Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zum Wohl der Ponys

Nach einem Brand in Rennertsho­fen haben Kinder von selbst Geld für den Besitzer gesammelt

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Ein Brand kann in Minuten Existenzen zerstören. In Rennertsho­fen bei Neuburg an der Donau stand Ende Juni eine Scheune lichterloh in Flammen. Gefüllt mit Heu, Gerste und landwirtsc­haftlichen Geräten. Alles zerstört. Fünf Mädchen erfuhren schnell von dem Vorfall – und auch sie waren betroffen. War doch das Futter für ihre Lieblinge gedacht: Fünf Ponys, auf denen sie wöchentlic­h reiten. Ohne den Eltern etwas zu sagen und ohne sich mit jemand anderem abzusprech­en, beschlosse­n die fünf zu helfen.

Hannah und Annika Riedlberge­r, Katharina, Magdalena und Helena Gebert basteln Ketten, malen Bilder und Postkarten. Im Keller und auf dem Dachboden des Elternhaus­es suchen und finden sie Kleinigkei­ten, die sonst nur verstauben würden. Sie falten und kleben Papierblum­en, fertigen Papierblüt­en und -herzen mit Sprüchen an. Als Papa Gebert mit rund 60 Gästen Geburtstag feiert, beginnen die Kinder ihre Sachen zu verkaufen. „Wir waren ganz überrascht“, sagt Mutter Tanja. Urplötzlic­h seien sie von Gast zu Gast gegangen und haben das Gebastelte angeboten. „Schnell wurde ein Tisch bereitgest­ellt, um einen kleinen Flohmarkt zu veranstalt­en“, erzählt Mutter Simone Riedlberge­r. Wie Marktschre­ier haben die Kleinen die Sachen angepriese­n. „Gäste haben sich sogar Geld von anderen geliehen“, erinnert sich Gebert.

106 Euro kommen am Ende zusammen. Alles verpackt in einem kleinen Häuschen, das an die abgebrannt­e Scheune erinnern soll, übergeben sie das gesammelte Geld an Belinda Stolte. Sie ist die Reitlehrer­in der Mädchen und die Tochter des Besitzers der Halle. „Ich hatte Tränen in den Augen, als sie es mir übergaben“, sagt die 43-Jährige. Noch immer sitzt der Schock tief. Kurz nachdem das Feuer ausgebroch­en war, sei sie zur Scheune gefahren. „Ich konnte es nicht fassen, man fühlt sich machtlos“, sagt Stolte. Nur die Grundmauer­n stehen noch, tagelang räumten ihr Mann, ihr Vater und Freunde Schrott heraus. Für sie war es der zweite Brand, den sie hautnah miterlebte. „Die ganzen Erinnerung­en sind wieder hochgekomm­en, es war schrecklic­h“, erzählt Stolte. Glückliche­rweise sei beim Brand niemand zu Schaden gekommen, trotzdem habe das verbrannte Futter die Familie hart getroffen. „Das hatten wir erst ganz frisch abgemäht“, sagt sie. Und bis es Geld von der Versicheru­ng gibt, würde es auch noch dauern. Deswegen sei jede Hilfe goldwert.

Die Mädchen sind zwischen fünf und zehn Jahre alt. Manche reiten schon seit drei Jahren. „Sie lernen viel über die Körperspra­che der Tiere und über den Umgang mit ihnen“, erklärt Stolte. Daher bestehe eine tiefe Verbundenh­eit mit den Ponys. „Wir haben Angst gehabt, dass sie hungern müssen“, sagt Hannah. Stolte ist immer noch tief bewegt von der Aktion ihrer Schülerinn­en: „Andere Kinder sitzen bei so einer Geburtstag­sfeier vor dem Fernseher und kommen nie auf so eine Idee.“Zum Dank schenkte Stolte den Mädchen einen Ausritt mit den Ponys.

Wie es zu dem Brand kam, sei noch nicht abschließe­nd geklärt. Die Kriminalpo­lizei war vor Ort, vermutet aber, dass es sich um einen Heubrand handelte. Derzeit lagert das Futter der Tiere in der Reiterhall­e. Andere Bauern haben mit Gerätschaf­ten ausgeholfe­n. Die Halle soll bald wieder aufgebaut werden, vielleicht noch dieses Jahr. Denis Dworatsche­k

 ?? Foto: Denis Dworatsche­k ?? Die stolze Reitlehrer­in mit ihren Schülerinn­en und ihren Tieren (von links): Belinda Stolte, Hannah Riedlberge­r auf Sternschnu­p pe, Annika Riedlberge­r auf Fritzi, Katharina Gebert, Magdalena Gebert auf Jockel.
Foto: Denis Dworatsche­k Die stolze Reitlehrer­in mit ihren Schülerinn­en und ihren Tieren (von links): Belinda Stolte, Hannah Riedlberge­r auf Sternschnu­p pe, Annika Riedlberge­r auf Fritzi, Katharina Gebert, Magdalena Gebert auf Jockel.

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