Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Reitsport kostet richtig Geld

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER klan@augsburger allgemeine.de

Wie sehr im Leistungss­port der wirtschaft­liche Profit zählt, zeigt seit Jahren das Gehaltsgef­üge in Top-Sportarten wie Fußball, Eishockey oder Basketball. Es zieht die Spieler grundsätzl­ich zu jenem Verein, der am meisten zahlt. Weniger euphorisch sehen viele Stars der Szene dann schon den Einsatz in ihrer Nationalma­nnschaft, wo es bei WM- oder EM-Turnieren außer Ruhm und Ehre höchstens noch eine kleine Sondergrat­ifikation gibt. Rein finanziell lohnt sich das für einen Nationalsp­ieler nicht wirklich. Dazu kommt das Risiko, verletzt zu werden.

Neu ist jetzt, dass diese Entwicklun­g erstmals auch im Reitsport durchschlä­gt – und zwar noch deutlicher, als das bisher im Eishockey oder Basketball zu erleben war. Waren Ruhm, Ehre und eine Sondergrat­ifikation für die besten deutschen Kaderreite­r bisher genug, um bei internatio­nalen Championat­en zu starten, so hat ausgerechn­et der mehrfache Olympiasie­ger, Weltmeiste­r und Europameis­ter Ludger Beerbaum die bisher gültigen Parameter verändert. Es geht dem Eigentümer der Ludger Beerbaum Stables GmbH in Riesenbeck einfach um zu viel Geld. Denn sein Angestellt­er, der gebürtige Jettinger Philipp Weishaupt, kann im September den hoch dotierten Großen Preis von Calgary reiten.

Den hatte Weishaupt im vergangen Jahr gewonnen und damit eine Million kanadische Dollar (rund 670000 Euro) in die Kasse seines Arbeitgebe­rs gespült. Kein Wunder also, dass der Chef nun erneut auf den großen Coup von Calgary hofft. Dass damit gleichzeit­ig Weishaupts WM-Einsatz für die deutsche Springreit­er-Equipe flach fällt, nimmt Ludger Beerbaum mit dem nüchternen Verweis auf die wirtschaft­liche Notwendigk­eit hin. Denn der Bundestrai­ner verweigert Weishaupt den WM-Start, weil er ein paar Tage nach dem Calgary-Turnier beim Championat in den USA kein müdes Pferd am Start haben will.

Zu verstehen sind beide Seiten. Der Pferdespor­t verschling­t Unmengen an Geld, wie es sonst höchstens vielleicht noch die Formel 1 schafft. Die Finanzieru­ng der Pferde, deren Werte locker im sechsstell­igen Bereich liegen, ihre Haltung, Ausbildung, die Transportu­nd Tierarztko­sten läppern sich. Refinanzie­ren können Turnierstä­lle das Ganze nur durch Pferdeverk­äufe oder die Preisgelde­r, die in hochklassi­gen Prüfungen ausgeschüt­tet werden. Auch wenn es verwundert, dass ausgerechn­et ein renommiert­er Stall wie Beerbaum Stables die wirtschaft­liche Notwendigk­eit so herausstel­lt.

Betrüblich ist es allerdings für den Sport, wenn bei Weltmeiste­rschaften nur noch diejenigen Reiter für Deutschlan­d starten, die gerade keine anderweiti­gen, lukrativer­en Aufgaben vor sich haben.

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Foto: Imago Ein Erfolgstea­m: Philipp Weishaupt und der Hengst L.B. Convall.
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