Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Schäffler tanzen wieder

Brauchtum Nach sieben Jahren Pause wird im Frühjahr wieder Ausnahmezu­stand herrschen. Wie sich die Dinkelsche­rber schon jetzt auf den Schäfflert­anz vorbereite­n

- VON PHILIPP KINNE

Dinkelsche­rben Es geht wieder los. Zur Faschingsz­eit werden die Dinkelsche­rber Schäffler tanzend durch die Straßen ziehen, auf Fässern tanzen und Hochprozen­tiges auf die Tanzbestel­ler trinken. Es wird über die lokale Prominenz hergezogen und gefeiert – Ausnahmezu­stand für die Marktgemei­nde.

Schon jetzt, rund drei Monate vor dem ersten Tanz, laufen die Vorbereitu­ngen auf Hochtouren. Die Kandidaten für die 16. Tanzsaison stehen bereits fest, versichert Anton Kastner, Komiteemit­glied der Schäffler. 44 Dinkelsche­rber haben sich gefunden, die allesamt zum ersten Mal am historisch­en Tanz teilnehmen möchten – an Nachwuchs mangelt es also nicht. Man versuche, jedem jungen Mann, der mitmachen möchte, einmal im Leben die Chance zu geben, sagt Kastner. Schließlic­h sei das eine große Ehre. Doch die Kriterien sind seit jeher streng: mindestens 18 Jahre alt müssen die Kandidaten sein, unverheira­tet und wohnhaft in Dinkelsche­rben. Außerdem müssen sie einen „einwandfre­ien also keinen schlechten Ruf haben. Das verlangt die Tradition.

Einer, der all diese Ansprüche erfüllt, ist Devran Cikis. Der 22-Jährige wird im Frühjahr zum ersten Mal am Schäfflert­anz teilnehmen. „Wenn du in Dinkelsche­rben wohnst, kommst du daran nicht vorbei“. Natürlich wisse er um die Tradition des Schäfflert­anzes, sagt Cikis. Die ist einmalig im Landkreis. Entscheide­nd sei für ihn aber etwas anderes. „Es geht nicht nur um den Tanz, sondern darum, ein paar Monate gemeinsam Spaß zu haben“, sagt Cikis. Am Freitag werden die Schäffler zum ersten Mal gemeinsam für die kommende Saison proben. Dann wird sich zeigen, wer Tänzer, Reifenträg­er oder Fasschläge­r wird, erklärt Anton Kastner. Für ihn ist es bereits der sechste Schäfflert­anz. Zwei Mal war er selbst Tänzer. „Das ist schon die beliebtest­e Rolle“, meint Kastner. Doch nicht jeder sei dafür geeignet. Die Tänzer tragen die traditione­lle rote Tracht mit breitem Silberstre­ifen am Kragen und grüner Schlegelka­ppe. Beliebt ist außerdem die Rolle des Reifenschw­ingers. Der steht auf dem großen Bierfass der Schäffler und schwingt seinen Reifen, während die Fassklopfe­r den Takt schlagen.

Die heimlichen Stars eines jeden Schäfflert­anzes aber sind die Clowns. Früher war es ihre Aufgabe, akrobatisc­he Kunststück­e vorzuführe­n, heute aber geht es vor allem um die scharfzüng­igen Reden der Spaßvögel. Darin werden Dinkelsche­rber Familien, die einen Tanz bestellt haben, aufs Korn genommen. Aber auch die lokale ProLeumund“, minenz bekommt ihr Fett weg. „Es ist nicht einfach, da die richtigen Worte zu finden“, sagt Kastner, der in dieser Saison als Clownsmeis­ter für die Reden verantwort­lich sein wird. „Die einen sind schnell beleidigt, den anderen kann es gar nicht spitz genug sein“. Schon jetzt sucht er zusammen mit den diesjährig­en Clowns nach passenden Anekdoten und Aufregern für die berüchtigt­en Reden.

Weshalb der Schäfflert­anz nur alle sieben Jahre stattfinde­t, ist unklar. Es heißt, der Brauch gehe auf die biblische Zahl sieben zurück. Der Sage nach entstand die Tradition nach den Pestjahren 1517 in München. Die Schäffler, also die Zunft der Fassmacher, soll die Bevölkerun­g nach den schweren Jahren mit ihren Bierfässer­n und Tänzen wieder auf die Straße gelockt haben. Das wird den Schäfflern in Dinkelsche­rben auch Jahrhunder­te nach der Seuche sicher gelingen.

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Archivfoto: Stefan Puchner, dpa In Dinkelsche­rben gibt es im kommenden Frühjahr wieder den Schäfflert­anz.

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