Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Stadtgraben Idylle Barfüßer Café
Augsburgs Marktplätze Hier war fast 400 Jahre lang der Frischfischmarkt. 1930 wurde er stillgelegt. 1991 entstand in dem ehemaligen Fischgraben eine „Besinnungsinsel“
Schwester Johanna von der Evangelischen Communität Casteller Ring hatte 1990 die Idee, im verwahrlosten einstigen Augsburger Frischfischmarkt an der Barfüßerbrücke eine „Besinnungsinsel“einzurichten. Sie gewann dazu die Evangelisch-Lutherische Gesamtkirchengemeinde als Trägerin. Anfang 1991 konnte der Treffpunkt eröffnet werden. Der Name Besinnungsinsel sollte andeuten, dass es ein Anlaufpunkt für Menschen in jeder Lebenslage sein sollte. Die Schwestern standen bei Bedarf als Ansprechpartnerinnen zur Verfügung. Es war jedermann eingeladen, die Idylle zu genießen und eine entschleunigende Ruhepause einzulegen. Getränke und kleine Gerichte gab es in der Cafeteria, es bestand aber kein Konsumzwang.
Nach der Eröffnung 1991 war das Ambiente noch recht „ursprünglich“, das heißt sanierungsbedürftig. Ein bescheidener Freiplatz stand zur Verfügung. Immer mehr Besucher fanden den Durchgang von der Barfüßerstraße aus und kamen die paar Stufen herunter. Die neuartige Einrichtung bestand ihre Bewährungsprobe. 1992 sah sich die Stadt Augsburg als Besitzerin der ins Blickfeld gekommenen AltstadtIdylle im Zugzwang. Sie leitete eine aufwendige Neugestaltung des Wasserlaufs mit Natursteinplatten in die Wege.
Der Treffpunkt wurde als „Barfüßer-Café“beliebt. Die versteckte kleine Lokalität wurde auch für Familienfeste gemietet. Problematisch war der nicht kostendeckende Betrieb. Die evangelischen Schwestern zogen sich schließlich zurück, doch der soziale Aspekt der Einrichtung sollte erhalten bleiben. Das gelang.
Die Catering InHoGa GmbH übernahm das Barfüßer-Café. Die InHoGa ist ein gemeinnütziger Integrationsbetrieb der Katholischen Jugendfürsorge. Sie bietet Menschen mit und ohne Behinderung Beschäftigung. Ab 2008 wurde das Café unter diesen Gesichtspunkten betrieben. Ende Juli 2017 wurde es geschlossen. Seither war der Zugang versperrt. Die Gittertüre an der Barfüßerstraße soll sich wieder öffnen: Die Koreanische Evangelische Gemeinde Augsburg will das Barfüßer-Café pachten und betreiben.
Welch historisches und stadtgeschichtlich bedeutsames Areal wiederbelebt wird, ist kaum geläufig. Wie es hier einmal aussah, überliefern Stiche und Fotos. Die einstigen Bezeichnungen „Fischmarkt“oder „Fischgraben“sind in Vergessenheit geraten, da dieser Marktplatz bereits 1930 geschlossen wurde. Die Anbauten an die Barfüßerkirche, in der sich das Barfüßer-Café befindet, waren ursprünglich die „Fischmarkt-Lokalitäten“.
Seit dem Jahr 1545 gab es aus dem Fischgraben Frischfisch zu kaufen. Die Zunft der Augsburger Stadtfischer betrieb diesen Fischmarkt in bester Altstadtlage. Im Stadtgraben wurden in Senkkästen Lebendfische aus Bächen, Flüssen, Teichen und Seen einer weiten Region um Augsburg für die Hausfrauen bereitgehalten. Bis zu 17 Fischarten vom Lachs bis zur Brachse umfasste um 1880 das Angebot. 39 Fischkästen wurden von Wasser durchspült. Jeder Kasten war 1,46 mal 1,46 Meter groß und reichte bis zum Grund des einen Meter tiefen Stadtgrabens. Die Fische wurden erst beim Kauf mit dem Kescher frisch aus dem Wasser geholt. Tische zum küchenfertigen Vorbereiten der Fische standen bereit. Unter überstehenden Dächern und in kleinen Räumen – den Fischmarkt-Lokalitäten – deponierten die Verkäuferinnen Waagen, Kescher und sonstige Utensilien.
Das Barfüßertor schaute bis zu seinem Abbruch 1825 in den Fischmarkt. Der hohe Chor der Barfüßerkirche überragt ihn noch immer. Über die daran anschließende zweibogige Barfüßerbrücke rollt der Verkehr. Auf die Brückenbogen blickt man vom Barfüßer-Café aus. Der Fischmarkt wurde im Oktober 1930 nach der Eröffnung des Stadtmarktes geschlossen. Zum Sortiment auf dem Stadtmarkt gehört seither auch Frischfisch.
Die letzten Fotos vom traditionsreichen Markt für Lebendfisch entstanden kurz vor der Schließung. Ab 1930 blieb der Zugang östlich der Barfüßerkirche verschlossen. Die verlassenen Fischmarkt-Lokalitäten verkamen, das Areal blieb jahrzehntelang sich selbst überlassen. Erst mit der Einrichtung der Besinnungsinsel begannen die Renovierung und Kultivierung. Derzeit „kümmern“sich Biber um die Anpflanzungen. Seit Juli 2017, ungestört von Gästen, fällten sie Bäume und Sträucher.
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