Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Im Wald beginnt schon bald das große Fressen
Jahreszeiten Am Sonntag ist kalendarischer Herbstanfang. Für die Bäume ist damit die Zeit gekommen, um sich zu erholen. Wie sich die Pflanzen- und Tierwelt im Augsburger Land in den nächsten Wochen verändern wird
Am Sonntag ist kalendarischer Herbstanfang. Für die Bäume ist damit die Zeit gekommen, um sich zu erholen.
Diedorf Biburg Am Rand der Westlichen Wälder bei Biburg steht ein echter Exot. Ein sonniges Plätzchen, direkt an einem Maisfeld, hat er sich ausgesucht. Die Rinde sieht irgendwie fremd aus, auch die Blätter hat man im Augsburger Land noch nicht gesehen. Die Früchte sind ebenfalls seltsam, wie kleine Seeigel hängen sie an den Ästen. Ralf Gang und Pentti Buchwald vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) stehen am Waldrand und müssen sich weit zurücklehnen, um den riesigen Baum in seiner ganzen Größe zu betrachten. Buchwald erklärt: „Das ist eine Esskastanie, die eigentlich nur in Südeuropa vorkommt.“Sie sei ein Beweis für den Klimawandel. „Weil es immer heißer und trockener wird, fühlen sich wärmeliebende Pflanzen und Tiere auch in unseren Wäldern immer wohler.“
Einer von ihnen ist auch der Borkenkäfer, der im Sommer in den Westlichen Wäldern erheblichen Schaden angerichtet hat. Er hat genauso wie der Eichenprozessionsspinner von heißen Tagen und wenig Regen des vergangenen Sommers profitiert. Ralf Gang: „Wahrscheinlich gibt es noch viel mehr Arten, die mit dem Klimawandel nach Deutschland kommen. Doch wir bemerken natürlich nur die, die uns gefährlich werden.“
Neben den Schädlingen und der zunehmenden Trockenheit wird der Wald sich mit dem Klimawandel weiteren Herausforderungen stellen müssen, sagt Buchwald. „Zum Beispiel muss die Natur von Winter bis Sommer mittlerweile ein Temperaturgefälle von fast 60 Grad aushalten. Das ist für den Wald sehr anstrengend.“
Die besten Chancen, den Klimawandel zu überstehen, hat laut den Forstexperten der Laubmischwald. Deshalb soll in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die Fichte zurückgedrängt werden, die Förster werden dafür immer mehr Laubbäume wie Eiche, Buche, Linde und Ahorn pflanzen. Ralf Gang erklärt: „Heimische Arten wie die Fichte können die heißen Temperaturen irgendwann nicht mehr aushalten. Deshalb die Waldbesitzer den Wald frühzeitig umgestalten.“
Die beste Zeit dafür ist der Herbst. Denn dann ziehen die Bäume die Nährstoffe in ihre Wurzeln zurück, senken den Wassergehalt in Ästen und Stämmen und trocknen sozusagen aus. Ab Oktober können die Waldbesitzer mit der Holzernte beginnen, die Bäume fällen und anschließend neue Bäume pflanzen. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hilft ihnen dabei, geeignete Sorten auszusuchen. Zurmüssen zeit besonders beliebt sind die Tanne, der Bergahorn, die Vogelkirsche und die Douglasie. Auch wenn bis dahin noch ein paar Wochen vergehen, ist schon jetzt auffällig, dass sich viele Bäume verfärben und braun werden. Ist daran auch der Klimawandel schuld? „Das Braune in den Baumkronen sind häufig nicht die Blätter, sondern die Samen“, sagt Buchwald. Weil nicht nur der Sommer, sondern auch der Frühling heuer so warm war, hätten die Bäume stark geblüht und deshalb viele Samen und Früchte entwickelt. Ralf Gang und Pentti Buchwald sprechen von einem Mastjahr – eine weitere Folge des Klimawandels, denn die Bäume wollen auch in Stresssituationen ihr Überleben sicherstellen. „Außerdem wird die Vegetationszeit von Jahr zu Jahr länger, das heißt, dass immer mehr Früchte immer auffälliger an den Ästen hängen. Eine zusätzliche Belastung für die Bäume“, sagt Buchwald. Über die vielen Früchte und Samen im Herbst freuen sich dagegen die Tiere. Sie haben den heißen Sommer nach Aussagen der Forstexperten gut überstanden. Die Wasservorräte des Waldes waren für sie ausreichend. „Die warmen Temperaturen waren besonders gut für die Tierkinder von Rehen, Wildschweinen, Hasen, Eichhörnchen und Singvögeln.“
Wenn in den nächsten Wochen Bucheckern, Kastanien, Eicheln und Nüsse herabfallen, dann „beginnt für die Tiere das große Fressen“. Sie bereiten sich auf den Winter vor. Für die Förster fängt gleichzeitig die Jagdsaison an. Bereits seit 1. September streifen die Jäger durch ihre Reviere und erlegen die Tiere nach festgelegten Abschussquoten.
Was heuer im Wald aber lange fehlte, sind die Pilze. Die sind erst seit Kurzem aufgegangen. Zuvor war der Boden zu trocken. Anfang der Woche hat sich dies, wie berichtet, geändert.