Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Jugendamt: Jetzt spricht der Referent
Stefan Kiefer sagt, Berliner Ministerium will kein Geld zurück
ist: Eine Band, die anderorts gleich das ganze Zelt auf die Bierbänke treibt, muss in Augsburg nicht unbedingt ankommen.
Welche Musiker den Zuschlag für das Schallerzelt bekommen, entscheidet er deshalb oft nach Gefühl. Und damit liege er meistens richtig. Den Erfolg misst Die- ter Held an der Stimmung im Zelt, aber auch ganz einfach am Umsatz. Wobei die Band nicht zwingend Schuld ist, wenn es mal nicht gut läuft. Das Wetter spielt eine große Rolle, Ferienzeiten auch. Und zu Monatsbeginn, wenn das Gehalt frisch überwiesen ist, geben die Besucher mehr aus als am Monatsende.
ist die Musik auch im Binswanger-Zelt. Junior-Chef Thomas Kempter bucht hier seit einigen Jahren die Bands. Was ihm wichtig ist: Die Musiker sollen keine zu langen Pausen einlegen. Es gebe Gruppen, die bei einem fünfstündigen Auftritt zwei Stunden Pause machen. Das will er dem Publikum im BinswangerZelt – es ist mit rund 4000 Plätzen das größte auf dem Plärrer – nicht zumuten. Denn: „Die Menschen kommen, um zu feiern, und nicht, um zu warten.“Auch Thomas Kempter reist zu anderen Festen, um zu beobachten, was in den Zelten gut ankommt. Ein Trend der vergangenen Jahre ist der „Volksrung Rock’n’Roll“, den der österrische Sänger Andreas Gabalier etabliert hat. Rockige Lieder mit Elementen aus der Volksmusik. Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Bands, die sich an diesem Stil orientieren. Die Gruppe „Volxx-Liga“, die im Binswanger-Zelt auftritt, gehört dazu.
Festwirt Thomas Kempter sagt, er engagiere Bands nur, wenn er sie zuvor selbst gehört und gesehen hat. Auch auf Internetvideos verlässt er sich nicht. Kempter hat nicht den Eindruck, dass sich das Augsburger Bierzelt-Publikum stark von den Festbesuchern andernorts unterscheide, sagt er. Bands, die etwa auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart ankommen, seien in aller Regel auch auf dem Plärrer erfolgreich.
Haben sich die Wirte nicht schon sattgehört an den Partyhits, die sie jeden Abend aufs neue hören müsChefsache sen? Nein, sagt Thomas Kempter. Und falls er eine bestimmte Band nicht mehr hören wolle, dann sei das ein wichtiger Hinweis darauf, wieder etwas Neues zu wagen.
Dieter Held sieht es ähnlich. Die Partymusik gefalle ihm, sagt er. Auch wenn er Helene Fischers „Atemlos“oder den klassischen Rausschmeißer „Angels“schon so oft gehört hat. Sein Herz aber schlägt für echte, harte Rockmusik. Auch deshalb spielt im Schallerzelt immer wieder die Rockband „Helter Skelter“.
Spricht man ihn darauf an, kann der sonst eher ruhige Festwirt richtig ins Schwärmen geraten. Meist beobachtet er das Geschehen im Zelt von weiter hinten aus. Er steht oft in der Nähe des Festzeltbüros. Wenn die Rocker die Bühne erobern, sieht man den Festwirt aber gerne auch mal weiter vorn. Wie teuer kommt die Stadt Augsburg am Ende die folgenschwere Panne im städtischen Jugendamt zu stehen? 1,07 Millionen Euro sind es bereits jetzt. Dieser Betrag beruht auf einer Entscheidung des Landtags. Der Freistaat will 25,63 Millionen Euro übernehmen. Was aber macht der Bund, an dem nach bisheriger Lesart der Betrag von 1,8 Millionen Euro hängt? Sozialreferent Stefan Kiefer (SPD) sieht mittlerweile beste Chancen, dass auf die Stadt Augsburg von dieser Seite keine Rückzahlung zukommt. Laut Kiefer mache das Familienministerium keine Schwierigkeiten.
Auf Anfrage sagte er: „Berlin beziehungsweise das Bundesministerium verlangt überhaupt kein Geld zurück.“Kiefer reagierte auf Anfrage auf die jüngste Berichterstattung über das 28,5-Millionen-Euro-Debakel im Jugendamt. Hier hatte der städtische Sprecher Richard Goerlich geäußert, dass sich die Stadt in Gesprächen mit den zuständigen Ministerien befinde. Wie die Dinge ausgehen, wollte Goerlich am Montag jedenfalls nicht bewerten. Aus Rathauskreisen wird bestätigt, dass derzeit nichts Schriftliches vorliege.
Kiefer ging am Dienstag in die Offensive, was den Ausgang anbelangt: „Die bisherige konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten lässt mich hoffen, dass uns auch hier noch eine gute Lösung gelingt.“Um die Mittel aus Berlin müsse man sich nicht sorgen, denn diese Entscheidung liege nunmehr beim bayerischen Ministerium. Bei den Zuschüssen habe Berlin Geld an Bayern überwiesen. Berlin sei somit aus der Entscheidung raus, sagt Kiefer: „Deshalb könnte das Land allerdings die Bundesmittel nach derzeitiger Rechtslage zurückverlangen.“Dies sei der springende Punkt in der Hängepartie um die Fördergelder. Es geht um 1,8 Millionen Euro.
Kiefer geht felsenfest davon aus, dass es aus Berlin keine Fallstricke geben werde: „Wir haben das Bundesministerium nur um Hilfe angefragt.“Die Entscheidung des bayerischen Sozialministeriums zähle für ihn. Kiefer erläutert: „Der Landtag hatte ja einstimmig die Überprüfung einer Gleichbehandlung der Bundesmittel wie bei den Landesmitteln gewünscht.“Der Sozialreferent würde ein solches Vorgehen definitiv begrüßen, schränkt aber auch zugleich ein: „Alternativ sind andere Lösungen denkbar. Hier sind wir leider noch nicht am Ziel.“Es wäre sein Wunsch, dass die Hängepartie um den Millionenzuschuss bald beendet werde. Kiefer trägt die Verantwortung für das Jugendamt, in dem auf Verwaltungsebene der gravierende Fehler passierte. Ein Mitarbeiter hatte einen Förderantrag über 28,5 Millionen Euro verspätet eingereicht. Der Stadt drohte anfangs die komplette Rückzahlung.
Der Mitarbeiter nimmt nun eine andere Aufgabe wahr. Die Amtsleiterin musste gehen, sie wechselt ins OB-Referat. Die Stelle ist jetzt ausgeschrieben. Kiefer sieht das Jugendamt nach der Aufarbeitung des Finanzdesasters gut aufgestellt: „Die Verwaltungsprozesse, in denen der Fehler bei der Antragstellung geschehen ist, wurden fachkundig überprüft und Konsequenzen daraus gezogen.“Neben zusätzlich eingeführten Kontrollmechanismen werde die künftige Amtsleitung in ihrer Führungs- und Controlling-Struktur gestärkt werden.
Man müsse zudem sehen, welche erfolgreichen Projekte über das Amt laufen, die nichts mit der Panne bei der Antragstellung zu tun haben.