Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Alltag in der Ankereinrichtung
Asyl Seit zwei Wochen leben knapp 30 Männer in der Alten Ziegelei in Inningen. Kommende Woche kommen 20 Bewohner hinzu. Der Tagesablauf spielt sich langsam ein. Dabei wird sich aber noch einiges ändern
In der Ankereinrichtung in Inningen liegen Freud und Leid nah beieinander. Seit Montag vergangener Woche leben knapp 30 Bewohner aus Gambia und der Türkei in der Alten Ziegelei in der Hohenstaufenstraße. Die Asylbewerber sind in ihrem Verfahren weit vorgerückt und warten in Augsburg auf ihren endgültigen Bescheid. Zwei Türken haben vergangene Woche ihre Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Sie gelten in Deutschland nun als anerkannt und dürfen sich außerhalb der Einrichtung eine Wohnung suchen.
Ein Gambier dagegen wurde am Donnerstagmorgen abgeholt. Er bekam einen negativen Bescheid und musste ausreisen. Vom Flughafen München ging es für den Afrikaner in das Land, in das er zuerst in Europa einreiste. „Die Quote der Türken, die in Deutschland bleiben dürfen, liegt bei 40 bis 50 Prozent. Das sind oft Menschen, die in der Opposition aktiv sind und vor Präsident Erdogan flüchten müssen. Die Quote der Gambier liegt dagegen bei nicht einmal zehn Prozent“, sagt Frank Kurtenbach von der Regierung von Schwaben. Er ist der Leiter der Anker-Einrichtungen in Donauwörth und Augsburg und besucht die Inninger Dependance regelmäßig. Derzeit leben dort 29 Männer – 21 Türken und acht Gambier; kommende Woche kommen nochmals 20 Männer hinzu.
Am Donnerstag berichtete Josef Gediga, Vizepräsident der Regierung von Schwaben, im Ferienausschuss des Stadtrats, dass die Flüchtlingsunterkunft am Kobelweg in Augsburg künftig als weitere Zweigstelle des Ankerzentrums genutzt werden soll. Das Gebäude würde Platz für 120 bis 140 Personen bieten. Dort könnten Frauen, Männer und Familien ohne Kinder untergebracht werden. Wie schnell ein Umzug von der Inninger Ein- richtung an den Kobelweg erfolgen könnte und ob die Inninger Dependance überhaupt vollkommen geräumt wird, steht noch nicht fest. Sicher ist, dass es einige Wochen dauern dürfte, bis die Gespräche zwischen Regierung von Schwaben und Stadt abgeschlossen sind und das Gebäude am Kobelweg entsprechend eingerichtet ist. So lange wird die Einrichtung in Inningen genutzt, die Platz für 90 Männer bietet.
In der Mittagszeit sitzt eine Gruppe von Gambiern auf Bierbän- ken vor dem Eingangsbereich, sie unterhalten sich, blicken immer wieder in ihre Handys. „In unseren Einrichtungen gibt es freies WLAN. Das ist wichtig, denn die Asylbewerber haben ihre Familien in ihren Heimatländern zurückgelassen und wollen natürlich den Kontakt zu ihnen halten“, erklärt Kurtenbach.
Im Eingangsbereich stehen Thermoskannen mit Kaffee, heißem Wasser und Milch. In einem angrenzenden Zimmer hat der Caterer das Mittagessen aufgebaut. Es gibt Hühnchen mit Reis, Gemüse und Salat. Daneben steht ganztägig Wasser bereit. „Das Angebot ist mit Augenmaß kalkuliert. Es soll natürlich kein Luxus sein, es soll den Bewohnern hier aber auch schmecken“, sagt Kurtenbach. Die ersten beiden Wochen umschreibt der Leiter der Einrichtung als „entspannt“.
Es habe keine Konflikte gegeben, alles gehe seinen normalen Gang. Gambier und Türken kommunizierten untereinander wenig, dafür umso mehr mit ihren Landsleuten. Vonseiten der Inninger Bevölkerung habe es auch keine Klagen gegeben, so Kurtenbach. Sechs Mitarbeiter eines Sicherheitsdiensts sind im Einsatz: Zwei Personen sind am Eingangstor postiert, zwei gehen auf dem Gelände Streife, zwei Wachleute halten sich im Gebäude auf. Kurtenbach: „Momentan ist das eine hohe Anzahl, aber wir wollten anfangs sehen, wie sich alles einspielt und wie hoch überhaupt der Bedarf ist. Das kann sich also noch alles ändern.“
An das Büro des Sicherheitspersonals schließt sich das Büro des Verwaltungspersonals an. Kurtenbach ist es wichtig, dass immer jemand vor Ort ist. „Natürlich können wir so die Lage besser einschätzen, aber es ist auch aus anderen Gründen wichtig. Wenn beispielsweise ein Bewohner krank ist und dringend einen Arzt braucht, können unsere Mitarbeiter einen Notarzt verständigen.“Das Sicherheitspersonal, das rund um die Uhr im Einsatz ist, behält auch in der Nacht den Überblick.
Wie viel Zeit die Bewohner in der Inninger Ankereinrichtung verbringen werden, ist individuell verschieden. Bald werden sie auch in der Inninger Einrichtung die Gelegenheit erhalten, sich ihr Taschengeld aufzubessern, das sie vom Sozialamt beziehen. Hilfstätigkeiten beim Putzen, Abspülen, Dolmetschen oder der Pflege der Grünanlagen wird mit 80 Cent pro Stunde vergütet. Sie sind nicht nur ein willkommener Zusatzverdienst, sondern auch eine Beschäftigungsmaßnahme.
Bald wird das Bayerische Rote Kreuz in den Räumen der Einrichtung die Asyl-Sozialberatung aufnehmen, Mitarbeiter und ehrenamtliche Helfer des Freiwilligen-Zentrums Augsburg und des Vereins „Tür an Tür“waren ebenfalls bereits vor Ort, um über spezielle Angebote, wie Deutsch- oder Sportkurse, zu sprechen.