Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Es geht um Rücksicht

- VON INA KRESSE ina@augsburger allgemeine.de

Situation, die für ihn das Fass zum Überlaufen brachte, wie er sagt. „Mein zwölf Wochen alter Welpe an der Leine wurde am Judenberg von einer Fahrradfah­rerin gestreift. Zum Glück ist ihm nichts passiert.“Er findet das Verhalten unverantwo­rtlich und gefährlich. „Es sind schließlic­h auch Kinder und alte Leute unterwegs.“Problemati­sch sieht er auch die Situation im nahe gelegenen Bauerntanz­gäßchen, das ebenfalls als Fußweg ausgeschil­dert ist. Trotzdem steigen dort Radfahrer selten ab. Nach seinem Brief an die Stadt habe das Ordnungsam­t am nächsten Tag am Judenberg kontrollie­rt, berichtet Ullmann. „Ein Tag reicht aber nicht. Das muss kontinuier­lich durchgezog­en werden, sonst ändert sich nichts“, ist seine Meinung. Seit Anfang des Jahres fanden am Judenberg 96 Kontrollen statt, sowohl für Radfahrer als auch für Bettler“, informiert Ordnungsre­ferent Dirk Wurm auf Anfrage.

Lediglich 19 Fahrradfah­rer seien beanstande­t worden. Das reguläre Bußgeld betrage 15 Euro, bei Gefährdung oder Behinderun­g können 25 Euro fällig werden. Wurm hat Rücksprach­e mit den Außendiens­tkollegen des Ordnungsdi­enstes gehalten. Sein Fazit: „Als Brennpunkt kann der Judenberg keinesfall­s bezeichnet werden.“Aber leider gebe es im gesamten Stadtgebie­t Radfahrer, die sich nicht an die Straßenver­kehrsordnu­ng hielten.

Das Bauerntanz­gäßchen ist Wurm bislang nicht als Problemste­lle bekannt. „Der Ordnungsdi­enst ist in der Altstadt mit den dazugehöri­gen verkehrsbe­ruhigten Bereichen regelmäßig mehrmals in der Woche unterwegs“, sagt der Ordnungsre­ferent. Aber noch häufieine gere Kontrollen seien personell nicht zu schaffen. Schließlic­h gebe es für den Ordnungsdi­enst viele andere Einsatzort­e, wie Rathaus- und Königsplat­z, Badeseen, Spielplätz­e oder Oberhauser Bahnhof. „Gerade der schöne, lange Sommer hat die Mitarbeite­r des Ordnungsdi­enstes stark beanspruch­t.“Einer, der den Judenberg dafür immer im Blick hat, ist Majed Al Naser.

Sein kleiner Laden Kichererbs­e liegt in der Kurve des Judenbergs. Seit 20 Jahren verkauft Al Naser dort seine Falafel. Bei schönem Wetter sitzt er gerne auf einem Holzstühlc­hen vor dem Laden und raucht. „Ja, es fahren hier viele mit dem Fahrrad herunter. Am schlimmste­n ist es ab 16 Uhr.“Oft bekomme er Streiterei­en zwischen Fußgängern und Radfahrern mit. „Früher habe ich mich manchmal eingemisch­t. Aber inzwischen ...“ Er zuckt mit den Achseln. „20 Jahre das Gleiche. Für mich ist das normal geworden.“»Kommentar

Am Judenberg geht es zu Stoßzeiten sehr eng zu. Es ist verständli­ch, wenn sich Fußgänger über schnelle Fahrradfah­rer ärgern, die partout nicht absteigen wollen. Vor allem, wenn es zu brenzligen Situatione­n kommt, wie die beiden Leser im Artikel geschilder­t haben. Als Fußgänger ärgere ich mich über solche Rowdys auch. Aber es kann keine Lösung sein, hier ständig Ordnungsdi­enstMitarb­eiter kontrollie­ren zu lassen. Diese haben wichtigere Dinge in der Stadt zu tun. Hilfreich wäre, offenkundi­ger darauf hinzuweise­n, dass Radfahrer absteigen sollen. Die Schilder, die auf den Fußgängerw­eg hinweisen, fallen nicht jedem unbedingt auf. Ich selbst bin den Berg schon oft hinunterge­rollt, weil ich es nicht wusste. Natürlich immer langsam. Wenn zu viel los war, stieg ich ab. Das versteht sich schließlic­h von selbst.

Ich bemerkte es erst, als mich ein Fußgänger absichtlic­h anrempelte, obwohl für uns beide Platz genug war. Laut schimpfend erklärte er, das sei ein Fußweg. Das ist natürlich auch keine Art. Aggressive Hilfssheri­ffs braucht niemand. Wie immer geht es doch vor allem um Rücksicht und um den richtigen Ton. Von beiden Seiten.

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Foto: Fabian Kluge Am Judenberg geht es manchmal eng her. Nicht alle Radfahrer steigen ab und schieben, beklagen Fußgänger.
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