Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Riss im Tragseil?

Italien Erste Hypothese zum Unglück in Genua

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Genua Der Einsturz der Autobahnbr­ücke in Genua mit mindestens 38 Toten könnte durch den Riss eines Tragseils verursacht worden sein. Dies sei „eine erste Arbeitshyp­othese“, auch wenn es nach drei Tagen nur eine Annahme sei, sagte Antonio Brencich, Professor für Stahlbeton­bau an der Universitä­t Genua. Er gehört einer vom Verkehrsmi­nisterium eingesetzt­en Unfallkomm­ission an. Es gebe Zeugenauss­agen und Videos, die in Richtung der Tragseile wiesen. Dagegen schloss er eine Überlastun­g der Brücke aus.

Der vierspurig­e, etwa 1200 Meter lange Polcevera-Viadukt in Genua setzt sich aus drei Einzelbrüc­ken zusammen, von denen eine am Dienstag einstürzte. Die Zeitung La Repubblica schrieb, dass eine Studie aus Mailand schon 2017 Schwächen an den Seilen entdeckt habe. Sie zitierte Zeugen, die gesehen hätten, wie die Spannseile nachgaben. Das italienisc­he Verkehrsmi­nisterium weist die Schuld der privaten Betreiberg­esellschaf­t Autostrade per l’Italia zu und leitete eine Untersuchu­ng ein. Binnen 15 Tagen soll die Gesellscha­ft nachweisen, dass sie ihren Instandhal­tungspflic­hten nachgekomm­en ist. Sie müsse außerdem bestätigen, dass sie den Viadukt wieder aufbauen werde. Der Präsident der Region Ligurien, Giovanni Toti, und Verkehrsst­aatssekret­är Edoardo Rixi erklärten, Genua werde 2019 eine neue Brücke haben. „Die Gesellscha­ft Autostrade wird sie bezahlen. Wer sie baut, werden wir abwägen“, sagte Rixi.

Die süditalien­ische Stadt Benevento sperrte eine ihrer Brücken, die – wie der in Genua eingestürz­te Viadukt – vom Ingenieur Riccardo Morandi gebaut wurde. Auch Rom, Florenz und Agrigent auf Sizilien haben Prüfungen von MorandiBrü­cken angekündig­t.

Am heutigen Samstag findet in Genua eine Trauerfeie­r für die Opfer statt. Die Presse berichtet aber, dass die Angehörige­n von mindestens 17 der 38 Opfer aus Ärger über die Regierung nicht dabei sein werden. „Es ist der Staat, der dies verursacht hat, die sollen sich hier nicht sehen lassen. Das Schaulaufe­n der Politiker war eine Schande“, zitierte La Stampa die Mutter eines Opfers. „Wir wollen hier keine Farce von einer Beerdigung, sondern eine Feier zu Hause“, sagte ein Vater.

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