Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das verflixte siebte Schuljahr

Mittelschu­le In Zusmarshau­sen wird ab September erstmals eine Klasse zusammenge­legt, was in Dinkelsche­rben und in Welden für Kritik sorgt. Im Jahr 2021 kommt es daher zu einer besonderen Situation

- VON ANNA KLEIN

Dinkelsche­rben/Welden Wenn im September das Schuljahr beginnt, wird an der Mittelschu­le in Dinkelsche­rben etwas fehlen. Schüler zwischen 13 und 14 Jahren wird man vergeblich suchen und die Schulbüche­r der siebten Jahrgangss­tufe werden das ganze Jahr über eingelager­t bleiben. Das gleiche Bild bietet sich einige Kilometer weiter in Welden. Die Siebtkläss­ler werden nach Zusmarshau­sen verlegt.

Grund dafür ist die Zuweisung von Lehrkräfte­n, die das bayerische Kultusmini­sterium vornimmt und die sich nach der Anzahl der Kinder richtet. Für eine siebte Klasse der Mittelschu­le müssen es mindestens 15 sein. Weil Dinkelsche­rben und Welden für das kommende Schuljahr aber nur jeweils zwölf beziehungs­weise 14 Siebtkläss­ler haben, ist das Kontingent der Lehrerwoch­enstunden jetzt gekürzt worden – trotz Protesten. Das bedeutet gleichzeit­ig, dass die nächsten drei Jahre immer eine Jahrgangss­tufe fehlen wird.

Dabei wären die betroffene­n Gemeinden selbst eingesprun­gen, um die fehlende Lehrkraft zu finanziere­n. Laut der beiden Bürgermeis­ter Peter Bergmeir (Welden) und Edgar Kalb (Dinkelsche­rben) würde das mit 30000 Euro pro Jahr für jede Gemeinde zu Buche schlagen. „Ein Betrag, den wir durchaus stemmen könnten“, findet Kalb. Allerdings hätten die übergeordn­eten Behörden von Ministeriu­m bis Bezirksreg­ierung daran „null Interesse“gezeigt, schildert sein enttäuscht­er Amtskolleg­e Bergmeir.

Thomas Adleff ist als Schulamtsd­irektor zuständig für die fachlichpä­dagogische Organisati­on des Schulwesen­s an den Mittelschu­len im Landkreis Augsburg. Er weiß, dass sinkende Schülerzah­len etwas sind, womit gerade die Gemeinden im ländlichen Raum nicht erst ab dem kommenden Schuljahr kämpfen müssen. Genau aus diesem Grund wurde vor acht Jahren der zwischen Dinkelsche­rben, Zusmarshau­sen und Welden gegründet: „Nach damals geltender Rechtslage wären sonst Standorte mit zu wenigen Kindern aufgelöst worden“, erklärt Adleff, „im Verbund bleiben alle Standorte erhalten, auch wenn sie vorübergeh­end Jahrgangsl­ücken aufweisen.“

Deshalb hält er die Verlegung nach Zusmarshau­sen aus fachlichen und organisato­rischen Gründen für notwendig und sinnvoll. Dem Lösungsvor­schlag der Gemeinden, die Lehrer selbst einzustell­en, erteilte er eine Absage: „Für die Lehrerbeso­ldung ist der Freistaat zuständig, einstellen­de Behörden sind die jeweiligen Bezirksreg­ierungen. Insofern können Kommunen keine eigenen Arbeitsver­träge schließen.“

So wird es im Jahr 2021 an beiden Standorten keine Abschlussk­lasse geben. In den darauffolg­enden Jahrgängen reichen die Schülerzah­len dank geburtenst­arker Jahrgänge aus für eine Klasse, dazu kommen ab der achten Klasse die Abbrecher aus der Realschule.

Martin Dumberger ist Schulleite­r in Welden und koordinier­t auch den Schulverbu­nd. Gerade für ihn dürfte die Verlegung deshalb keine leichte Entscheidu­ng gewesen sein. Gemeinsam mit den Schulleite­rn der anderen Standorte hatte der Verbundsko­ordinator verschiede­ne Vorschläge abgearbeit­et, darunter auch die Idee, die Kinder aus Zusmarshau­sen auf die Standorte Welden und Dinkelsche­rben aufzuteile­n – eine Art fairer Ausgleich, wie Bürgermeis­ter Kalb es formuliert­e.

Eine solche Aufteilung hätte allerdings erheblich mehr gekostet, denn die Beförderun­g der Schüler mit dem Bus bezahlt der Verbund, und eine Verbindung, von Zusmarshau­sen ausgehend, gibt es bisher nicht. „Jetzt können die Kinder den bereits bestehende­n Schulbusve­rSchulverb­und kehr für den M-Zug nach Zusmarshau­sen nutzen“, schilderte Bürgermeis­ter Bernhard Uhl einen Vorteil der Lösung. Daniela Wörle, Leiterin der Mittelschu­le Zusmarshau­sen, verwies zudem darauf, dass die Bandbreite des Wahlpflich­tunterrich­ts an ihrem Standort wesentlich größer sei.

Aus Dinkelsche­rben und Welden ist jetzt der Vorwurf zu hören, dass Zusmarshau­sen als Schulstand­ort bevorzugt behandelt werde. Die kleineren Gemeinden im Umland hätten das Nachsehen. In Welden investiert die Gemeinde Millionen in die Sanierung eines Schultrakt­s aus den Sechzigerj­ahren, erst kürzlich wurde eine Förderung von knapp einer Million zugesagt. Und auch Dinkelsche­rben steckt gerade mehrere Millionen Euro in die Sanierung der maroden Schulturnh­alle. Zusmarshau­sens Bürgermeis­ter Bernhard Uhl prognostiz­iert daher: „Irgendwann wird es vielleicht etwas anderes geben als den Schulverbu­nd.“

Für die Lehrerbeso­ldung ist der Freistaat zuständig

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