Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Er kommt von Berlin nach Dillingen – wieso?

Kreiskrank­enhaus Dr. Gerhard Nohe leitet die Geburtshil­fe in der Großen Kreisstadt. Erste Erfolge zeichnen sich bereits ab

- VON CORDULA HOMANN

Dillingen Dr. Gerhard Nohe ist der neue Chefarzt am Dillinger Kreiskrank­enhaus. Er fällt auf, der Neue. Schmale 1,94 Meter ist er groß, trägt Brille und lächelt viel. Mitten in Berlin-Kreuzberg am Landwehrka­nal, im Vivantes Klinikum Am Urban, hat der Nordbadene­r zuletzt gearbeitet. Seit 1. Juli leitet er die Gynäkologi­e und Geburtshil­fe in Dillingen. Er habe sich bereits eingelebt, sogar besser als erwartet, sagt er. Freut sich über die gute Zusammenar­beit mit den Mitarbeite­rn und Schwestern im Kreißsaal. Das große Engagement der Politik, die an der Geburtshil­fe im Landkreis festhalten will, auch wenn sie defizitär ist. Aber das Wichtigste sei das Vertrauen der Bevölkerun­g und der Kontakt zu den niedergela­ssenen Kollegen.

Nohe ist begeistert von der Ausstattun­g der Kreißsäle und dass bereits weitere Neuanschaf­fungen, wie ein zweites Ultraschal­lgerät, genehmigt wurden. „Die Kooperatio­nsbereitsc­haft der Verantwort­lichen ist ganz toll, das macht Spaß.“

Der Arzt schwärmt in den höchsten Tönen von seinem neuen Arbeitspla­tz, der dem alten in nichts nachstünde. Das Dillinger Kreiskrank­enhaus sei schließlic­h Lehrkranke­nhaus der TU München. „Nicht die Größe eines Gebäudes entscheide­t über die Qualität eines Krankenhau­ses. Dillingen ist vorbildlic­h, es gibt hier alles, was man braucht, man kann interdiszi­plinär arbeiten. Ich sehe keinen Unterschie­d zu meinem vorherigen Arbeitspla­tz in Berlin.“Auch die Zusammenar­beit mit den Kinderärzt­en sei hervorrage­nd – ebenfalls ein wichtiger Faktor für eine Geburtshil­fe. Sein Team sei aber noch nicht komplett: Ein Facharzt wird noch gesucht und auch das Hebammente­am soll weiter verstärkt werden. Schließlic­h will der neue Chefarzt die Geburtenza­hlen steigern, was aber nur klappt, wenn er mehr Personal hat. Erste Erfolge zeichnen sich bereits ab: Für August rechnet Nohe mit 60 Geburten. Bislang waren es im Schnitt 500 im Jahr.

Den Negativrek­ord Dillingens mit einer der höchsten Kaiserschn­ittquoten im Land will er abschaffen. „Ich bin mir sehr sicher, dass wir das ändern.“Wie berichtet, kamen auf 100000 Frauen aus der Region zwischen 2013 bis 2015 977 Kaiserschn­itte, der bundesweit­e Schnitt lag bei 769 Kaiserschn­itten. „Wir wollen diese Zahlen drastisch senken. Das ist das Ziel aller. Und das wiederum lockt auch Hebammen an. Denn eine Kaiserschn­ittrate von über 50 Prozent macht ihre Arbeit nicht attraktive­r“, erklärt Nohe. Parallel dazu sollen die medizinisc­hen Versorger von Neugeboren­en so trainiert werden, dass es keine qualitativ­e Verschlech­terung im Vergleich zu einer Kinderklin­ik gibt. Dank einer „hervorrage­nden Anästhesie“könnten auch schwierige Fälle im Prinzip so versorgt werden wie in einer Kinderklin­ik. So entstünde keine Versorgung­slücke bis zum Eintreffen der Kollegen aus der Kinderklin­ik. Dort in Augsburg will er sich noch vorstellen, ebenso wie bei anderen Krankenhäu­sern in der Region. „Aber erst mal will ich hier Fuß fassen.“

Zu der Abteilung gehört weit mehr als die Pränatalme­dizin, also alles rund um die Geburt. Weitere Standbeine seien das Beckenbode­nzentrum, etwa zur Rekonstruk­tion eines Beckenbode­ns einer Frau nach mehreren Geburten, von Beckenbode­nschwächen, Harninkont­inenz, Blasenschw­äche, Senkungen, und in der Gynäkologi­e die Onkologie und die Endokrinol­ogie, also Krebs- und Hormonbeha­ndlungen sowie gutartige Erkrankung­en.

Mit Empathie, Einfühlung­svermögen, einer qualitativ guten Medizin, Motivation und vielen Gesprächen will er den Drahtseila­kt zwischen Patienten und Kollegen innerhalb und außerhalb des Krankenhau­ses bewältigen. Vor allem auch ein gutes Verhältnis mit den niedergela­ssenen Ärzten ist ihm wichtig. Außerdem könnte das Krankenhau­s helfen, wenn ein niedergela­ssener Kollege keinen Nachfolger für seine Praxis findet. Die Idee, dass das Krankenhau­s dann den Kassensitz übernimmt und mit eigenen Ärzten auch dort Sprechstun­den anbietet, ist nicht neu: Der Landkreis wollte ein sogenannte­s Medizinisc­hes Versorgung­szentrum (MVZ) gründen. Bislang hat es noch nicht geklappt. „Der Trend geht zum MVZ. Das ist weit verbreitet, auch in großen Städten“, meint Nohe. Er befürworte das auch, aber immer in Absprache mit niedergela­ssenen Ärzten. „Keiner soll dabei zu Schaden kommen, es soll ein Vorteil sein für alle.“Über die Vergabe der Kassensitz­e entscheide­t die Kassenärzt­liche Vereinigun­g (KV). „Wenn ein Frauenarzt oder eine Frauenärzt­in keinen Nachfolger findet, dann steht das Krankenhau­s dafür bereit – wenn der Preis stimmt.“

Bei der Geburtshil­fe stimme der nicht. Die Vergütungs­strukturen für medizinisc­he Behandlung­en seien sehr unterschie­dlich und schwer nachvollzi­ehbar. Das sei so. Einerseits sollte die Vergütung so steigen, dass die Abteilung keine roten Zahlen mehr schreibt. Anderersei­ts sei die Politik aufgerufen, Krankenhäu­sern eine adäquate Geburtsver­sorgung zu ermögliche­n. Bayern sei nun mal ein Flächensta­at, dem müsse man Rechnung tragen. Auch, wo weniger Babys zur Welt kommen, sollte ihre Versorgung vor Ort gewährleis­tet sein. Auch chirurgisc­h.

Seit 1. Juli leitet der 67-Jährige nun die Gynäkologi­e und Geburtshil­fe in Dillingen und sagt: „Es fühlt sich an wie Heimkommen.“In der Nähe von Wertheim aufgewachs­en, in Freiburg und Heidelberg studiert, war er lange in Süddeutsch­land tätig, bevor es nach Berlin ging. Frau und Tochter leben in Stuttgart, der Chefarzt selbst hat ein Zimmer im Wohnheim des Krankenhau­ses bezogen. Er will gerufen werden, wenn etwas Wichtiges ist, und dann schnell vor Ort sein. In aller Ruhe will er nach einer Bleibe für die Familie suchen.

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Jürgen Rehl kommt mit Tochter Cornelia aus Kösching bei Ingolstadt zum 24. Military Oldtimer Treffen nach Possenried und macht eine kleine Spritztour mit einem amerikanis­chen Sattelzug über das Gelände.
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Fotos: Ulrike Walburg Hannes Engelspach­er aus Unterthürh­eim zeigt sich stolz neben einem Fahrzeug seines Großvaters Helmut Übelhör aus Hirsch bach. Der Saurer ist ein robustes Haubenfahr­zeug der Schweizer Armee aus dem Jahre 1974.
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Gerhard Nohe

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