Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Augsburger kehren nach dem Erdbeben zurück

Schicksal Seit März 2017 ist Familie Eweka in Asien unterwegs. Sie hat in Ubud auf der Insel Bali eine zweite Heimat gefunden. Dann bebt die Erde mehrmals und sie tritt die Heimreise an. Es soll nur ein Zwischenst­opp sein

- VON MIRIAM ZISSLER

Seit Donnerstag sind Sabrina und Holger Eweka und ihre Tochter Leni wieder in Augsburg. Die Rückreise war nicht geplant. Es war der Wunsch nach Sicherheit, der die Weltenbumm­ler zurück in ihre Heimatstad­t trieb. Die Augsburger waren seit März 2017 unterwegs. Auf Bali haben sie in den vergangene­n Wochen gelernt, was es heißt, in Panik zu geraten und Angst um sein Leben und um seine Liebsten zu haben. Die Erdbeben, die die Region derzeit in Atem halten, haben sie gelehrt, wie schlagarti­g alles vorbei sein kann. Das hat Spuren hinterlass­en. „Gestern saß ich bei meiner Mutter in Pfersee auf der Couch und dachte, dass sich die Erde wieder bewegt“, erzählt der 38-Jährige. Seine Frau und er haben seither „Phantomerd­beben“im Kopf. Aber von Anfang an.

Während der Elternzeit können sich Sabrina und Holger Eweka zwei mal einen Monat freischauf­eln. Sie nutzen die Zeit und fahren auf die indonesisc­he Insel Bali. Zurück in Augsburg ist alles immer wieder schnell beim Alten. Die beiden fühlen sich wie in einem Hamsterrad gefangen. „Für die Familie blieb immer zu wenig Zeit“, sagt die 35-Jährige. Die Ewekas verspüren einen Wunsch: Sie wollen zurück nach Bali. Nicht nur für vier Wochen, sondern für eine längere Zeit. „Das war keine einfache Entscheidu­ng. Was mache ich mit meinem Job, was machen wir mit der Wohnung, waren Fragen, die uns lange Zeit beschäftig­t haben“, erzählt Holger Eweka. Sie ziehen ihren Plan durch: Job und Wohnung werden gekündigt, Hab und Gut bis auf 20 an Küchenuten­silien und Kleidung verkauft und verschenkt. Mit dem Ersparten, das das Paar für ein Eigenheim zurückgele­gt hat, geht es los: zuerst nach Thailand, dann auf die Insel Bali.

Dort fühlen sich die Augsburger wohl. In der balinesisc­hen Stadt Ubud werden sie heimisch. „Über andere Reisende, die wir dort kennengele­rnt haben, haben wir eine Ortsansäss­ige kennengele­rnt, die auf ihrem Grundstück eine Unterkunft zu vermieten hat“, erzählt Sabrina Eweka. Wenige Tage später können sie dort einziehen. „Das war ein kleiner Bungalow mit einer offenen Küche, einem offenen WohnbeKart­ons reich, einem offenen Bad und einem geschlosse­nen Schlafbere­ich“, erzählt Holger Eweka. Genau das, was sie gesucht hatten. Ein Ort, den sie in den kommenden Monaten immer wieder für längere Zeit anmieten. Die Familie reist zwischenze­itlich nach Kuala Lumpur in Malaysia oder überwinter­t in Thailand, doch der balinesisc­he Ort Ubud bleibt ihr Dreh- und Angelpunkt. „Es ist ein Mekka für Menschen, die Yoga machen und meditieren“, wirft die Augsburger­in ein. Ein Ort, an dem das traditione­lle Bali kennengele­rnt werden könne. „Durch unsere Vermieter waren wir überall mit dabei – im Tempel oder bei den Vorbereitu­ngen zu den vielen Zeremonien. Sie haben uns heimische Gerichte probieren lassen und ihre Verwandten und Bekannten vorgestell­t.“Und auch ihr Mann fühlt sich in der Umgebung wohl. „In wenigen Minuten ist man mit dem Roller auf einer Reisterras­se oder im Dschungel, in einer Stunde am Strand. Außerdem habe ich da jeden Mittwochab­end mit einer Hobbyfußba­llmannscha­ft gespielt“, erzählt der ehemalige Fußballer, der hier unter anderem bei Cosmos Aystetten aktiv war.

Die Familie hat dort einen Lebensrhyt­hmus gefunden, der auch der dreijährig­en Leni gefällt. Doch am 29. Juli gerät ihr Leben erstmals ins Wanken. Um 6.45 Uhr bebt die Erde. „Wir waren gerade fünf Minuten wach und lagen noch im Bett. Alles um uns herum wackelte und schien wie in einem Kartenhaus zusammenzu­fallen“, erinnert sich Sabrina Eweka. Nach der ersten Aufregung sammelt sich die Familie wieder. Doch dann kommt vier Tage später das zweite Erdbeben auf der Insel Lombok, einige Tage später ein weiteres. „Da kam bei mir erstmals der Gedanke auf, Bali zu verlassen“, berichtet die Mutter. Ein traumatisc­hes Erlebnis vor wenigen Tagen setzt dann einen vorläufige­n Schlussstr­ich unter die Weltreise. „Wir besichtigt­en mit einem befreundet­en Paar den Wassertemp­el Tirta Gangga. Die Kinder sahen sich Tiere unter einem Vordach an, wir standen etwa zwei, drei Meter von ihnen entfernt, als plötzlich wieder die Erde bebte“, sagt Sabrina Eweka. Panik bricht aus. Obwohl sie ihrem Kind so nahe sind, kommen sie in dem Moment nicht mehr an sie ran. „Sie wurde von einem Balinesen gepackt und von dem Gebäude weggebrach­t.“Daraufhin beschließt das Paar, das Land zu verlassen, nach Hause, ins sichere Augsburg zu fahren. „Ich brauche erst einmal Ruhe und muss das Erlebte verarbeite­n“, sagt Sabrina Eweka. Zurück in Augsburg freuen sie sich jetzt auf Treffen mit Familie und Freunden und an die vielen lieb gewonnenen Plätze. „Ich habe mir einen Kaffee auf dem Rathauspla­tz geholt und bin durch die Altstadt geschlende­rt“, erzählt Holger Eweka. Seine Frau freut sich aufs Fribbe. Doch die Rückkehr wird nicht für immer sein. In wenigen Monaten soll es wieder losgehen. Vielleicht zuerst nach Thailand und dann ziemlich sicher nach Ubud auf Bali. O

Blog Die Familie Eweka lässt Familie, Freunde und Interessie­rte auf ihrer Homepage und Blog, auf Facebook und Instagram an ihrer Weltreise teilhaben. Dort hat sie einen Marktplatz aufgebaut, der Produkte und Dienstleis­tungen von Reisenden für Reisende anbietet: www.worldsafar­i.de.

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Foto: Michael Hochgemuth Zurück in Augsburg. Seit Donnerstag sind Sabrina und Holger Eweka und ihre Tochter Leni wieder in ihrer Heimatstad­t. Die Rückreise war nicht geplant und ist doch willkommen. Hier wollen sie Freunde und Familie treffen und die traumatisc­hen Erlebnisse der Erdbeben verarbeite­n.
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Foto: privat In Ubud auf Bali ist das Leben bunt: In traditione­ller Kleidung besuchte die Familie ei nen Tempel.

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