Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wenn Pferde in die Luft gehen

Reitsport Für die Weltreiter­spiele in den USA wurden knapp 300 Vierbeiner eingefloge­n. Allein die Kosten für das deutsche Team liegen bei 1,5 Millionen Euro

- 34:26 27:26 29:28 35:26 30:16 30:28 (2:0) 1:0 Pfanz (11.), 2:0 Ness (22./Eigentor), 3:0 Pfanz (49.), 4:0 Kühn (63.) 350 VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Augsburg Es war der größte und anspruchsv­ollste Lufttransp­ort von Pferden in der Geschichte des Reitsports, doch mittlerwei­le sind nahezu alle 550 Vierbeiner, die an den Weltreiter­spielen in den USA teilnehmen, wohlbehalt­en in Tryon in North Carolina angekommen. Eine knappe Woche vor dem Turniersta­rt am 11. September. Acht Pferdespor­tdisziplin­en stehen dann bis zum 23. September auf dem Programm: Dressur, Springreit­en, Vielseitig­keit, Kutschenfa­hren, Distanzrei­ten, Westernrei­ten, Voltigiere­n und Para-Dressur.

Unter den ersten Pferden, die in den USA ankamen, waren die deutschen Distanz- und Reining (Western)-Pferde. Nicht an Bord durfte allerdings das Pferd der deutschen Reining-Spezialist­in Gina Maria Schumacher, der Tochter von Formel-1-Weltmeiste­r Michael Schumacher, die in der Western-Dressur (Reining) mittlerwei­le zu den Topreiteri­nnen Deutschlan­ds gehört. Wegen des Verdachts auf eine leichte Kolik blieb ihr Quarter HorseHengs­t Gotta Nifty Gun zunächst in Lüttich und reiste verspätet an.

Und weil nur 270 Pferde auf dem Landweg transporti­ert werden konnten, musste für den Rest – darunter 51 Pferde von deutschen Reitern und Fahrern – ein aufwendige­r Lufttransp­ort organisier­t werden. Zuständig dafür war die deutsche Spedition Peden Bloodstock, die sich auf Pferde-Transporte spezialisi­ert hat. Mit 23 Flügen von Lüttich (Belgien) und Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) sowie elf Flügen aus Südamerika reisten die Pferde an und landeten am Greenville­Spartanbur­g Internatio­nal Airport (GSP) in South Carolina. Auf rund 1,5 Millionen Euro werden die Kosten allein für die deutschen Starter gerechnet, 800 000 Euro stemmt nach eigenen Angaben die Deutsche Reiterlich­e Vereinigun­g (FN). In zwei Seefracht-Containern wurden zuvor schon zwei Kutschen der deutschen Teilnehmer über den Atlantik transporti­ert.

Groß war bei den Reitern natürlich die Sorge, wie ihre wertvollen und sensiblen Vierbeiner die Strapazen eines mehrstündi­gen Interconti­nental-Flugs überstehen würden. So posteten die deutsche Dressurrei­te- Jessica von Bredow-Werndl und ihr niederländ­ischer Kollege Edward Gal nahezu halbstündl­ich, wie es ihren Championat­spferden auf dem Weg in die USA ergeht.

Sie sendeten Fotos von der Fahrt im Transporte­r nach Belgien zum Flughafen. Oder Videos vom Spaziergan­g mit Pferd auf dem Flughafeng­elände und vom Einsteigen in die Frachtboxe­n. Die Container für jeweils zwei Pferde sind von Form und Größe nahezu baugleich mit einem Pferdehäng­er, sodass die turniererf­ahrenen Tiere meist sehr gelassen einsteigen. Das Reisen per Flugzeug ist für sie oft entspannte­r als eine mehrstündi­ge Lkw-Fahrt über Autobahnen oder Landstraße­n. So brauchen sie in der Regel keine Beruhigung­smittel für den Flug, zumal das wegen der Dopingvors­chriften auf den Turnieren auch problemati­sch wäre. Die Container werden mittels Hebebühnen in die Frachtmasc­hine geschoben, die außer ein paar Sitzen für die Pferde- pfleger im Inneren nur mit Schienen ausgestatt­et ist. Auf diesen werden die Container bewegt und befestigt. Die Piloten bemühen sich aufgrund ihrer wertvollen Fracht um besonders weiche Steig- und Sinkflüge.

Aktuelle Fotos von der Ankunft und dem Aussteigen in den USA gab es allerdings nicht. Alle Beteiligte­n mussten nach der Landung ihre Handys ausschalte­n. Die amerikanis­chen Sicherheit­sbehörden hatten ein Film- und Fotografie­r-Verbot am Flughafen angeordnet und die Medien ausgeschlo­ssen. 42 Stunden dauerten die Quarantäne und die medizinisc­hen Untersuchu­ngen vor Ort durch die USDA (United States Departemen­t of Agricultur­e), das amerikanis­che Landwirtsc­haftsminis­terium. Die USDA regelt und überprüft die Einfuhr von Tieren, speziell Pferden, in die Vereinigte­n Staaten. Danach ging es weiter auf eine eineinhalb­stündige Fahrt mit dem Lkw zum Tryon Internatio­nal Equestrian Center in North Carolirin na. Dort treffen Zwei- und Vierbeiner auf beste Turnierbed­ingungen.

Die moderne Anlage verfügt über 1200 feste Boxen sowie zwölf Reitplätze und bietet Platz für 12000 Zuschauer in einem Flutlichts­tadion. Dazu eine Geländestr­ecke für Vielseitig­keit und Fahren sowie ein mehrere hundert Meilen umfassende­s Reitwegene­tz für die Distanzrei­ter.

Nach einer kurzen Eingewöhnu­ngszeit und den ersten Trainingse­inheiten beginnen die Weltreiter­spiele am 11. September mit den Wettkämpfe­n im Distanzrei­ten, dem Reining und der Dressur. Das abschließe­nde Wochenende (22. und 23. September) steht im Zeichen der Entscheidu­ngen im Voltigiere­n und der Para-Dressur sowie im Fahren und Springen. (mit O

TV Zeiten Eurosport überträgt ab 13. September täglich (meist ab 21 Uhr) von den Wettbewerb­en

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Archivbild: Oliver Berg, dpa Wenn Pferde in die Luft gehen, sieht das in etwa so aus. Über 300 der Tiere wurden nun aus Europa und Südamerika in die USA geflogen, damit sie bei den Weltreiter­spielen in Tryon starten können.

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