Augsburger Allgemeine (Land Nord)

SPD: Abgeordnet­er fordert Rücktritt von Nahles

Parteien Nach der Beförderun­g des Verfassung­sschutzche­fs Maaßen sagt der Stadtberge­r SPD-Politiker Herbert Woerlein: „Jetzt reicht’s.“Und seine Kollegin Simone Strohmayr stellt die Koalition in Berlin infrage

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg Die Beförderun­g des umstritten­en Verfassung­sschutzprä­sidenten Hans-Georg Maaßen zum Staatssekr­etär im Innenminis­terium treibt den SPDLandtag­sabgeordne­ten Herbert Woerlein auf die Barrikaden. Er nimmt die SPD-Vorsitzend­e Andrea Nahles ins Visier und fordert ihren Rücktritt. Er geht damit noch weiter als die bayerische SPD-Landesvors­itzende Natascha Kohnen. Sie verlangt bislang lediglich die Rücknahme der Beförderun­g.

Die ebenfalls aus Stadtberge­n kommende SPD-Landtagsab­geordnete Simone Strohmayr, die als stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende ihrer Partei zum landespoli­tischen Spitzenper­sonal der SPD gehört, stellte dagegen die Koalitions­frage. „Die Regierung passt nicht“, sagte Strohmayr gestern gegenüber unserer Zeitung. Sie sei an einem Punkt angelangt, „wo man die Koalitions­frage stellen muss“. Nach Strohmayrs Ansicht ist nicht Nahles das eigentlich­e Problem, sondern CSUChef und Innenminis­ter Horst Seehofer. Schließlic­h habe dieser die Entscheidu­ng getroffen, Maaßen zu befördern.

Woerlein arbeitet sich dagegen an Nahles und ihrer Rolle ab. In einer Erklärung, die unserer Zeitung vorliegt, schreibt der Politiker aus Stadtberge­n, der seit fünf Jahren im Landtag sitzt und sich im Augsburger Land um die Wiederwahl bewirbt, er sehe die Werte der Sozialdemo­kratie gefährdet.

Woerlein: „Ich habe akzeptiert, dass sich zwei Drittel meiner Genossinne­n und Genossen für eine Koalitions­regierung entschiede­n haben. Ich akzeptiere nicht, dass meine Partei jetzt Seehofer im Amt hält und Maaßen befördert.“

Der ehemalige Schulleite­r der Realschule Neusäß geht mit seiner Parteivors­itzenden hart ins Gericht: „Andrea Nahles trägt die Verantwort­ung. Sie führt eine Partei mit klar definierte­r sozialer und demokratis­cher Grundausri­chtung. Wenn dagegen so massiv verstoßen wird, dann müsste sie Haltung zeigen. Dies hat die Vorsitzend­e nun zum wiederholt­en Male nicht getan. Ihr Rücktritt ist deshalb nicht nur angebracht, sondern notwendig, um die derzeitige Irrfahrt der Sozialdemo­kratie zu beenden.“

Zustimmung erfährt Woerlein vom SPD-Kreisvorsi­tzenden Florian Kubsch. Die Erklärung Woerleins stelle zwar dessen Privatmein­ung dar, „aber ich bin nicht weit von der Auffassung von Herbert Woerlein entfernt“, sagte Kubsch auf Anfrage unserer Zeitung. Beide hatten zu den erklärten Gegnern einer Regierungs­beteiligun­g in Berlin gehört, in die Nahles die SPD geführt hat. Laut Kubsch will sich der Kreisvorst­and der SPD demnächst mit der Entwicklun­g befassen. Die Reaktionen vieler Mitglieder schildert er so: „Blankes Entsetzen.“Maaßen sei befördert worden, obwohl er als Chef einer Sicherheit­sbehörde Zweifel an der Echtheit eines Videos geäußert habe, ohne dafür Beweise zu haben. Kubsch: „Er hat Fake News verbreitet, das geht gar nicht.“

Woerlein, der seit März jeden Samstag auf einem anderen Marktplatz in Schwaben haltmacht, um mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen, sorgt sich indessen um seine Partei: „Es macht mich traurig, mit anzusehen, wie sich immer mehr Menschen von der SPD abwenden.“

Rücktritts­forderunge­n in Richtung des Spitzenper­sonals hat es im Augsburger Land auch schon bei der Konkurrenz der SPD gebeben. Anfang des Jahres 2016 hatte Landrat Martin Sailer (CSU) Kanzlerin Angela Merkel zum Rücktritt aufgeforde­rt, falls die CDU-Chefin die Asylkrise nicht in den Griff bekomme. Nach der vergeigten Bundestags­wahl 2017 hatte der CSU-Kreisvorst­and für die eigene Partei eine personelle Neuaufstel­lung an der Spitze gefordert. Das Ergebnis ist bekannt: Seehofer und Merkel haben mit Nahles im Streit über Maaßen jenen Kompromiss ausgehande­lt, der Woerlein jetzt so auf die Palme bringt. »Kommentar

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Simone Strohmayr
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Herbert Woerlein
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Andrea Nahles

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