Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Es geht um Geschäfte
spinnerei war eine der großen Augsburger Textilfabriken. Zu ihren besten Zeiten standen Tausende Arbeiter an den Spindeln. Bedeutende Architekten der damaligen Zeit wie Jean Keller gaben dem weitläufigen Fabrikgelände ein einheitliches Erscheinungsbild mit attraktiven Gebäuden. Die Reste der historischen Bausubstanz gruppieren sich heute vor allem entlang der zentralen Verbindungsachse durchs Gelände, an der alten Fabrikstraße. Dort, gegenüber dem mächtigen Kesselhaus mit dem hohen Schornstein, steht auch der Gebäudetrakt von La Fontana Due.
Leser unserer Zeitung verfolgen das Vorhaben mit Interesse. Einige wundern sich aber über einen aus ihrer Sicht unsensiblen Umgang mit dem Baudenkmal. Die historische Ostfassade der Fabrikhalle sei „regelrecht zerlegt und mit Fenstern durchlöchert“worden, so die Kritik. Dabei gebe es doch hohe Aufla- für den Denkmalschutz. Was sagen Experten dazu?
Das Projekt wird von der städtischen Denkmalpflege und von Stadtheimatpfleger Hubert Schulz begleitet. Er spricht von einem „möglichen Umgang“mit einem Denkmal. Um das Gebäude neu nutzen zu können, seien Veränderungen nötig. Die rund 70 Fenster seien erforderlich, damit die Wohnungen ausreichend Licht bekommen. Auch die Durchbrüche für die Läden im Erdgeschoss hält der Heimatpfleger für vertretbar. Probleme sieht er allenfalls bei Details. Der Hintergrund: La Fontana Due hatte bei der Planung anfangs nachbessern müssen. Im zweiten Anlauf wurde für den architektonischen Entwurf ein international renommiertes Büro engagiert: Hillmer & Sattler aus München.
Schulz spricht von einem „sehr feinfühligen Entwurf“. Die Stadt genehmigte dann auch die Planung. Anschließend wurde jedoch ein anderes Büro mit der Ausführung beauftragt. Der Heimatpfleger sagt, „das Architekturniveau konnte nicht in allen Details gehalten werden“. Bedarf für Nachbesserungen sah er zuletzt bei den Fenstern. Dort habe es Diskussionsbedarf mit dem Bauträger gegeben. Insgesamt sei er mit dem Ergebnis denkmalpflegerisch aber nicht unzufrieden: „Es muss auch mutige Leute geben, die Geld in die Hand nehmen und mit alter Bausubstanz umgehen.“
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege. Die Arbeiten seien in Abstimmung erfolgt, sagt Alexandra Beck von der Pressestelle – das gelte auch für die Fenster in der Mauer im Osten. „Denkmalschutz bedeutet nicht, dass ein Gebäude nicht verändert werden darf“, sagt sie. Vielmehr sei es wünschenswert, dass Baudenkmäler genutzt werden und so für die Nachgen welt erhalten bleiben. Aus Sicht der Denkmalbehörde sollen dabei die historischen Besonderheiten des Baus bewahrt werden, Kompromisse müssten aber eingegangen werden. Beck: „Die Fenster in die Ostseite zu integrieren, war solch ein Kompromiss, um das Denkmal durch Umnutzung in Wohnraum erhalten zu können.“»Kommentar
Eine Stadt mit Geschichte sollte unverwechselbar sein. Und zu einem unverwechselbaren Stadtbild tragen vor allem historische Gebäude bei. Deshalb ist es so wichtig, sie zu erhalten. Ein Baudenkmal, das verfällt, nutzt aber auch niemandem. Es muss neu belebt und verträglich genutzt werden. Das passiert jetzt auch mit der alten Fabrikhalle gegenüber dem Kesselhaus auf dem AKS-Gelände, deren Bausubstanz lange marode war und zum unschönen Anblick wurde.
Wünschenswert ist, Baudenkmäler möglichst sensibel zu modernisieren und respektvoll mit ihrer Geschichte umzugehen. Im Fall der alten AKS-Fabrikhalle hat es einen sehr schönen Planungsentwurf gegeben. Gut wäre es gewesen, hätte das renommierte Planungsbüro den Entwurf auch dann auch selbst realisieren dürfen.
Andererseits ist es legitim und nicht selten, dass Bauträger hochgelobte Entwürfe eines Architekten später von einem anderen Büro realisieren lassen. Denn klar ist auch: Immobilienentwickler schauen aufs Geld, es geht um lukrative Geschäfte.