Augsburger Allgemeine (Land Nord)

800 Mülltonnen leeren an einem Tag

Augsburg auf Achse Karl Almus fährt einen Lkw der städtische­n Müllabfuhr. Seine Arbeit macht ihm viel Freude, auch wenn es etwas strenger riecht

- VON EVA MARIA KNAB

Wenn Karl Almus seine tägliche Tour durch Augsburg fährt, dann schaut er nicht auf den Kilometerz­ähler. Er berechnet seine Strecke anders: in Mülltonnen. 800 Stück muss er jeden Tag mit seinem Lkw ansteuern und deren Inhalt entsorgen. Dann hat er seinen Job erfüllt. Almus ist Lkw-Fahrer beim städtische­n Abfallwirt­schaftsbet­rieb. Oder wie er selber sagt: „Ich bin Müllkutsch­er.“

Müllabfuhr? Kann das ein attraktive­r Job sein? Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Der gebürtige Augsburger macht seinen Job bei der Müllabfuhr gerne, und das seit über 20 Jahren. „Ich liebe meine Arbeit“, sagt Almus mit Nachdruck. Und man glaubt ihm das.

Früher einmal hat er eine Lehre als Kaufmann gemacht. Doch Lastwagenf­ahren hat ihm immer am meisten gefallen. Als Almus heiratete, suchte er einen krisensich­eren Arbeitspla­tz mit familienge­rechten Arbeitszei­ten. Den fand er als LkwFahrer beim städtische­n Abfallwirt­schaftsbet­rieb. An diesem Tag ist Almus im Stadtteil Göggingen unterwegs – zusammen mit seinen beiden Kollegen. Die Müllwerker hinten auf dem Lastwagen sind Isik Mürsel und Student Daniele Joas. Er ist in den Sommerferi­en als Aushilfe bei der Müllabfuhr, um sein Budget aufzubesse­rn. Die Schicht läuft von 6.30 Uhr bis 16.20 Uhr. Die drei Männer sind ein eingespiel­tes Team. Sie verstehen sich auch ohne Worte. Aber alle drei müssen gut aufpassen. Denn mitten im Verkehrsge­wühl einer Großstadt sind Umsicht, viel fahrerisch­es Geschick und gute Nerven gefragt. Auf den größeren Straßen in Göggingen sind am Vormittag viele Lieferwage­n, Pkw und Radler unterwegs. Fast alle haben es eilig, sie kurven um den Mülllaster herum, wenn er neben einer Tonne anhält. Nur wenige warten. Dann wuselt auch noch ein kleiner Junge auf einem Kettcar vorbei. Der ist zwar auf dem Bürgerstei­g unterwegs, aber dort kaum zu sehen.

Immer, wenn eine schmale Stichstraß­e kommt, sind die Männer von der Müllabfuhr besonders gefordert. Beim Rangieren ist noch mehr Umsicht und Konzentrat­ion gefragt. Almus muss mit seinem Lastwagen rückwärts in Sackgassen oder Innenhöfe hineinstoß­en – vorbei an parkenden Autos, Hausmauern und Gartenzäun­en. Da kommt es auf jeden Zentimeter an.

Normalerwe­ise würde man bei solchen Manövern schon als PkwFahrer ins Schwitzen kommen. Almus hat Routine und die Ruhe weg. „Aufpassen muss man schon“, sagt er, der Verkehr nehme auch immer mehr zu. Größere Unfälle habe er glückliche­rweise aber noch nicht gehabt.

Der Lkw, der rund eine Viertelmil­lion Euro kostet, ist allerdings auch mit Sicherheit­stechnik vollgestop­ft. Über eine Kamera hat der Fahrer ständig die Müllwerker hinter seinem Fahrzeug im Blick. Wenn die beiden Tonnenleer­er auf ihren Trittbrett­ern stehen, ist der Lkw so programmie­rt, dass er nicht schneller fährt als Schrittges­chwindigke­it. Rückwärts mit den Müll- hinten drauf fährt das Müllauto aus Sicherheit­sgründen gar nicht.

In der Fahrerkabi­ne riecht es ein wenig streng, wenn draußen die grauen Tonnen in die Lkw-Schüttung geleert werden. Aber richtig schlimm ist es nicht. Und Almus stört es nicht. Ihm ist wichtiger, dass ihm seine Arbeit Freude macht. Und das sei fast immer der Fall, sagt er. „Bei der Müllabfuhr kommt man unter die Leute.“

Wenn Almus mit seinem Mülllaster unterwegs ist, schauen häufig Familien mit kleinen Kindern zu. „Jedes Kind ist begeistert vom Müllfahrze­ug“, sagt er. Bei großer Hitze bekommen die Männer von der Müllabfuhr von Anwohnern ab und zu ein Getränk mit auf den Weg. „Manchmal sagt auch jemand einfach danke“, erzählt Almus.

Unangenehm­er kann es für ihn werden, wenn die Müllabfuhr in der Augsburger Innenstadt ansteht. Dort gibt es besonders viele enge Gassen. Bei der Tonnenleer­ung müssen Pkw hinter dem Lastwagen warten. Dann kommt es vor, dass Autofahrer schimpfen. Besonders, wenn sie morgens zu spät aufgestand­en sind und es eilig in die Arbeit haben. „Aber da muss man durch“, sagt Almus, „ich kann meinen Lkw ja nicht wegzaubern.“

Nach 800 Tonnen ist die tägliche Tour zu Ende. Insgesamt sammeln 18 städtische Müllautos jährlich 84 000 Tonnen Abfall ein. Das entspricht einem Gewicht von 13000 Elefantenb­ullen. Für Almus ist der Tag erfolgreic­h verlaufen, wenn er seine Arbeit gut erledigt hat. „Ich liebe meine Stadt, und für mich ist es ein gutes Gefühl, wenn ich für Sauberkeit sorgen kann“, sagt er und stellt noch schnell klar: „Ich leiste einen kleinen Beitrag“. Den großen Beitrag für eine saubere Stadt leiste der Abfallwirt­schaftsbet­rieb.

Almus macht es aber auch zufriewerk­ern den, wenn er nach der Arbeit einen Schlussstr­ich ziehen und sich auf seine Familie freuen kann. Bevor er nach Hause geht, duscht er noch schnell im Abfallwirt­schaftsbet­rieb. Was sagt dann seine Frau zu ihm? „Sie hat sich jedenfalls noch nie beschwert, dass ich streng rieche“, meint Almus – gut gelaunt wie fast immer.

 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Karl Almus (links) ist „Müllkutsch­er“,wie er es nennt, aus Leidenscha­ft. Seit über 20 Jahren ist er bei der Müllabfuhr tätig. Er wird auf dieser Fahrt von den Müllwerker­n Da niele Joas und Isik Mürsel begleitet.
Foto: Bernd Hohlen Karl Almus (links) ist „Müllkutsch­er“,wie er es nennt, aus Leidenscha­ft. Seit über 20 Jahren ist er bei der Müllabfuhr tätig. Er wird auf dieser Fahrt von den Müllwerker­n Da niele Joas und Isik Mürsel begleitet.

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