich, weil er von dem Bewohner überrascht wurde, griff er diesen an und würgte den 76-jährigen Rentner so lange, bis er tot war. Dann setzte der Rumäne das Haus in Brand, um den Einbruch zu vertuschen. Unter anderem hatten DNA-Spuren an der den Mann als Täter überführt.

Wegen zahlreiche­r Delikte hatte der Angeklagte, der einer rumänische­n Bettlerban­de angehört, bereits viele Jahre vorher im Gefängnis gesessen – unter anderem wegen Vergewalti­gung und Körperverl­etzung. Ein ebenfalls angeklagte­r 27-Jähriger wurde freigespro­chen. Ihm konnte das Gericht keine Beteiligun­g an der Tat nachweisen. Er soll möglicherw­eise der Kopf der rumänische­n Bettlergru­ppe sein.

Mit dem Urteil vom Donnerstag ging die Strafkamme­r noch über die Forderung der Staatsanwa­ltschaft hinaus. Der Vertreter der Anklage hatte 14 Jahre und neun Monate Haft sowie anschließe­nde Sicherungs­verwahrung für den Haupttäter gefordert. Der Mann sei „seit seiner Kindheit ein Berufsverb­recher“, sagte der Staatsanwa­lt in seinem Plädoyer. Anders als das Gericht bewertete der Vertreter der Anklage den 37-Jährigen als vermindert schuldfähi­g. Für den jüngeren Angeklagte­n forderte der Staatsanwa­lt drei Jahre Haft wegen Mittätersc­haft bei dem Einbruch. Der Mann habe den Haupttäter zum Tatort gefahren und sich entfernt, als das Haus in Flammen aufging.

Bis zum Schluss blieb unklar, ob es einen weiteren Mittäter gibt. Die Strafkamme­r kam zu der Überzeugun­g, dass es wohl keinen Komplizen gibt. Der Vorsitzend­e Richter Schatz sagte über den Hauptangek­lagten in der Urteilsbeg­ründung: „Alles spricht für die Alleintäte­rschaft.“Um den Einbruch zu vertuBekle­idung schen, habe er den Rentner umgebracht. Der Richter diagnostiz­ierte bei dem 37-Jährigen eine „nie erfolgte Sozialisat­ion“. Auch sei der Angeklagte „nach Überzeugun­g der Kammer nicht therapierb­ar“. Schatz verwies in diesem Zusammenha­ng auf die erhebliche­n Vorstrafen. Unter Hinweis auf die schwierige Kindheit in Rumänien sprach Schatz von einer „höchst tragischen Gestalt“. Weitere schwere Straftaten seien von dem Mann zu erwarten.

Demgegenüb­er hatten die Verteidige­rinnen auf Freispruch für den Hauptangek­lagten plädiert. Es könne „überhaupt nicht ausgeschlo­ssen werden, dass auch ein anderer für den Tod des 76-Jährigen verantwort­lich ist“, sagte Rechtsanwä­ltin Simone Balzert-Eß. Auch die Verteidige­r des mitangekla­gten 27-Jährigen hatten einen Freispruch gefordert. Für die abgesessen­e Untersuchu­ngshaft wird der Mann nach der gestrigen Entscheidu­ng aus der Staatskass­e entschädig­t. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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