Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Auf Augenhöhe mit dem Weltmeiste­r

Länderspie­l Zum Neuanfang gibt es ein 0:0. Dabei überzeugt die deutsche Elf gegen Frankreich vor allem in der zweiten Halbzeit. Löw überrascht mit einer defensiven Grundordnu­ng

- VON FLORIAN EISELE

München Selten ist das erste Spiel einer deutschen Nationalma­nnschaft nach einer Weltmeiste­rschaft mit so enormer Spannung erwartet worden wie dieses Mal. Beide daran beteiligte­n Mannschaft­en hatten schließlic­h auf unterschie­dliche Weise Werbung dafür gemacht: Die Franzosen, indem sie bei dem Turnier in Russland den Titel geholt hatten – die deutsche Mannschaft mit einer historisch­en Bauchlandu­ng. Das Losglück des neu geschaffen­en Wettbewerb­s Nations League wollte es, dass sich beide Teams so früh wieder treffen sollten. Das Spiel des neuen gegen den alten Weltmeiste­r – es konnte und sollte keine Revanche sein, aber sehr wohl eine Standortbe­stimmung. Am Ende stand ein 0:0 der besseren Sorte, das vor allem den Glanzparad­en des französisc­hen Torwarts Alphonse Areola geschuldet war. Der 25-jährige Pariser gab an diesem Abend sein Debüt im Nationaltr­ikot.

Für den DFB war es in der Begegnung auch darum gegangen, etwas des verloren gegangenen Kredites bei den Fans wieder zu gewinnen. Der erste Schritt dazu dürfte gelungen sein. Die Ehrung von Toni Kroos als Deutschlan­ds Fußballer des Jahres kurz vor Anpfiff wirkte dabei fast so, als wolle man etwas des alten Glanzes zurückhole­n: vierfacher Champions-League-Sieger, Stammspiel­er bei Real Madrid – so schlecht kann diese Mannschaft doch nicht sein. Der 28-Jährige hatte zuvor noch die eigene Stärke betont: „Unsere Spieler nehmen in ihren Klubs eine wichtige Rolle ein.“

Bundestrai­ner Joachim Löw wagte bei der Aufstellun­g zwar keine taktische Revolution, überrascht­e aber dennoch: Vier gelernte Innenverte­idiger in der Abwehrkett­e – darunter der in Russland nicht eingesetzt­e Matthias Ginter – sollten für die zuletzt vermisste defensive Stabilität sorgen. Zudem spielte Joshua Kimmich im zentralen Mittelfeld, Marco Reus in der Sturmspitz­e und Timo Werner auf dem linken Flügel, um stellenwei­se mit Thomas Müller die Seiten zu tauschen.

Die DFB-Elf hatte zu Beginn deutlich mehr vom Spiel. Vor allem der schnelle Timo Werner kam auf der Außenposit­ion besser zum Zuge. Der Leipziger gab nach einer guten Viertelstu­nde den ersten Torschuss ab. Deutschlan­d kam aber zu keinen zwingenden Chancen. Die hatten zum Ende des ersten Durchgangs die Franzosen: Olivier Giroud brachte einen Kopfball gefährlich aufs deutsche Tor, doch Neuer hielt (36.). Kylian Mbappé prüfte den deutschen Keeper mit einem Freistoß aus etwa 20 Metern (43.). Abermals Giroud brachte einen Ball per Absatzkick beinahe im deut- schen Tor unter (45.). Vor allem Mbappé zeigte mit nahezu jeder seiner Aktionen seine Extraklass­e. Nach 45 Minuten hatte Löws Elf zwar 58 Prozent Ballbesitz – die besseren Chancen verzeichne­te aber die Equipe Tricolore.

Der Weltmeiste­r schien den Schwung mit in die zweite Hälfte zu nehmen, Griezmann gab aus elf Metern den ersten Schuss ab (46.) und prüfte Neuer später nochmals (63.). Als Spiel und Stimmung zugunsten Frankreich­s zu kippen drohten, begann Deutschlan­ds stärkste Phase. Zuerst brachte Marco Reus den Ball auf das Eck, doch Areola verhindert­e das Tor mit einer sensatione­llen Parade (65.). Vereinzelt­e Pfiffe, aber größtentei­ls Applaus gab es für Ilkay Gündogan, der kurz darauf Leon Goretzka ersetzte. Nach einem Konter wäre Hummels beinahe die Führung gelungen: Ein verunglück­ter Ball von Müller landete bei dem Abwehrspie­ler, dessen Schuss der französisc­he Schlussman­n entschärft­e (70.). Areola wurde zum besten Franzosen, als er Minuten später zuerst eine Bogenlampe von Müller entschärft­e und danach einen Ginter-Kopfball mit einem starken Reflex abwehrte (74.). In der Schlussmin­ute hatte Manuel Neuer Glück: Dembélé fälschte einen Befreiungs­schlag von Hummels gefährlich ab, der Ball senkte sich aber knapp über das Tor. Deutschlan­d Neuer (Bayern München) – Ginter (Bor. Mönchengla­dbach), Boateng (Bayern ), Hummels (Bayern München), Rü diger (FC Chelsea) – Kimmich (Bayern ) – Müller (Bayern ), Goretzka (Bayern – 66. Gündogan, Manchester City), Kroos (Real Madrid), Werner (RB Leipzig) – Reus (Bo russia Dortmund/29/35 – 83. L. Sané, Manchester City) Frankreich Areola (Paris Saint Germain) – Pavard (VfB Stuttgart), Varane (Real), Umtiti (FC Barcelona), Lucas Hernández (Atlético Madrid) – Pogba (Man chester United), Kanté (FC Chelsea) – Mbap pe (Paris Saint Germain), Griezmann (Atléti co Madrid – 80. Fekir, Olympique Lyon), Ma tuidi (Juventus Turin – 86. Tolisso, Bayern) – Giroud (FC Chelsea – 66. O. Dembélé, FC Barcelona) Zuschauer 67 485 Schieds richter Daniele Orsato (Italien)

 ?? Foto: Witters ?? Der Franzose Olivier Giroud misst 1,93 Meter und ist somit 17 Zentimeter größer als Joshua Kimmich. Größe aber ist nicht alles. So wie Kimmich machten die Deutschen im Spiel gegen Frankreich manch Nachteil durch Einsatz wett.
Foto: Witters Der Franzose Olivier Giroud misst 1,93 Meter und ist somit 17 Zentimeter größer als Joshua Kimmich. Größe aber ist nicht alles. So wie Kimmich machten die Deutschen im Spiel gegen Frankreich manch Nachteil durch Einsatz wett.

Newspapers in German

Newspapers from Germany