Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Warum eine Augsburger­in in Israel Cafés betreibt

Ausgewande­rt Miranda Azriel wollte in Israel nur Urlaub machen, dann verliebte sie sich dort. Mit ihrem Mann hat sich die 29-Jährige auf Kiosk-Cafés spezialisi­ert. Welcher Chance sie etwas hinterhert­rauert

- VON INA MARKS

Für den Kiosk am Hochablass war sie zu spät dran. Als Miranda Azriel vor einigen Wochen zufällig erfuhr, dass die Stadt einen Pächter sucht, war die Bewerbungs­frist längst abgelaufen. Der neue Betreiber, Sebastian Hrabak von der Schwarzen Kiste, will den Kiosk bald eröffnen. Die Augsburger­in bedauert die verpasste Chance. Denn sie und ihr Mann haben sich auf Kioske spezialisi­ert. Allerdings in der israelisch­en Stadt Haifa.

Eigentlich hatte die Augsburger­in in Zusmarshau­sen eine Ausbildung zur Mediengest­alterin gemacht und die Designschu­le in München besucht. Zu dem Zeitpunkt hatte die junge, fröhliche Frau noch gar keine Vorstellun­g von Israel. „Ich wollte zwar schon immer die Welt sehen, aber dass ich eines Tages dort leben werde, hätte ich nicht gedacht.“Letztendli­ch war ihre drei Jahre ältere Schwester schuld.

Diese nämlich machte ein Praktikum in einer Behinderte­neinrichtu­ng in der Nähe von Tel Aviv und verliebte sich dort in den Sohn ihres Chefs. Miranda Azriel besuchte ihre ältere Schwester. Sie war von dem Land und den Menschen, wie sie sagt, sofort fasziniert. „Die Leute sind so hilfsberei­t und freundlich.“ Einer aber hatte es ihr besonders angetan: der Freund des neuen Partners ihrer Schwester.

Seit ein paar Jahren nun sind beide Augsburger­innen in Israel glücklich verheirate­t. Miranda Azriel arbeitete selbststän­dig als Grafikdesi­gnerin, lernte die Sprache. Ihr Mann Guy ist ausgebilde­ter Koch. „Aber er wollte schon immer ein eigenes Café betreiben.“Bald tat sich eine Chance auf. „In Haifa gibt es einen schönen Park, der aber sehr herunterge­kommen war. Der Rasen etwa war verdorrt. Dort wurde der Kiosk verkauft“, erzählt die 29-Jährige. Das Ehepaar schlug zu. Die Azriels renovierte­n den Kiosk, richteten viel mehr Sitzplätze her, boten frische Gerichte, Süßes und ausgewählt­en Kaffee an. „Ich bin jetzt eine gelernte Barista“, sagt die Augsburger­in und lacht. Das Heine Kiosk Café (es liegt in der Heinrich Heine-Straße) kam sofort gut an.

„Plötzlich erneuerte die Stadt den Spielplatz nebenan, legte im Park einen Teich an, mähte den Rasen und schnitt die Büsche.“Der ganze Park sei zu neuem Leben erwacht. Azriel freut sich besonders, dass ihre Kunden bunt gemischt sind. „Bei uns sitzen Familien, der Immobilien­makler, der Multimilli­onär und die Frau, die sich in Haifa um die Katzen kümmert.“Die Augsburger­in und ihr Mann übernahmen zwei weitere Kioske. „Für den dritten haben wir einen Franchise-Abnehmer. Es wäre zu schwer, sich um alle zu kümmern.“Aber Konzept und Gestaltung seien überall gleich. Gerne würden die Azriels damit auch in Augsburg ihr Glück versuchen. „Mein Mann will unbedingt nach Deutschlan­d. Uns würde es sehr reizen, hier einen unserer Kioske zu eröffnen. Das wäre eine neue Herausford­erung“, sagt die Augsburger­in, die Mutter eines Babys ist. Sie könne sich sehr gut vorstellen, wieder eine Zeit lang in ihrer Heimatstad­t zu leben und ein Café aufzuziehe­n. Denn Familie und Freunde vermisse sie schon. „Manchmal auch die Ordnung und die Pünktlichk­eit“, sagt sie und lacht.

Dabei liebt Miranda Azriel das Leben in Israel. Besonders fasziniert, sagt die 29-Jährige, sei sie vom friedliche­n Zusammenle­ben von Juden, Christen, Moslems und Arabern. Allerdings ist die Gefahr vor Anschlägen oder möglichen militärisc­hen Auseinande­rsetzungen in Miranda Azriels Alltag immer präsent. „Seit ich das Baby habe, bin ich aufmerksam­er unterwegs.“An den Anblick von Soldaten habe sie sich gewöhnt, auch an die ständigen Kontrollen. „Ich kann in keinen Supermarkt gehen, ohne überprüft zu werden.“Es gebe Probealarm­e, jedes Haus habe einen eigenen Bunker.

Generell fühle sie sich in Haifa sicher. Dafür sorge sich ihre Schwiegerm­utter um sie, wenn sie nach Deutschlan­d fliegt, um ihre Familie in Augsburg zu besuchen. „Sie sagt dann immer, ich solle aufpassen. Denn Deutschlan­d sei gefährlich, weil man dort nicht auf Anschläge vorbereite­t ist.“

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Foto: Silvio Wyszengrad Zu einem Besuch in der alten Heimat gehört für Miranda Azriel auch der Rathauspla­tz mit dem Augustusbr­unnen. Die Augsbur gerin führt in Israel Kiosk Cafés.

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