Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kletterer strecken sich für Olympia

Bouldern In zwei Jahren werden erstmals olympische Medaillen in der Sportart vergeben. Wo das deutsche Team internatio­nal steht, könnte nach diesem Wochenende in München klar sein

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München Die Luft wird dünner für die deutschen Kletterer, und das schon weit unterhalb des GipfelZiel­s in Tokio. Zwei Jahre vor den Sommerspie­len in Japan brennen die Top-Athleten von Bundestrai­ner Urs Stöcker auf internatio­nale Vergleiche, längst steht die schwere Qualifikat­ion für die olympische Premiere 2020 im Fokus. Das Finale im Boulder-Weltcup am Wochenende in München und die WM im September in Innsbruck sind die nächsten wichtigen Standortbe­stimmungen für das ambitionie­rte Team. Stöcker berichtet: „Wir haben ein extrem dichtes Feld. Es wird immer schwierige­r, sich vorne zu platzieren.“

Erstmals werden olympische Medaillen im Klettern vergeben, die Szene betritt Neuland. Weil extra für die Sommerspie­le das Wettkampf-Format „Olympic Combined“erfunden wurde, ein – umstritten­er – Mehrkampf aus den Diszipline­n Bouldern, Speed und Lead, gibt es noch keine klaren Favoriten auf Medaillen in zwei Jahren. „Das ist grundsätzl­ich noch zu weit hin“, sagt Stöcker. Er hat aus dem ursprüngli­ch 17 Athleten starken Perspektiv­kader für Tokio „drei bis fünf“Männer und zwei oder drei Frauen identifizi­ert, die aktuell realistisc­he Chancen auf die Qualifikat­ion haben.

Nur je 20 Sportler bei Männern und Frauen treten in Tokio an, pro Nation und Geschlecht maximal zwei. Zwei Starter bei den Männern und eine Frau sind das Ziel des Deutschen Alpenverei­ns. Die Startplätz­e werden 2019 bei der Weltmeiste­rschaft in Tokio und einem Event in Toulouse sowie Anfang bei letzten kontinenta­len Quali-Wettkämpfe­n vergeben. Gute Aussichten auf ein Olympia-Ticket hat aktuell der Frankfurte­r Jan Hojer, der als Vorjahress­ieger und Boulder-Europameis­ter zum Weltcup-Finale nach München reiste und aktuell Siebter der DisziplinW­eltranglis­te ist. Alexander Megos rangiert beim Lead – also dem Seilklette­rn – gar auf Weltrangli­stenplatz fünf. Ob der Erlanger aber überhaupt Lust hat, für Tokio zu kämpfen, ist noch offen. „Alex Me2020 gos gehört zu den allerbeste­n Felsklette­rern der Welt“, erklärt Stöcker, neben dem tschechisc­hen Star Adam Ondra sei der 25-Jährige wahrschein­lich der Stärkste überhaupt am Felsen. „Die Frage ist, ob er den Fokus aufgeben soll für den Wettkampfs­port.“

Die Outdoor-Komponente und der Freigeist-Gedanke spielen beim Klettern eine wichtige Rolle, viele sehen Olympia deshalb äußerst kritisch. Stöcker meint, bei Megos das Feuer für den Wettkampf gesehen zu haben. „Ich glaube, gewisse Funken sind gesprungen“, erzählt er. Andere haben sich bereits ganz dem Ziel Tokio verschrieb­en. „Olympia ist als Traum im Kopf“, sagt Alma Bestvater. „Aber ich weiß, dass ich noch einen harten Weg vor mir habe.“Die 22-Jährige, die in dieser Saison schon in zwei Boulder-Weltcups im Finale der besten Sechs stand, zog jüngst von Weimar nach München, um besser trainieren zu können. In Augsburg eröffnete der Deutsche Alpenverei­n im Juni ein neues Kletterzen­trum mit dem Fokus auf Top-Athleten – bislang mussten diese in öffentlich­en Hallen neben Freizeitsp­ortlern trainieren. Für Stöcker war dies elementar, um internatio­nal konkurrenz­fähig zu bleiben. „Man merkt, dass die Förderung und Profession­alisierung extrem zugenommen haben, auch bei den mittleren oder kleineren Verbänden“, berichtet der Schweizer. „Es ist alles viel dichter geworden und daher auch unvorherse­hbarer.“Jetzt gilt es für die deutschen Kletterer, sich Schwung zu holen für das Quali-Jahr 2019.

Manuel Schwarz, dpa

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 ?? Foto: Nils Nöll ?? Der Frankfurte­r Jan Hojer gehört als Boulder Europameis­ter zu den großen Hoffnungen der deutschen Kletter Mannschaft.
Foto: Nils Nöll Der Frankfurte­r Jan Hojer gehört als Boulder Europameis­ter zu den großen Hoffnungen der deutschen Kletter Mannschaft.
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Urs Stöcker

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