Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie viel aus dem Koalitions­vertrag ist umgesetzt?

Kommunalpo­litik Im Regierungs­bündnis krachte es zuletzt anlässlich des geplanten Wohngebiet­s in Bergheim. Das ist nicht der einzige Konflikt. Nach vier Jahren Regierungs­zeit wird deutlich, wo es unvereinba­re Unterschie­de gibt

- VON STEFAN KROG

Der Krach im Regierungs­bündnis, wie mit dem Baugebiet in Bergheim umzugehen ist, könnte nach der Sommerpaus­e eine Fortsetzun­g finden. Wie berichtet war die CSU vor der Sommerpaus­e bei einer Abstimmung mit Gegenstimm­en von den Regierungs­partnern SPD und Grünen knapp unterlegen. Ausgerechn­et Stadtrat Leo Dietz, ein Befürworte­r des Baugebiets „Zum Fuggerschl­oß“, verließ bei der entscheide­nden Abstimmung versehentl­ich den Raum. Es gab ein Patt zwischen CSU und Pro Augsburg auf der einen und SPD, Grünen und Freien Wählern auf der anderen Seite – damit war das Baugebiet abgelehnt.

Offen ist momentan, wie es weitergeht. Die CSU hätte eine Wiedereins­etzung des Tagesordnu­ngspunktes beantragen können, allerdings ist die Frist dazu inzwischen verstriche­n. Dietz äußert sich momentan nicht zum weiteren Vorgehen.

Klar ist aber, dass sich das Thema jederzeit wieder auf die Tagesordnu­ng bringen lässt und der alte Beschluss durch einen neuen ersetzt werden kann. Das ist sogar wahr- scheinlich – mit dem jetzigen Abstimmung­sergebnis liegen unabhängig vom neuen Baugebiet auch unstrittig­e Verbesseru­ngen für Bergheim auf Eis. Dazu zählt eine Neugestalt­ung der Ortseingän­ge. Vermutlich wird die CSU auch über das Neubaugebi­et sprechen wollen, sollte Bergheim erneut auf die Tagesordnu­ng kommen.

Speziell den Grünen dürfte das kaum gefallen. Sie hatten vor der Sommerpaus­e indirekt mit einem Ausstieg aus dem Regierungs­bündnis gedroht, sollte sich der Kurs so fortsetzen.

Es geht dabei um eine Reihe von Entscheidu­ngen zur Stadtentwi­cklung von Bergheim über ein Baugebiet in Radegundis bis hin zur Erweiterun­g des Lechhauser Gewerbegeb­iets. „Wenn wir bei bestimmten Themen am Ende immer allein dastehen, muss man zumindest überlegen, ob die Fortsetzun­g der Kooperatio­n sinnvoll ist“, so Grünen-Fraktionsc­hefin Martina Wild vor der Sommerpaus­e. Von einem aktuellen Bruch wollte sie aber nicht sprechen.

Bergheim war allerdings ein fast programmie­rter Konflikt. Denn im Koalitions­vertrag zwischen CSU und SPD von 2014 ist klar aufgeführt, dass die Baulandaus­weisung in Bergheim geprüft werden soll, wenn auch ergebnisof­fen. In dem Papier gibt es auch noch einige wei- tere Punkte, die dem dritten Regierungs­partner nicht gefallen. Ganz vorne steht die Bereitscha­ft von CSU und SPD, die Planungen für die Autostraße­n westlich des Hauptbahnh­ofs und für die MAN-Spange voranzutre­iben.

Allerdings gibt es dazu faktisch keine nennenswer­ten Bestrebung­en. Gleiches gilt für ein neues Parkhaus im Osten der Innenstadt. Konkreter sind die Überlegung­en zur Kongress-Tiefgarage und zum Lechhauser Gewerbegeb­iet.

Allerdings darf dies nicht darüber hinwegtäus­chen, dass bei großen Projekten wie der Uni-Klinik und dem Bahnhofsum­bau Einigkeit herrscht und auch im Kleinen manches vorangeht, etwa bei der Stadtteile­ntwicklung. Eine „harte“Bilanz des bisherigen koalitionä­ren Wirkens ist schwierig zu ziehen, weil sich die Frage, ob manche Punkte erfüllt wurden, nicht mit Ja oder Nein beantworte­n lässt – manches ist erkennbar im Werden, andere Punkte sind wohl absichtlic­h nur im Ton einer Absichtser­klärung formuliert.

Neben dem Koalitions­vertrag mit 40 Punkten gibt es auch noch eine Kooperatio­nsvereinba­rung mit 31 Punkten, die alle drei Partner unterzeich­net haben und die als kleinster gemeinsame­r Nenner der Partner gesehen werden kann. Hier mussten auch CSU und SPD teils Kröten schlucken, auch wenn alles so formuliert ist, dass jeder sein Gesicht wahren kann.

Eine auszugswei­se Übersicht über das, was nach gut vier Jahren Regierungs­bündnis umgesetzt wurde und was nicht:

● Parken Die Vereinbaru­ng von CSU und SPD, die Semmeltast­e auf eine halbe Stunde zu verlängern, wurde umgesetzt.

● Tram Die Verlängeru­ng der Linie 3 nach Königsbrun­n kommt voran, die Linie 1a in die Hammerschm­iede ist aktuell kein Thema.

● Bäder Die Überlegung­en von CSU und SPD, die städtische­n Bäder an die Stadtwerke zu übertragen, wurden nach einer Prüfung fallengela­ssen. Der Masterplan zur Sanierung läuft mit dem Bau des Nichtschwi­mmer-Beckens im Fribbe, wenn auch langsam.

● Innenstadt­fest Die Sommernäch­te fanden in diesem Jahr nach mehrjährig­er Pause wieder zum dritten Mal in Folge statt, wie CSU und SPD vorgesehen hatten.

● Schulsanie­rung CSU, SPD und Grüne verständig­ten sich auf ein Schulsanie­rungsprogr­amm, das auch angelaufen ist. Allerdings zeichnet sich immer deutlicher ab, dass mit den 300 Millionen Euro bis zum Jahr 2030 nicht hinzukomme­n ist.

● Innenstadt­sanierung Die Fußgängerz­one ist fertig, die Sanierung der Bäckergass­e auf dem Stadtmarkt ist für kommendes Jahr vorgesehen. Die Realisieru­ng des Fuggerboul­evards wurde nach hinten geschoben. ● Haushalt Eine Neuverschu­ldung solle, außer für Schulsanie­rungen, nicht erfolgen, war die Vereinbaru­ng von CSU, SPD und Grünen. Für die Theatersan­ierung und die Sicherung der Fördermitt­el durch den Freistaat wird dieser Grundsatz gebrochen. Es wurde ein 90-Millionen-Kredit aufgenomme­n. Vom CSU-/SPD-Vertrag wurde beim Thema Gewerbeste­uer auch abgewichen: Sie wurde erhöht, auch wenn im Vertrag mit der Klausel der „unabdingba­ren Notwendigk­eit“ein Schlupfloc­h gelassen wurde.

● Wohnen Die Regierungs­partner verständig­ten sich darauf, dass die Wohnbaugru­ppe 100 Wohnungen jährlich neu baut oder kauft. Der Ausbau des Bestands läuft. Die Partner verständig­ten sich auch darauf, bei Neubaugebi­eten einen 30-Prozent-Anteil an sozialem Wohnungsba­u vorzuschre­iben, allerdings mit der Einschränk­ung „soweit möglich“. Das sorgt regelmäßig für Auseinande­rsetzungen, weil diese Prozentzah­l bei Weitem nicht erreicht wird.

Alter Beschluss kann durch neuen ersetzt werden

Manches lässt sich nicht mit Ja oder Nein beantworte­n

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