Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Musik voller paradiesischer Schönheit
Konzert Am Friedensfest führte der Madrigalchor sehr berührend den Lobgesang von Felix Mendelssohn in St. Anna auf
So sehr sich Freiherr von Goethe bei Schubert irrte, so recht hatte er bei dem jungen Felix Mendelssohn: „Du hast genug, halt’s fest!“, sagte Goethe zu dem 12-jährigen Sonnenkind. Goethe, der Mozart noch selber gehört hatte, gab Felix im Vergleich mit dem Salzburger Wunderkind sogar den Vorzug.
Das Leben und Schreiben Felix Mendelssohns (1809–1847) ist mit Bach und Mozart eng verknüpft. Wolfgang Amadé ist er in seiner Tonsprache teils so nahe, als wäre er dessen musikalische Reinkarnation im romantischen Zeitalter. Und der Thomaskantor Bach klingt bei Mendelssohn immer wieder durch. Mit ihm ist er aufgewachsen, ihm verschaffte er eine Renaissance. Trotz dieser hörbaren Wurzeln gelang es ihm, eine bezwingend eigene unverwechselbare Musik zu erschaffen.
So auch in seinem Lobgesang op.
52, einer SinfonieKantate nach Worten der Heiligen
Schrift, die als Festkonzert zum Hohen Friedensfest jetzt in St. Anna erklang. Das Auftragswerk, 1840 in Leipzig uraufgeführt, entstand anlässlich des Jubiläums 400 Jahre Buchdruck. Mendelssohns Musik strahlt eine berührende Milde, gar Liebe aus, gepaart mit paradiesischem Schönheitssinn auch und gerade in den Orchesterfarben, sogar noch in marschierenden, triumphal tosenden Partien. Lauter als bei der grandiosen Aufführung des Madrigalchors und der Capella St. Anna unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Michael Nonnenmacher wurde es in St. Anna wohl noch nie.
Dazu kommt eine handwerkliche Meisterschaft, die wiederum an Mozart denken lässt. Die ungewöhnliche Form des Lobgesangs, eine Sinfonie-Kantate, ließ schon die Zeitgenossen an Beethovens Neunte denken und sie nahmen es ihm übel: „Ein Stück blödester Unbefangenheit“ urteilte ausgerechnet Richard Wagner. Dabei klingt Mendelssohn in seiner Kantate mehrmals nach Wagner – lange vor dessen Blüte und ohne sein Pathos. Auch im berührend sehnsüchtigen tänzerischen Allegretto des ersten Teils, der Sinfonia, wird die unendliche Melodie zelebriert. Die All-Sehnsucht nach der blauen Blume, dem Unerklärlichen, das Streben nach Licht prägt das Konzertstück und verleiht ihm sakrale Eindrücklichkeit.
So auch im Festkonzert. Höchstes Lob gebührt den Interpreten in St. Anna. Unter Michael Nonnenmacher spielte die Capella St. Anna (Orgel: Barbara Bachmayr) – besonders die Holz- und Blechbläser – packend farbig, kantabel, plastisch. Vor allem im Choral zeigte der Madrigalchor sein ausgeglichenes, homogenes Klangbild und die deutliche Aussprache.
Die drei Solisten sangen lyrisch und stimmschön: Der weich klingende Tenor Daniel Karrasch fusionierte im Duett mit Sopranistin Susanne Simenec zur reinen Harmonie. Gleiches galt für die beiden Frauenstimmen: Als Solistin überstrahlte Simenec mühelos und klangschön beide Klangkörper und ergab mit der dunkler timbrierten, ebenfalls betörend wohlklingenden Stephanie Hampl ein beseligtes Duett. Eine begeisternde Aufführung eines begeisterten Werkes.