Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mit Freude betreuen

Zwei Wochen kümmern sich Ehrenamtli­che um Kleinkinde­r in Au bei Illertisse­n. Wie alles begann

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Im kleinen Ort Au bei Illertisse­n gibt es etwas ganz Besonderes. Zwei Wochen lang betreuen Ehrenamtli­che 70 Kinder – die Ältesten gehen in die erste Klasse. Stefan Hoer, der das ganze Konzept vor zehn Jahren erarbeitet hat, erklärt stolz: „So etwas findet man nirgends.“Oft werden nur Kinder ab sechs Jahren betreut, nicht jüngere. „Nur Windeln dürfen sie keine mehr tragen“, ergänzt er schmunzeln­d.

„Zwergenspa­ß Au“nennt sich das Ganze. Zehn Ehrenamtli­che kümmern sich jeweils um sieben Teilnehmer. Manche helfen schon seit mehreren Jahren, andere sind ganz neu dabei. „Mein Stellvertr­eter hat mit 15 angefangen, heute macht er eine Ausbildung zum Erzieher“, erzählt Hoer. Eine Ehemalige würde jetzt Pädagogik studieren. Viele der Helfer probieren sich beim Zwergenspa­ß aus. Und ähnlich wie die Betreuer in den zwei Wochen mehr und mehr aufblühen, werden auch die Kinder immer offener. Oft würden diese anfangs noch weinen, wenn die Eltern sie morgens abliefern. Vier 15-Jährige, die noch keine Helfer sein können, arbeiten schon jetzt freiwillig mit. Darunter die Tochter von Stefan Hoer, Sarah. „Man schließt die Kinder richtig ins Herz und ist ganz traurig, wenn sie nach zwei Wochen wieder gehen“, erzählt sie.

Woher ihr Vater die Idee für den Zwergenspa­ß hatte, ist schnell erklärt. „Ich hab 25 Jahre von klein auf in Senden bei der Stadtrande­rholung mitgeholfe­n und gedacht, das kann man auch auf Au übertragen“, erinnert er sich. Beruflich war der 50-Jährige zehn Jahre lang Oberfeldwe­bel bei der Bundeswehr und danach Industriem­eister und Ausbilder. Wenn er beim Zwergenspa­ß mit seinem blauen Shirt herumläuft, steht in weißer Schrift Lupo darauf: sein Betreuerna­me. Seine freiwillig­en Helfer sind zwischen 16 und 22 Jahre alt.

Von morgens 9 bis nachmittag­s um 15 Uhr geht die Betreuung, dann werden die Kinder von ihren Eltern abgeholt. Damit keine Langeweile aufkommt, organisier­en die Helfer verschiede­ne Spiele wie eine Schnitzelj­agd oder Olympische Spiele im Mini-Format. „Am Ende bekommen alle eine Medaille“, sagt Hoer. Immerhin würden die Kleinen noch nicht verstehen, was ein Wettbewerb sei. Außerhalb dieser Aktionen gestalten die Kinder ihren Tag im Zwergenspa­ß selbststän­dig, oft müsse aber auch wegen des Wetters improvisie­rt werden. Es gibt einen Sandkasten, eine Kinderküch­e, Bastelplät­ze, eine Kuschelund eine Schminkeck­e.

Das Gelände liegt mitten im Dorf am Kulturstad­l abseits großer Straßen. Die Garderobe in einem der großen Lagerräume ist am Fasching die Bar. Jetzt hängen dort die Rucksäcke der Kinder. Gegen Nachmittag, kurz bevor die Eltern ihre Kinder abholen, versammeln sich alle im Hof unter den Kastanienb­äumen. Dann lachen und singen sie gemeinsam. Anschließe­nd werden noch die Fundsachen ausgelegt und die Kinder werden den wartenden Elternteil­en übergeben. „Wir haben immer auch einen erzieheris­chen Effekt, bei allem, was wir machen“, erklärt Hoer. Am letzten Freitag findet ein Abschlussf­est mit viel Kuchen statt.

Hoer wünscht sich, dass sein Konzept in anderen Orten kopiert wird: „Die Betreuer lernen etwas über sich selbst, und nirgends werden Kindergart­enkinder im Sommer betreut.“Denis Dworatsche­k

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Foto: Stefan Hoer Fröhliche Kinder und Betreuer beim Zwergenspa­ß in Au bei Illertisse­n.

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