Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Dänemark sucht eine Nationalelf
Noch nie war es in Dänemark so einfach, Fußball-Nationalspieler zu werden, wie in diesen Tagen. Der dänische Verband nominiert jeden Sohn des Landes, der halbwegs kicken kann und dem ein Einsatz in der Nationalelf mehr wert ist als die Einkünfte eines Werbevertrages. Auf diesem Weg lässt sich gleich auch noch der Traum vom Nationaltrainer erfüllen. Auch diese Position ist vakant, nachdem nicht nur Spieler der ersten Garnitur, sondern auch die Trainer ihren Fußball-Dienst für die Monarchie verweigern.
Das Personal streikt für das Recht auf individuelle Sponsorenverträge, die in Konkurrenz zu Verträgen des Teamsponsors stehen. Beispiel: Der Verband besitzt einen Ausrüstervertrag mit Nike, der Spieler beharrt auf seinen PumaStiefeln. Ehe nun jemand mit den geknechteten Kickern Mitleid empfindet, sei daran erinnert, dass auch im kleinen Dänemark kein Profi hungern muss, sondern fast alle Nationalspieler Millionäre sind.
Konkurrierende Interessen dieser Art gibt es auch anderswo immer wieder. Niemand aber hat sie bislang derart hartleibig auf die Spitze getrieben wie die
Dänen. Weil die Uefa mit Ausschluss von der EM
2020 droht, falls Dänemark für das SlowakeiSpiel morgen kein Team auf die Beine bringt, nominiert der Verband nun eine Verlegenheits-Elf.
Die Geschichte ist beispielgebend für wirtschaftliche Interessen, die den Fußball immer stärker beherrschen. Damit sind wir bei der Nations League, einem weiteren europäischen Milliardenprojekt. Die Idee dahinter: Der europäische Fußball-Verband Uefa will die ungeliebten Testspiele aufwerten. Früher hießen sie auch Freundschaftsspiele. Aber Freundschaft passt nicht mehr ins getunte Fußball-Getriebe und Partien unter diesem Motto will kein Mensch mehr sehen. Darum füllt die Nations League nun die letzten Ritzen zwischen Bundesliga, DFB-Pokal, Champions und Europa League. Solange mit Fußball Geld zu verdienen ist, flutet er durch die Kanäle.
Dabei klagen Akteure und Vereine seit langem über zu viel Betrieb und ellenlange Verletztenlisten. Warum aber die Nationalverbände mit? Weil jeder profitiert. Die Großen, die in den Gruppenspielen unter sich bleiben, können sich besser vermarkten, wenn sie nicht mit Fußball-Zwergen wie Luxemburg auftreten müssen. Den Kleinen eröffnet die Nations League einen Seitenzugang zur Europameisterschaft. Was aber machen die Großmächte, die nun keine Freunde mehr haben, um in Testspielen junge Talente oder neue Systeme zu erproben. Die Uefa könnte diesem Bedürfnis mit einer Testspielliga begegnen.