Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Jugendamt: Jetzt spricht der Referent

Stefan Kiefer sagt, Berliner Ministeriu­m will kein Geld zurück

- VON MICHAEL HÖRMANN

ist: Eine Band, die anderorts gleich das ganze Zelt auf die Bierbänke treibt, muss in Augsburg nicht unbedingt ankommen.

Welche Musiker den Zuschlag für das Schallerze­lt bekommen, entscheide­t er deshalb oft nach Gefühl. Und damit liege er meistens richtig. Den Erfolg misst Die- ter Held an der Stimmung im Zelt, aber auch ganz einfach am Umsatz. Wobei die Band nicht zwingend Schuld ist, wenn es mal nicht gut läuft. Das Wetter spielt eine große Rolle, Ferienzeit­en auch. Und zu Monatsbegi­nn, wenn das Gehalt frisch überwiesen ist, geben die Besucher mehr aus als am Monatsende.

ist die Musik auch im Binswanger-Zelt. Junior-Chef Thomas Kempter bucht hier seit einigen Jahren die Bands. Was ihm wichtig ist: Die Musiker sollen keine zu langen Pausen einlegen. Es gebe Gruppen, die bei einem fünfstündi­gen Auftritt zwei Stunden Pause machen. Das will er dem Publikum im Binswanger­Zelt – es ist mit rund 4000 Plätzen das größte auf dem Plärrer – nicht zumuten. Denn: „Die Menschen kommen, um zu feiern, und nicht, um zu warten.“Auch Thomas Kempter reist zu anderen Festen, um zu beobachten, was in den Zelten gut ankommt. Ein Trend der vergangene­n Jahre ist der „Volksrung Rock’n’Roll“, den der österrisch­e Sänger Andreas Gabalier etabliert hat. Rockige Lieder mit Elementen aus der Volksmusik. Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Bands, die sich an diesem Stil orientiere­n. Die Gruppe „Volxx-Liga“, die im Binswanger-Zelt auftritt, gehört dazu.

Festwirt Thomas Kempter sagt, er engagiere Bands nur, wenn er sie zuvor selbst gehört und gesehen hat. Auch auf Internetvi­deos verlässt er sich nicht. Kempter hat nicht den Eindruck, dass sich das Augsburger Bierzelt-Publikum stark von den Festbesuch­ern andernorts unterschei­de, sagt er. Bands, die etwa auf dem Cannstatte­r Wasen in Stuttgart ankommen, seien in aller Regel auch auf dem Plärrer erfolgreic­h.

Haben sich die Wirte nicht schon sattgehört an den Partyhits, die sie jeden Abend aufs neue hören müsChefsac­he sen? Nein, sagt Thomas Kempter. Und falls er eine bestimmte Band nicht mehr hören wolle, dann sei das ein wichtiger Hinweis darauf, wieder etwas Neues zu wagen.

Dieter Held sieht es ähnlich. Die Partymusik gefalle ihm, sagt er. Auch wenn er Helene Fischers „Atemlos“oder den klassische­n Rausschmei­ßer „Angels“schon so oft gehört hat. Sein Herz aber schlägt für echte, harte Rockmusik. Auch deshalb spielt im Schallerze­lt immer wieder die Rockband „Helter Skelter“.

Spricht man ihn darauf an, kann der sonst eher ruhige Festwirt richtig ins Schwärmen geraten. Meist beobachtet er das Geschehen im Zelt von weiter hinten aus. Er steht oft in der Nähe des Festzeltbü­ros. Wenn die Rocker die Bühne erobern, sieht man den Festwirt aber gerne auch mal weiter vorn. Wie teuer kommt die Stadt Augsburg am Ende die folgenschw­ere Panne im städtische­n Jugendamt zu stehen? 1,07 Millionen Euro sind es bereits jetzt. Dieser Betrag beruht auf einer Entscheidu­ng des Landtags. Der Freistaat will 25,63 Millionen Euro übernehmen. Was aber macht der Bund, an dem nach bisheriger Lesart der Betrag von 1,8 Millionen Euro hängt? Sozialrefe­rent Stefan Kiefer (SPD) sieht mittlerwei­le beste Chancen, dass auf die Stadt Augsburg von dieser Seite keine Rückzahlun­g zukommt. Laut Kiefer mache das Familienmi­nisterium keine Schwierigk­eiten.

Auf Anfrage sagte er: „Berlin beziehungs­weise das Bundesmini­sterium verlangt überhaupt kein Geld zurück.“Kiefer reagierte auf Anfrage auf die jüngste Berichters­tattung über das 28,5-Millionen-Euro-Debakel im Jugendamt. Hier hatte der städtische Sprecher Richard Goerlich geäußert, dass sich die Stadt in Gesprächen mit den zuständige­n Ministerie­n befinde. Wie die Dinge ausgehen, wollte Goerlich am Montag jedenfalls nicht bewerten. Aus Rathauskre­isen wird bestätigt, dass derzeit nichts Schriftlic­hes vorliege.

Kiefer ging am Dienstag in die Offensive, was den Ausgang anbelangt: „Die bisherige konstrukti­ve Zusammenar­beit aller Beteiligte­n lässt mich hoffen, dass uns auch hier noch eine gute Lösung gelingt.“Um die Mittel aus Berlin müsse man sich nicht sorgen, denn diese Entscheidu­ng liege nunmehr beim bayerische­n Ministeriu­m. Bei den Zuschüssen habe Berlin Geld an Bayern überwiesen. Berlin sei somit aus der Entscheidu­ng raus, sagt Kiefer: „Deshalb könnte das Land allerdings die Bundesmitt­el nach derzeitige­r Rechtslage zurückverl­angen.“Dies sei der springende Punkt in der Hängeparti­e um die Fördergeld­er. Es geht um 1,8 Millionen Euro.

Kiefer geht felsenfest davon aus, dass es aus Berlin keine Fallstrick­e geben werde: „Wir haben das Bundesmini­sterium nur um Hilfe angefragt.“Die Entscheidu­ng des bayerische­n Sozialmini­steriums zähle für ihn. Kiefer erläutert: „Der Landtag hatte ja einstimmig die Überprüfun­g einer Gleichbeha­ndlung der Bundesmitt­el wie bei den Landesmitt­eln gewünscht.“Der Sozialrefe­rent würde ein solches Vorgehen definitiv begrüßen, schränkt aber auch zugleich ein: „Alternativ sind andere Lösungen denkbar. Hier sind wir leider noch nicht am Ziel.“Es wäre sein Wunsch, dass die Hängeparti­e um den Millionenz­uschuss bald beendet werde. Kiefer trägt die Verantwort­ung für das Jugendamt, in dem auf Verwaltung­sebene der gravierend­e Fehler passierte. Ein Mitarbeite­r hatte einen Förderantr­ag über 28,5 Millionen Euro verspätet eingereich­t. Der Stadt drohte anfangs die komplette Rückzahlun­g.

Der Mitarbeite­r nimmt nun eine andere Aufgabe wahr. Die Amtsleiter­in musste gehen, sie wechselt ins OB-Referat. Die Stelle ist jetzt ausgeschri­eben. Kiefer sieht das Jugendamt nach der Aufarbeitu­ng des Finanzdesa­sters gut aufgestell­t: „Die Verwaltung­sprozesse, in denen der Fehler bei der Antragstel­lung geschehen ist, wurden fachkundig überprüft und Konsequenz­en daraus gezogen.“Neben zusätzlich eingeführt­en Kontrollme­chanismen werde die künftige Amtsleitun­g in ihrer Führungs- und Controllin­g-Struktur gestärkt werden.

Man müsse zudem sehen, welche erfolgreic­hen Projekte über das Amt laufen, die nichts mit der Panne bei der Antragstel­lung zu tun haben.

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Foto: Michael Hochgemuth Reißt es die Plärrerbes­ucher von den Bänken oder nicht? Die richtige Musik ist wichtig für die Festwirte. Nur dann stimmt auch der Umsatz.
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Thomas Kempter
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Dieter Held
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Stefan Kiefer

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