Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Dieser Einsatz ist sehr beeindruckend
Ihre Stimme versagt kurz. Immer noch kämen täglich Menschen in die Depotstraße und wunderten sich, dass es die Caritas nicht mehr gibt. Inzwischen ist am Ort der Brandkatastrophe ein Bürocontainer aufgebaut.
Er ist der Sitz für die Geschäftsleitung. Auch einen Briefkasten gibt es dort. Er wird täglich geleert. Bei der Caritas wollte man die Anschrift Depotstraße 5 nicht ändern. Auch die bisherigen Telefonnummern funktionieren noch. Sie sind mit umgezogen. „Für uns alle ist das eine wichtige Symbolik“, sagt Gabriela Hoffmann. Sie gibt sich kämpferisch: „In einem Jahr wollen wir wieder in der Depotstraße arbeiten.“Die Caritas-Mitarbeiter wollen sich das, was sie in den letzten Jahren geschaffen haben, von niemandem kaputtmachen lassen. Vom Bürocontainer aus soll der Wiederaufbau koordiniert werden.
Doch zunächst wird in den nächsten zwei Wochen die Brandruine abgerissen. „Anschließend wird die Bodenplatte überprüft“, berichtet Hoffmann. Neben dem neuen vorübergehenden Hauptstandort in der Hochfeldstraße 63 gibt es noch einen weiteren. Dieser befindet sich in der Von-Cobres-Straße 8 in Göggingen. Dort ist hauptsächlich die Verwaltung untergebracht, aber auch die Mutter-Kind-Kur-Vermittlung. Die Öffnungszeiten sind sowohl hier als auch im Hochfeld unverändert geblieben.
Zwischen 9 und 16 Uhr ist für Besucher geöffnet. Bis auf die Küche und das Café Werthmanns, die im einstigen Sozialzentrum Kunden anlockten und nicht ersetzt werden konnten, läuft der Betrieb wieder. Doch der Schmerz sitzt nach wie vor tief. Angela Haase etwa arbeitet seit 14 Jahren bei der Caritas. Das Bild des abgebrannten Gebäudes hat sich in ihrem Gedächtnis manifestiert. „Da ging ein Stück von mir selbst kaputt“, sagt die 52-Jährige, die aber über die neuen Räumlichkeiten im Hochfeld froh ist. Ihre Chefin Gabriela Hoffmann glaubt, dass es für sie alle wichtig ist, zu erfahren, was den Brandstifter angetrieben hatte. „Ist es jemand, der einfach nur mit Feuer gespielt hat oder der psychisch belastet ist?“Antworten auf solche Fragen seien wichtig für die Aufarbeitung. Denn diese Phase werde erst noch kommen, ist sich Hoffmann sicher.
Die Ermittlungen laufen indes weiter. Wie berichtet, hat die Kriminalpolizei eine elfköpfige Ermittlungsgruppe eingerichtet, die den Fall bearbeitet. Das tut sie auch weiterhin. Die Beamten gehen davon aus, dass jemand das Feuer gelegt hat. Zu Details zu aktuellen Maßnahmen schweigen sich die Behörden derzeit aus, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden, wie es heißt. Eine erneute Verhaftung gab es nach Informationen unserer Zeitung in den vergangenen Wochen allerdings nicht.
Im Juli hatte die Kripo zunächst einen 28-jährigen Mann festgenommen, der nur einige hundert Meter Luftlinie von dem Sozialzentrum entfernt wohnt und früher dort gearbeitet haben soll. Der Mann kam wegen des Verdachtes der schweren Brandstiftung kurzzeitig in Untersuchungshaft.
Dort blieb er jedoch nicht lange. Ralf Schönauer, Rechtsanwalt des 28-Jährigen, legte nach wenigen Tagen Haftbeschwerde ein. Auch die Staatsanwaltschaft beantragte, den Haftbefehl gegen den Mann wieder aufzuheben. Eine Gegenüberstellung mit einem Augenzeugen habe zusammen mit weiteren Erkenntnissen dazu geführt, dass der dringende Tatverdacht gegen den 28-Jährigen nicht aufrechterhalten werden könne, hieß es danach. Nach Informationen unserer Zeitung wird der Mann weiterhin als Beschuldigter geführt. Sein Mandant bestreite die Tat vehement, sagt Verteidiger Schönauer. Er gebe auch an, ein Alibi zu haben. Egal, was die Ermittlungen vielleicht für Ergebnisse bringen, den Glauben an das Gute im Menschen wird Gabriela Hoffmann nicht verlieren. „Sonst wäre ich an diesem Arbeitsplatz falsch.“
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Info: Die Beratungsstellen und das Sozialkaufhaus befinden sich nun in der Hochfeldstraße 63. Öffnungszeiten der Büros: 9 bis 16 Uhr. Warenannah me des Sozialkaufhauses 8 17 Uhr, Ver kauf ab 9 Uhr. Die Telefonnummer 0821 57048 0 und die Nummern der Nebenstellen gelten weiterhin. Sams tag, 13. Oktober, findet in der Hochfeld straße das sechste Bücherfest der Cari tas mit Flohmarkt statt (9.30 14 Uhr).
Was die Mitarbeiter der Caritas in den vergangenen Wochen geleistet haben, ist absolut bemerkenswert. Innerhalb weniger Stunden verloren sie ihre Arbeitsstätte. Trotz dieser Ohnmacht, die viele angesichts der Feuerkatastrophe fühlten, packten alle sofort mit an. Bereits am Tag danach starteten die Planungen. Sie wollten den normalen Alltagsbetrieb schnellstmöglich wieder zum Laufen bringen. Das ist ihnen gelungen. Hut ab. Fast noch beeindruckender ist die Leidenschaft, die dahinter steckt. In Gesprächen mit Mitarbeitern merkt man erst, wie die Menschen an dem Sozialzentrum in Göggingen hängen. Da werden Stimmen zittrig, es fließen Tränen – für viele ist der Brand ein Schicksalsschlag, vergleichbar mit einem Zuhause, das verloren wurde. Für sie war das Sozialzentrum viel mehr als nur ein Arbeitsplatz. Es war eine Begegnungsstätte von Menschen für Menschen; egal, ob arm oder reich, krank oder gesund. Es war eine sehr wichtige Begegnungsstätte. Das wird jetzt – nach der Katastrophe – einmal mehr deutlich.